Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
gefällt dir die Überraschung, mein Sohn?“ Seine
Mutter hatte wieder einmal die Fäden in der Hand; sie ließ sich
einfach nicht bremsen. „Johanna, schön dich zu sehen. Eine
hübsche Frau bist du geworden. Komm, setz dich hier neben
Thilo. Ihr zwei habt euch ja bestimmt viel zu erzählen.“ Thea
zwinkerte ihrer Freundin zu.
Die Gäste genossen ihr Mahl und lauschten den Melodien
Carpendales, unterhielten sich über die neuesten Ereignisse.
Onkel Klaus regte sich mal wieder über die Politiker in Stuttgart
auf. Nur Thilo und Johanna konzentrierten sich schweigend auf
ihre Teller, wechselten ab und zu verstohlene Blicke.
Beim Nachtisch kam man auf den Neubau des Stuttgarter
Bahnhofs und die damit verbundenen Kosten in Milliardenhöhe
zu sprechen. Thilo fühlte sich so unbeteiligt wie ein kleiner
Junge, der sich mit seiner Sandkastenfreundin verdrücken wollte.
„Meine Ma hat gesagt du hast einen Sohn“, begann
Johanna das Gespräch schließlich mit einem netten Lächeln.
„Ja, möchtest du ihn mal sehen? Er schläft.“
Gemeinsam betraten sie das kleine Kinderzimmer.
„Der ist ja süß“, entfuhr es ihr recht lautstark, als sie
neben Niklas‘ Bett stehen blieben.
„Pst, lassen wir ihn schlafen. Komm mit, Johanna. Wir
haben uns wirklich lange nicht gesehen.“ Sie folgte ihm in sein
Zimmer. Thilo beobachtete Johanna, während sie sich
umschaute. Was sie wohl gerade dachte? Bei ihm hatte alles
seinen Platz. Die Möbel waren mehr zweckmäßig als ansehnlich.
Es gab nach wie vor wenig Persönliches - bis auf eine
Vergrößerung an der Wand, die seine kleine Familie zeigte. Dort
blieb sie auch prompt stehen.
„Ist das die Mutter des Kleinen?“, fragte Johanna und
zeigte auf die blonde Frau mit Zopf, die einen Säugling auf dem
Arm hielt. „Ihr seht glücklich aus, was ist passiert? Wo ist sie
jetzt?“, erkundigte sie sich.
„Setz dich erst einmal. Leider kann ich dir nur diesen
Bürostuhl anbieten.“ Er rollte den Stuhl zu ihr und setzte sich auf
sein Bett. „Das mit Esther und mir ist vorbei“, sagte er, als sei es
die normalste Nebensache der Welt, als würde er sie nicht immer
noch jeden Tag vermissen. „Wie ist es dir ergangen in den
letzten Jahren? Du hast dich kaum verändert, schaust aus wie das
hübsche Mädel von damals, nur ein kleines bisschen älter.“ Er
grinste.
„Mir geht es gut. Wir sind wieder an den Bodensee
gezogen und da dachte meine Ma wohl, dass ...“
„Ja, ja unsere Mütter. Die haben sich wohl am Telefon
verschworen“, schmunzelte er.
„Du, Thilo, ich freue mich wirklich, dich wieder zu sehen,
aber eins muss ich dir gleich sagen, von solchen
Verkupplungsaktionen halte ich gar nichts.“
„Hm, du denkst doch nicht etwa, das war meine Idee?“
„Meine Mutter hat mir so von dir vorgeschwärmt; da war
nicht mehr zu übersehen, was sie erreichen wollte. Und alles nur,
weil sie meinen Freund nicht ausstehen kann. Nur weil er noch
verheiratet ist!“ Sie dehnte das Wort „noch“ in die Länge und
schwieg.
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7
Ungeduldig zwirbelte Anna eine der langen fast
schwarzen Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger
ihrer rechten Hand. Heute musste sie lange auf eine Verbindung
zur Außenwelt warten.
Es kribbelte in ihren Fingerspitzen. WLAN und DSL
hießen die Zauberwörter, die ihr das schnelle Surfen im Web
überall in ihrer Wohnung ermöglichten. Auch auf ihrer braunen,
etwas abgenutzten aber sehr bequemen Couch, einem Erbstück
ihrer Großmutter. Von hier starrte sie auf den Bildschirm ihres
Notebooks, als würde sie die Seite durch die Intensität ihrer
Gedanken ins Leben rufen können. Immer war sie auf dem
modernsten Stand der Technik, die sie wie die Luft zum Atmen
brauchte, selbst wenn sie sich dazu ab und zu Geld borgen
musste. Im Display betrachtete sie ihr verschwommenes
Spiegelbild und sah, wie sie sich auf die Unterlippe biss. Erst
jetzt spürte sie einen leichten Schmerz.
Nun müssten sich die Seiten aber langsam aufbauen,
dachte Anna, während sie weitere Haarsträhnen zwischen ihren
Fingern drehte und unruhig mit dem linken Fuß auf den grauen
Teppich klopfte.
Fehler: Netzwerk-Zeitüberschreitung
, erschien auf dem
Bildschirm.
Die Website könnte vorübergehend nicht erreichbar sein,
versuchen Sie es bitte später nochmals. Wenn Sie auch keine
andere Website aufrufen können, überprüfen Sie bitte die
Netzwerk-/Internetverbindung.
So ein Mist! Sie versuchte es mit einer
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