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Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Renee Jones
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Leben voller Schmerz gelebt hat, ist zu schrecklich, um sie zu ertragen.
    Ich flitze in den Flur und renne praktisch die Treppe hinauf, die ins oberste Stockwerk des Hauses führt – dort ist Chris’ Atelier, das er mir heute Abend zeigen wollte. Mein Gefühl sagt mir, dass er dort sein wird. Oben auf dem Treppenabsatz finde ich zwei Flure vor, von denen einer nach links und einer nach rechts führt. Aber es sind die hohen, burgähnlichen metallbeschlagenen Türen, die mich in ihren Bann ziehen – nicht nur wegen ihrer einzigartigen künstlerischen Aussage. Es liegt auch an dem einzigartigen Künstler, von dem ich einfach weiß, dass er hinter einer dieser Türen ist. Ich verspüre einen Stich in der Brust. Dies ist seine Burg, und wie mein neues Zuhause will ich sie in einer guten Verfassung erkunden, nicht inmitten emotionalen Aufruhrs.
    Ich ziehe eine Tür auf und finde einen Raum mit hohen Decken vor. Er liegt in Dunkelheit da, die nur vom Mondlicht durchdrungen wird. Sofort spüre ich Chris’ Anwesenheit, noch bevor ich ihn sehe, seine Präsenz durchströmt mich wie warmer Sonnenschein an einem kalten, einsamen Tag.
    Als ich ins Dämmerlicht trete, sehe ich, wie sich Chris mit einer Hand an der Wand abstützt. Er kehrt mir den Rücken zu und schaut aus einem deckenhohen Bogenfenster, das der Tür hinter mir ähnelt. Er dreht sich nicht um und spricht nicht, aber eine subtile Veränderung in der Luft sagt mir, dass er weiß, dass ich hier bin.
    Ich zögere nur kurz. Es entspricht mir einfach nicht, noch ein paar Runden emotionale Achterbahn zu fahren, ich bin mir allerdings nicht sicher, wie sich das bei Chris verhält. Meine Ungeduld, der Anspannung zwischen uns ein Ende zu machen, ist so extrem, dass ich nicht mal stehen bleibe, als ich direkt hinter ihm bin. Ich schiebe mich in den kleinen Raum zwischen ihm und der Wand und blinzle zu ihm empor.
    Er starrt auf mich herab. Seine Wimpern sind wie ein Schleier, der seine Augen beschirmt, und er sagt nichts, tut nichts. Ich kenne diesen Mann, wie ich noch nie ein anderes menschliches Wesen gekannt habe, und er wartet darauf, dass ich das Richtige oder das Falsche sage oder tue. Und das einzig Richtige, was ich kenne, ist, ehrlich zu sein.
    Ich lege die Hände auf seine Taille, erleichtert, dass er es mir erlaubt. Dass er mich nicht berührt, überrascht mich nicht weiter. »Du hast mich neulich abends gebeten, dich anzuhören. Jetzt bitte ich dich um das Gleiche. Ich hatte nicht vor, The Script zu betreten.«
    »Und doch hast du es getan.«
    Sein Ton ist ausdruckslos und hart, aber zumindest redet er. »Ich bin zu Starbucks gegangen, nicht zu Amber.«
    »Und die Versuchung, nach nebenan zu gehen, war zu groß.«
    »Ich werde nicht lügen und sagen, ich wäre nicht in Versuchung gewesen nachzuschauen, wie es drinnen aussieht.« Ich hebe die Hand und lege sie auf den Drachen auf seinem Arm. »Dies ist ein Teil von dir, und ich weiß nicht, warum, aber es fühlt sich beinah so an, als sei es ein Teil von uns. Doch sie hat diesen Drachen geschaffen. Also ja. Ich bin neugierig auf sie und auf diesen Drachen, und ich weiß nicht einmal, ob die Tätowierung in The Script gemacht worden ist.«
    »Sie ist nicht dort gemacht worden. Und wenn du etwas über meine Vergangenheit wissen willst, fragst du mich.«
    Meine Finger spreizen sich auf seinem Arm, und ich muss mich selbst ermahnen, immer nur eine Schlacht gleichzeitig auszufechten. Er sagt, ich soll ihn fragen, aber er wirft mir Bruchstücke vor, keine kompletten Geschichten. »Ich habe sie nicht nach dir gefragt. Ich habe ihr keine einzige Frage gestellt.«
    »Wir wissen beide, dass du das nicht zu tun brauchst. Sie ist mehr als begierig darauf, ihre Version dessen zu erzählen, wer ich bin.«
    »Wer, wenn nicht ich, sollte verstehen, warum du mir selbst von dir erzählen willst. Ich erinnere mich daran, wie sehr ich es gebraucht hätte, dir auf meine Weise von meiner Vergangenheit zu erzählen. Michael hat mir das verdorben, indem er bei der Wohltätigkeitsveranstaltung aufgetaucht ist. Ich werde dir das nicht antun.«
    Er legt die Finger um mein Handgelenk, und ich bin mir sicher, dass er daran denkt, sie wegzuziehen. »Anscheinend hat dich diese Erinnerung nicht sonderlich gehindert, wenn man bedenkt, dass du trotzdem hineingegangen bist. Und du wusstest, dass sie Türen öffnen würde, die zu öffnen ich noch nicht bereit war.«
    Ich kralle die Finger in sein T-Shirt und klammere mich an den Stoff und damit an

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