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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Wichtiges mitteilen.«
    Da er keine Reaktion zeigte, ging sie zum Tresen zurück und setzte sich auf einen der mit rotem Samt überzogenen Barhocker. Dinah hatte die Hocker weiß streichen lassen, nachdem Clarissa sie in heftigen Nachtdiskussionen davon abgebracht hatte, Edelstahl- statt Holzhocker zu bestellen.
    Clarissa stützte die Hände auf die Oberschenkel und ließ ihren Gast nicht aus den Augen. »Ich möchte, daß du in nächster Zeit nicht mehr kommst.«
    Seine Gleichgültigkeit spornte sie an.
    »Wir waren uns sehr nah und das möchte ich nicht mehr. Verstehst du mich? Bertold.«
    Er verstand jedes Wort. Den ganzen Abend war ihm kein Wort, kein Blick, kein Seitenblick, kein Schweigen entgangen. Seit er den Club gegen halb sieben betreten hatte, befand er sich in einem Ausnahmezustand. Er wußte, er durfte keinen Augenblick versäumen und ahnte den Grund und fürchtete sich über alle Maßen vor dem, was passieren könnte.
    Deswegen trank er fast nichts, ein Glas Bier zur Begrüßung, und am Champagner, den Clarissa den Gästen, ihren Mädchen und ihm spendierte, hatte er nur genippt. Das Pils, das sie ihm gerade gebracht hatte, würde er nicht anrühren, obwohl er es bestellt hatte.
    Nur nüchtern würde er diesen Abend überstehen, wieder einmal. Nur nüchtern ertrug er seit jeher den Schraubstock der Zeit, nur nüchtern verhielt er sich so, daß niemand bemerkte, wie er weinte, wieder einmal. Als wäre jeder seiner Finger einzeln gebrochen. Nur nüchtern traute er sich ehrliche Sätze zu.
    »Du bist der erste Mensch, bei dem ich Luft kriege«, sagte er in ihr Sprechen hinein.
    »Was?« fragte sie irritiert.
    Im Grunde war er erleichtert, daß sie nicht zugehört hatte.
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts.«
    »Spiel nicht den Beleidigten, das kann ich nicht gebrauchen. Sei nicht lächerlich, Bertold.«
    Immer hatte sie ihn Bert genannt. Er sah sie an und verzog den Mund. »Schluß«, sagte er.
    »Ich hab keine Zeit für ein Privatleben. Du warst ein Gast und dann bist du so was wie ein Freund geworden. Du hast mir sehr geholfen, das vergesse ich nicht. Und du darfst auch wiederkommen, irgendwann, wenn du genug Abstand hast. Zur Zeit bist du sehr aufdringlich, ich werf dir das nicht vor. Ich bin nur nicht die Richtige für deine Bedürfnisse, für deine ganz normalen Wünsche.« Sie strich sich über das Bein. »Du weißt, was ich damit meine, dasein, reden, trinken. Hörst du mir zu, Bert?«
    »Ja«, sagte er und stand auf, und es sah aus wie ein ungelenker Sprung. »Du bist der einzige Mensch, bei dem ich Luft gekriegt hab. Ich werde bestimmt nicht aufhören, dich zu lieben.«
    »Das mußt du aber, Bert.«
    Weil er nüchtern war und die übriggebliebenen Gerüche der Mädchen und der Männer ihm Übelkeit verursachten, sagte er: »Dann versuche ich’s. Frohe Weihnachten, Clarissa.«
    »Trink doch noch dein Bier.« Sie richtete sich auf und warf ihm einen bekümmerten Blick zu.
    Er ging zu ihr und küßte sie auf den Mund. Im Stehen war er keinen Zentimeter größer als sie im Sitzen. »Auf Wiedersehen und viel Glück.«
    »Auf Ihrem weiteren Lebensweg«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.
    »Bitte?«
    »Wo gehst du jetzt hin?«
    »Ich fahre nach Hause.«
    »Mit deinem alten Käfer, den du so pflegst.«
    »Ich kaufe mir bald ein neues Auto, gebraucht.«
    »Warum denn?«
    »Es ist billig.«
    Dann fiel ihnen nichts mehr ein, was sie sagen konnten.
    Clarissa saß reglos auf dem Barhocker. Gregorian stand reglos vor ihr. Und weil kein Souffleur ihnen ein Stichwort gab, drehte Gregorian sich um, nahm seine Wildlederjacke von der Garderobe und umklammerte sekundenlang den Plexiglashaken. Er schob den schweren Vorhang beiseite und verließ ohne ein weiteres Wort den Club.
    Bis zum Parkplatz schaffte er es, die Luft anzuhalten.
    Neben seinem Auto sackte er auf die Knie und übergab sich vor den Gartenzaun des Nachbargrundstücks.
    Danach wäre er am liebsten in den Club zurückgekehrt und hätte Clarissa ans Andreaskreuz gefesselt und zu Tode gepeitscht.
     
    Acht Jahre vergingen, bis sein treuer Parasit, der Haß, einen neuen Wirt fand.

7 Vor dem Verbrechen
    W as Fallnik ihm alles erzählte – über Datenspeicherung in der Europäischen Union, über die fürs Allgemeinwohl gefährliche Furcht vieler Bürger vor modernen Überwachungstechnologien, über den Schutz vor Terroristen durch flächendeckend angebrachte Monitore und die weltweite Ausweitung von Handydaten, über das Sicherheitskonzept der Stadt

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