Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
uns. Meine Probleme waren für
ein paar Stunden weit weg, aber auf dem Nachhauseweg hörte
ich den Schrei des Kindes wieder. Und wieder.
***
Thilo dachte mit der Zeit nicht mehr daran, wie
schrecklich der Abend angefangen hatte. Lena war so freundlich
zu ihm. Wenn ihre Blicke sich trafen, vergaß er alles um sich
herum. Leider auch, was er sagen wollte. Warum habe ich nur
nicht die Wahrheit gesagt? Die Wahrheit? Die Wahrheit war,
dass er Lena sehr anziehend fand.
Aber das konnte er ihr unmöglich sagen. Außerdem zeigte
sie großes Interesse an Sebastian. Deshalb hatte er es auch nicht
übers Herz gebracht, ihr von Sebastians Homosexualität zu
erzählen. Irgendwann würde sie es doch erfahren. Jedoch nicht
von ihm.
„Eine Prämie. Noch was Blöderes ist dir wohl nicht
eingefallen, Thilo! Gut, dass sie nicht nachgefragt hat“,
beschimpfte er sich selbst auf dem Nachhauseweg.
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23
Ich klopfte an Pauls Wohnungstür. Ich war einfach ohne
eine Erklärung weggerannt. Was sollte er bloß von mir denken?
Warum öffnete er denn nicht? Von der Straße konnte ich doch
Licht in seinem Arbeitszimmer sehen. Worüber er wohl genau
schrieb? Was er von mir wollte? Ausgerechnet mich wählte er
für seine Reportage aus!
Da stimmt was nicht, er verheimlicht was vor dir! Du
musst aufpassen, Bohnenstange!
„So ein Quatsch! Paul ist ein netter Kollege.“
Da er anscheinend nicht öffnen wollte, ging ich zurück in
meine Wohnung. Ich legte mich früh ins Bett, da am nächsten
Tag ein harter Arbeitstag auf mich wartete. Der Schrei ging mir
nicht mehr aus dem Kopf. Es war nicht der normale Schrei eines
Babys gewesen. Das Kind musste schon älter gewesen sein - und
in Not. Ablenkung. Noch ein paar Seiten lesen und dann in das
Reich der Träume versinken, nicht mehr daran denken.
Die Türklingel rettete mich aus dem Albtraum. Wieder
stand ich vor der Tür und wachte schweißgebadet auf. Rasch zog
ich meinen Morgenmantel über und fuhr mir durch die Haare.
Wer konnte das so früh sein? Es klingelte energischer.
„Ja, jaa, ich komme ja schon.“ Durch den Spion erkannte
ich Paul. Völlig verschlafen, öffnete ich die Tür einen Spalt.
„Paul, was willst du denn so früh schon hier?“, fragte ich ihn
blinzelnd.
„Lena, wir müssen reden.“
„Warum hast du mir gestern nicht die Tür geöffnet?“,
fragte ich ihn, während ich langsam wach wurde und auf meine
Uhr schielte. Später Vormittag. Verschlafen!
„Ich hatte Besuch“, antwortete er schnell. Zu schnell. Was
war da los? „Lena, was stimmt mir dir nicht? Wie siehst du
überhaupt aus?“
„Bin doch gerade erst aufgewacht. Du siehst morgens
sicher auch nicht aus wie das blühende Leben!“
Ich öffnete die Tür ganz. Wir blieben im Türrahmen
stehen. „Das meine ich nicht.“
„Hä?“ Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
„Schau dich doch mal an, du bist nicht mehr du selbst. Als
ich dich in der Fabrik kennengelernt habe, warst du eine nette
junge blonde Frau mit Locken. Und jetzt? Du hast dunkle Haare,
deine Augenfarbe wechselt zwischen Braun und Grün, du trägst
völlig andere Kleidung, und plötzlich siehst du aus, als seist du
in einen Farbtopf gefallen. Du bist doch kein Teenie mehr!“
Mein Nachbar war immer lauter geworden und ein paar
Schritte auf mich zugekommen. Er klang schon wie Mutter.
Welches Recht nahm der sich eigentlich heraus? Langsam wurde
ich wütend.
„Keine Ahnung, wovon du sprichst, Paul.“ Ich dehnte
seinen Namen und musste wieder gähnen. Nur eine Nacht ohne
dieses grelle Licht. „Mir geht´s gut. Ich habe nur schlecht
geschlafen“, schob ich hinterher, um den Kerl loszuwerden. Was
bildete der sich eigentlich ein, wer er war! „Wenn du mich also
wieder allein lassen würdest.“ Ich schob ihn in Richtung Flur
und durch die Tür. nach ihm.
„Wie du willst, Lena, dir ist ja nicht mehr zu helfen“,
sprach er mürrisch zu der Tür, die hinter ihm ins Schloss fiel.
In der Fabrik meldete ich mich krank, legte mich zurück
ins Bett und schloss die Augen. Erst jetzt bemerkte ich das
Brennen in meinen Augen. Ich hatte vergessen meine farbigen
Kontaktlinsen herauszunehmen. Schnell lief ich ins Bad.
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24
Anna zwirbelte ungeduldig ihre Haarsträhnen. Noch hatte
sich Daniel nicht gemeldet. Die Sehnsucht nach ihm ließ sie
schlecht schlafen.
Männer. Sie hatte bisher keine besonders guten
Erfahrungen mit dem angeblich so starken Geschlecht
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