Hingabe
Kribbeln in meinem Nacken kehrt zurück. Unbehaglich schaue ich mich in dem Vorraum um, und mein Blick fällt sofort auf das Profil eines Mannes, der nicht weit entfernt an einer Wand lehnt. Er schaut auf, und ich schnappe vor Schreck nach Luft. Der Mann richtet sich sofort auf und schickt sich an wegzurennen, und ich greife nach Chris’ Hemd. »Der Taschendieb vom Flughafen. Er ist hier.«
»Wo?«
Ich strecke die Hand aus.
Mein Taschendieb ist in vollem Sprint zur Tür geflitzt. Chris dreht sich zu mir um, die Hände fest auf meine Schultern gelegt. »Bleib hier. Und ich meine,
bleib hier,
Sara.« Dann rennt er zur Tür.
16
Ich renne los, bevor Chris auch nur draußen ist. Auf keinen Fall werde ich in dem Foyer bleiben, wenn er einen Verbrecher jagt, der durchaus bewaffnet sein könnte.
An der Tür mühe ich mich damit ab, meine Handtasche quer über meine Brust zu hängen. Dann schieße ich nach draußen, und man hätte mir ebenso gut mit einem Feuerwehrschlauch ins Gesicht spritzen können, so massiv ist der kalte Regen, der auf mich niederprasselt. Ich streife mir das nasse Haar aus dem Gesicht, halte verzweifelt Ausschau nach Chris und sehe ihn in schnellem Lauf zu meiner Linken. Sofort bin ich in Bewegung und wünschte, meine dünne Seidenbluse wäre wärmer und meine Absätze flacher. Am liebsten würde ich mein Handy bereithalten, für den Fall, dass ich Hilfe rufen muss, aber der Regen würde es ruinieren.
Als ich ein paar Häuser von der Botschaft entfernt bin, ist Chris ebenso weit vor mir, und der Regen ist die reine Folter. Ich wische mir das Wasser aus dem Gesicht, als würde das etwas helfen. Dann blinzele ich suchend und gerate in Panik, als ich Chris nicht mehr sehen kann. Eben noch war er vor mir, und auf einmal ist er außer Sicht. Ich gerate in Panik, und mein Herz hämmert wie verrückt. Über mir kracht Donner, und ich mache vor Schreck einen Satz, aber ich renne weiter.
An der nächsten Kreuzung blicke ich wild in alle Richtungen und wende mich nach links, auf den Weg, der nicht über eine Straße führt. Ich bete, dass es der richtige Weg ist. Ich bin bis zur nächsten Kreuzung gekommen und bezweifle, dass ich mich richtig entschieden habe, als ein schwingendes Tor meine Aufmerksamkeit erregt und mein Instinkt mich wie angewurzelt stehen bleiben lässt.
Ich biege um die Ecke und sehe einen kleinen, verlassenen Innenhof, dann schnappe ich nach Luft, als ich Chris und den Taschendieb miteinander raufend entdecke. Meine Finger krallen sich um das Metalltor, und ich kann kaum einen Aufschrei ersticken, als Chris gegen die Hauswand gestoßen und ins Gesicht geschlagen wird. Eine Sekunde später ist der Taschendieb an derselben Mauer, und ich beobachte, wie Chris seinerseits einen Schlag landet, gefolgt von einem weiteren. Und er tut es mit der Hand, mit der er malt.
Ich denke nicht; ich handele einfach und renne auf die beiden zu. Ich muss seine Hand retten. »Nein!«
»Geh zurück, Sara!«, ruft Chris mir zu, und ich winde mich, als er ein Knie in die Eingeweide bekommt, weil ich ihn abgelenkt habe. Chris versetzt dem Mann einen Fausthieb.
»Deine Hand!«, schreie ich und überwinde die Entfernung zwischen uns. Dann klammere ich mich an seinen Ellbogen. »Du wirst dir die Hand verletzen!«
Chris flucht und wehrt einen Tritt des anderen Mannes ab. »Verdammt, Sara, zurück!« Er schlägt abermals zu, und diesmal sackt der Kerl in sich zusammen.
Chris beugt sich über ihn und sagt etwas, das ich nicht hören, geschweige denn verstehen kann. Die Antwort ist gedämpft, beinahe ein Knurren. Chris rammt ihm ein Knie in die Eingeweide, und der Mann beginnt zu reden. Als er aufhört, lässt Chris ihn los, packt mich und zieht mich hinter sich.
Der Fremde flüchtet durch das Tor, und Chris fährt zu mir herum, seine Finger bohren sich in meine Schultern, und das Haar klebt ihm vom Regen im Gesicht. »Warten bedeutet warten, verdammt noch mal!«
Blut rauscht in meinen Ohren. »Deine Hand. Lass mich deine Hand sehen.«
Sein Gesichtsausdruck ist purer entfesselter Zorn, und statt mir die Hand zu zeigen, packt er meine und zieht mich zurück auf den Gehweg und in einen wilden Lauf. Zwei Straßen weiter stürzen wir in eine Bar. Regen tropft von unseren Kleidern und bildet Pfützen auf dem Hartholzboden. Chris sieht mich nicht an. Er braucht mich auch nicht anzusehen. Er verströmt knisternde Wut, und ich habe den deutlichen Eindruck, dass er sich kaum beherrschen kann.
Er fragt den großen
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