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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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oder barmherzig zu sein und eine entsprechende innere Haltung auszuprägen, um sich durch ein solcherart moralisch integres Verhalten den persönlichen Platz im Himmel zu verdienen. Mit Konzepten wie Barmherzigkeit und Solidarität funktioniert das, denn ein ihnen gemäßes Handeln kann vom Ich im Kopf generiert und kraft seines Willens in die Praxis übersetzt werden; wogegen ja auch überhaupt nichts einzuwenden ist. Barmherzige und mildtätige Akte sind etwas Wunderschönes – nur fehlt ihnen die Kraft und Verbindlichkeit der Herzensenergie. Ihnen fehlen Eros und Agape, und damit dasjenige, was uns Menschen zu allererst zu wirklichen Menschen und Teilhabern an der Wirklichkeit Gottes macht. Jedenfalls scheint mir Jesus – von dem wir ja glauben, dass die Wirklichkeit Gottes in ihm auf besondere Weise inkarniert ist – im Evangelium nirgends als ein moralisch motivierter Akteur aufzutreten, wohl aber als durch und durch erotischer Mensch: als leidenschaftlich liebender Mensch, in dessen Tun und Lassen sich die göttliche Agape in Fleisch und Blut erotisch manifestiert.

Der erotische Jesus
Sehnsucht ist das Los des Geistes, der
einmal Gottes Schönheit erkannt hat
.
Basilius, der Große
     
    Für Platon war die Sache klar: Eros ist der Mittler zwischen Mensch und Gott. Auch für Christen ist die Sache klar: Jesus ist der Mittler zwischen Mensch und Gott. Wie nun, wenn Jesus und Eros am Ende zusammengehören; wenn Jesus als der Christus die Inkarnation der Agape Gottes in Gestalt des Eros ist? Wenn wir an ihm beispielhaft erkennen können, was es bedeutet, die Liebe (Agape), die Gott ist, in Fleisch und Blut Wirklichkeit werden zu lassen? Schauen wir mal!
    Für mein Verständnis der Gestalt Jesu ist ein Satz aus dem 1. Johannesbrief maßgeblich: „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.“ (1. Joh 4.9) Jesus, so verstehe ich diesen Satz, ist die inkarnierte Liebe Gottes. In ihm tritt – um in meinem Bild zu bleiben – die Dimension des Seins Gottes (4. Dimension) in den drei Dimensionen des Menschseins in Erscheinung. Gott wird Mensch: das weihnachtliche Geschehen – das Wunder der Heiligung des Irdischen und Fleischlichen, an dem und in dem sich die Liebe (die Gott ist) bewährt. Das ist die eigentliche Bedeutung von Weihnachten, und deshalb ist Weihnachten zu Recht das Fest der Liebe. Es ist das Fest, an dem wir feiern, dass Gott, der die Liebe ist, unter den Menschen sichtbar wird.
    Jesus ist so gesehen der Prototyp des Menschen, in dem das in uns allen angelegte Potenzial der Liebe (die Gott ist) zur vollen Entfaltung kommt. In ihm wird die göttliche Agape erfahrbar, sichtbar, spürbar; und zwar als menschlicher Eros. Jesus ist also ein Erotiker reinsten Wassers,den die glühende Leidenschaft seines Herzens zu den Kranken und Aussätzigen, den Prostituierten und Zöllnern, den Gebrechlichen und Marginalisierten, aber auch zu den Schriftgelehrten und Weisen des Volkes trieb. Nicht weil er ein moralisches Gebot erfüllen und nach dessen Maßgabe ein guter Mensch sein wollte, sondern weil er gar nicht anders konnte, so mächtig brannte das Feuer der Liebe (Eros) in ihm. Er war getrieben von der Sehnsucht danach, seiner dem Herzen bewussten Verbundenheit mit allen Menschen Ausdruck zu verleihen. Deshalb machte er keine Unterschiede, sondern begegnete allen in einer unendlich liebevollen Zuwendung. Deshalb übertrat er Grenzen und riss Zäune von Konventionen ein. Seine Liebe machte vor nichts und niemandem Halt. Er integrierte alle, er stiftete Verbundenheit – und er missachtete alle Dogmen und Gepflogenheiten, die dem Bezeugen dieser Verbundenheit im Wege standen. Das verschaffte ihm Feinde – und zwar überall dort, wo er es mit stark ausgeprägten Egos zu tun hatte. Denn das Ich hasst den Wandel. Das Ich hasst Menschen, die gegen Konventionen verstoßen. Dem Ich ist Eros zutiefst suspekt. Weshalb es nicht davor zurückschreckt, den Eros zu kreuzigen (ganz so wie es Ignatius von Antiochien forderte …).
    Und Jesus? Auch er schreckte vor nichts zurück – zumindest dann nicht, wenn er seinem Herzen folgte. Und das tat er immer. Deshalb können wir so viel von ihm lernen. Er ist für mich das Ur- und Vorbild eines ins Leben verliebten Menschen. Wenn wir Jesu Appell
Folge mir nach!
beim Wort nehmen, dann ist das die Aufforderung zu einer erotischen Spiritualität; denn ihm nachfolgen bedeutet nichts

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