Hinreißend untot
an, und sein suchender Blick weckte Unbehagen in mir.
»Viele Leute würden diese Macht für eine gute Gelegenheit halten, sich Vorteile zu verschaffen«, sagte er schließlich. »Sie könnte Ihnen praktisch alles geben, was Sie wollen. Reichtum, Einfluss …«
»Ich wünsche mir nur ein einfaches, unkompliziertes Leben«, erwiderte ich fast verzweifelt. »Ohne dass jemand versucht, mich zu töten, zu manipulieren oder zu verraten.« Ein Leben, in dem ich niemanden tötete, wenn mir ein Fehler unterlief. »Ich fürchte, diese ganze Pythia-Sache wird mir kaum dabei helfen!« Ich hatte die Inquisition satt und wollte mich wieder anziehen. »Sind Sie fertig?«
»Oh, ja.« Mac legte seine Werkzeuge in einen kleinen Kasten und wandte höflich den Blick ab, damit ich das Shirt überstreifen konnte. »Möchten Sie zuerst die guten Nachrichten hören oder die schlechten?«
»Die guten.« Warum es nicht einmal mit einer Abwechslung versuchen? »Ich glaube, ich kann Ihren Schutzzauber in Ordnung bringen.« Ich blinzelte überrascht. Eigentlich hatte ich von ihm den Hinweis erwartet, dass er mir nicht helfen konnte und ich ohne Schutz ins Feenland musste. »Im Ernst? Wunderbar!«
»Wissen Sie etwas über die Funktionsweise Ihres Zaubers?« Ich schüttelte den Kopf. »Nicht viel. Meine Mutter hat ihn irgendwie auf mich übertragen, aber ich erinnere mich nicht daran. Ich war erst vier, als sie starb. Jahrelang habe ich geglaubt, es sei ein gewöhnlicher Schutzzauber, den mir Tony als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme gab.«
Mac wirkte fast beleidigt. »Gewöhnlicher Schutzzauber! Nein, ich garantiere Ihnen, dass Sie etwas in dieser Art nicht noch einmal sehen werden. Er ist Hunderte von Jahren alt und kostbar, einer der wahren Schätze des Silbernen Kreises.«
»Es ist eine Tätowierung, Mac, kein Kunstwerk.«
»Es ist beides.« Er streckte den rechten Arm und deutete auf einen kleinen, braunen und orangefarbenen Vogel in der Armbeuge. »Passen Sie gut auf.« Mac murmelte etwas, griff dann nach der lockeren Haut und zog. Eine Sekunde später saß ein kleiner, metallisch glänzender Vogel auf seiner Handfläche und hatte die Flügel ebenso ausgestreckt wie der am Arm, beziehungsweise wie jenes Exemplar, das sich eben noch am Arm befunden hatte. Nach einem Moment begriff ich, dass es der gleiche Vogel war, denn die entsprechende Stelle der Haut zeigte nur noch einen hellen Fleck. Ich nahm das kleine Objekt aus Metall und stellte fest: Federn und Details waren verschwunden. Der Gegenstand schien aus purem Gold zu bestehen – so sah er aus, und so fühlte er sich an. Ich vermutete zunächst einen Taschenspielertrick oder dergleichen, aber nachdem ich das Objekt untersucht hatte, setzte Mac es in die Armbeuge, und ich beobachtete, wie wieder eine Tätowierung daraus wurde. »Was ist das?«
»Ein Rotschwanzbussard. Es verbessert die Fähigkeit der Beobachtung. Dem Augenlicht hilft er nicht, aber er ist bestens geeignet, wenn man mehr von der Umgebung wahrnehmen und das Wissen behalten will.« Etwas beunruhigte mich. »Die Hefter am Tresen weisen darauf hin, dass selbst der stärkste Magier nur eine bestimmte Anzahl von Tätowierungen tragen kann, weil jede von ihnen etwas von der Magie nimmt, um sich zu erhalten. Und bei der Benutzung beanspruchen sie noch mehr Kraft.« Ich sah Mac an, der über und über mit Tattoos bedeckt war. »Wie können Sie so viele tragen?« Er lächelte. »Ich bin kein Supermagier, Cassie, wenn Sie darauf hinauswollen. Es gibt zwei Arten von Tätowierungen. Jene, die ich direkt in die Aura einer Person steche, nehmen etwas von ihrer Magie auf, und deshalb kann jemand nur eine begrenzte Zahl solcher Tattoos tragen. Aber Tätowierungen wie mein Bussard oder Ihr Pentagramm beziehen ihre Kraft aus externen Quellen, und deshalb unterliegen sie keinen Beschränkungen. Man muss sie sich nur leisten können. Die Verzauberung selbst einer kleinen derartigen Tätowierung kann Wochen dauern, und mir schwindelt bei der Vorstellung, wie viel Zeit für Ihren Schutzzauber erforderlich war.«
»Sie sind also lebende Werbung für das, was möglich ist?« Ich hätte potenzielle Kunden lieber in den Heftern blättern lassen, anstatt mich in eine Werbetafel zu verwandeln.
»Was mich betrifft … Mir blieb keine Wahl. Für andere Leute sind das Verbesserungen und Erweiterungen – sie kompensieren damit einen Teil ihrer Magie, der nicht besonders stark ist, oder fügen einem anderen, den sie oft benutzen, Kraft hinzu.
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