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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Versuchung nachgab, ihm die Jeans vom Leib zu reißen. Ich hatte mich fast dazu überredet, zurückzuweichen, auch wenn Pritkin dadurch glaubte, mich tatsächlich eingeschüchtert zu haben. Das war immer noch besser als die Wahrheit. Doch dann machte ich den Fehler, ihm in die Augen zu sehen. Dabei fand ich heraus, warum sie mir immer ein wenig seltsam erschienen waren: Die sandfarbenen Wimpern und Brauen kamen der Farbe der Haut so nahe, dass er von weitem gesehen weder das eine noch das andere zu haben schien. Jetzt, aus der Nähe, sah ich, dass die Wimpern lang und dicht waren, und die Augen darunter zeigten reines Grün. Meine Hände verweigerten den Gehorsam und tasteten über die Brustmuskeln. Pritkins Pupillen wurden so groß, dass seine Augen fast schwarz wirkten. Schockierte Überraschung breitete sich in seinem Gesicht aus – er schien noch verblüffter zu sein, als wenn ich ihn geschlagen hätte. Aber er wich nicht zurück. Ein seltsames Prickeln ging dort von meinen Händen aus, wo sie Pritkins Brust berührten, und seine Haut fühlte sich wärmer an, als es eigentlich der Fall sein sollte. Oder lag es an mir? Wie auch immer, in meinem Kopf war kein Platz mehr für klare Gedanken, nur noch für den Wunsch, ihm den Hosenschlitz zu öffnen.
    Bevor ich diesen Plan in die Tat umsetzen konnte, hielt mich Pritkin an den Handgelenken fest. Ich weiß nicht, ob er mich fortstoßen oder zu sich ziehen wollte, und sein Mienenspiel deutete daraufhin, dass er es ebenfalls nicht wusste. Keiner von uns bekam Gelegenheit, es herauszufinden. Ich fühlte mich plötzlich so, als hätte mich jemand mit Benzin überschüttet und dann angezündet. Es war nicht etwa Schmerz, der mich durchflutete, sondern Agonie – heiße Messer schienen alle Zellen in meinem Körper zu durchbohren. Ich schrie auf und sprang zurück, prallte gegen Mac und ging mit ihm zu Boden. Pritkin begleitete uns nach unten, denn er hielt noch immer meine Handgelenke fest. Mac rief ihm etwas zu, aber ich verstand seine Worte nicht. Ich krümmte den Rücken und zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen; der Schmerz war schier unerträglich.
    Die grässliche Pein vermittelte mir eine Vorstellung davon, wie es sein musste, bei lebendigem Leib zu verbrennen. Feuer fraß sich durch mein Rückgrat, und jeder einzelne Nerv ging in Flammen auf. Ich vergaß, wo ich war, vergaß meine Probleme, die im Vergleich zu dieser Qual banal und absurd erschienen. Vermutlich hätte ich in einigen Sekunden auch meinen Namen vergessen, doch dann hörte der Schmerz so plötzlich auf, wie er gekommen war.
    Ich lag auf dem Linoleumboden in Macs Arbeitszimmer und versuchte, wieder zu lernen, wie man atmet. Als ich nach oben sah, stellte ich fest, dass Mac Pritkin festhielt. Offenbar hatte er ihn von mir gezogen, und dafür hätte ich ihn küssen können, wenn ich nicht so sehr gezittert hätte, dass ich mich nicht einmal aufsetzen konnte. Nachdem das unmittelbare Problem gelöst war, ließ Mac Pritkins Hände los und wandte sich mir zu. »Alles in Ordnung? Hören Sie mich, Cassie?« Ich nickte; zu mehr war ich im Augenblick nicht fähig. »Gut.« Mac wirkte zutiefst erschrocken; das coole Alles-klar-Kumpel-Gehabe existierte nicht mehr. »Bleibt wo ihr seid, ich bin gleich zurück. Rührt euch auf keinen Fall an!« Er verschwand durch eine Tür, und ich hörte fließendes Wasser. Der Schmerz hatte sich aufgelöst, aber die Erinnerung daran war in meinen Körper eingebrannt, so wie ein Nachbild von blendender Helligkeit auf der Netzhaut verblieb. Meine Nervenenden brannten noch immer ein wenig. Zwar zuckte ich nicht mehr, aber ein leichtes Zittern hatte mich erfasst. Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, aus Angst vor einer Rückkehr der Pein.
    Ich hörte ein Schnaufen, und nach einer Weile wurde mir klar, dass es nicht nur von mir stammte. Ich sah zur Seite, ohne den Kopf zu bewegen. Pritkin lag auf dem Rücken und starrte zur Decke, mit Augen, die fast nur das Weiße zeigten. Sein Gesicht war rot angelaufen, die Muskeln gespannt, und er atmete ebenso flach wie ich. Vielleicht hatte die Agonie nicht nur mir gegolten. Mac kehrte mit einem feuchten Waschlappen zurück und legte ihn mir auf die Stirn. Ich wollte ihm sagen, dass ich etwas mehr brauchte als das, zum Beispiel einen Schuss Kodein oder eine Flasche Whisky, aber die kleine Geste half ein wenig. Ich beobachtete eine Motte, die die Halogenlampe an der Decke umkreiste, und versuchte, wieder motorische Kontrolle zu erlangen. Die

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