Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
denn gegen Lena? Sie doch eine
sehr nette junge Frau.“
„Na, ich weiß nicht, was mit der nicht stimmt. Die geht
doch auch in deine komische Gruppe. Und sie ist recht dünn.
Nachher hat sie noch irgendeine Krankheit - wie deine Cousine
Melissa. Es reicht doch, dass du …“
„Jetzt mach aber mal einen Punkt, Mutter.“
„... und für Niklas ist das auch nicht gut. Mein Enkel
braucht eine gesunde Mutter, die ihm ein Vorbild sein kann.“
Thilo zog ganz ruhig seinen Turm fünf Felder nach links.
„Schach!“
Seine Mutter rettete ihren König, indem sie ihn langsam
ein Feld nach rechts schob.
„Mag ja sein, dass ihr Vater ein guter Gärtner ist, aber die
Frau ist nichts für dich. Glaub mir, dafür habe ich ein
mütterliches Gespür ... hier, mein Sohn.“ Seine Mutter deutete
auf ihre Brust. Thilo zog seinen Läufer schräg vor den weißen
König.
„Du bist ... Schach und ... matt. Was sagt dein
mütterliches Gespür dazu?“
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32
Gedankenverloren strich ich über meinen gewölbten
Bauch.
Noch ist es nicht zu spät!
Zu spät? Wofür?
Du hast doch die Nummer von deiner Mutter
abgeschrieben, bevor du den Zettel weggeschmissen hast,
Bohnenstange!
Bohnenstange, Bohnenstange, dass ich nicht lache! Das
bin nicht ich! Das war das kleine Mädchen damals in der Schule.
Ich bin eine Frau! Energisch vertrieb ich den Gedanken an diese
Telefonnummer. Mein Kind sollte es besser haben als ich. Soviel
stand fest.
Es war ein paar Tage vor Silvester. Das alte Jahr ging zu
Ende. Jeder Jahreswechsel bedeutete einen Neuanfang. Ich
verabschiedete mich von Altem und begann Neues. Das hieß, ich
versuchte es. Die alten Ängste und Probleme holten mich
meistens mit Riesenschritten wieder ein. Nicht in diesem Jahr!
Zuerst musste aber Altes entsorgt werden. Jetzt waren
Jans Kartons fällig. Er hatte wirklich genug Zeit gehabt, sie
abzuholen. Ich nahm drei Kisten und kramte darin. Im ersten
fand ich DVDs und im zweiten jede Menge Musik CDs. Hard
Rock und Heavy Metall. Nicht mein Geschmack. Unter den
Filmen waren einige Pornos. Die Cover konnte ich nicht
anschauen. Mit spitzen Fingern warf ich sie in den Mülleimer
vor der Tür.
„Hallo Lena. Was machst du denn da?“, wurde ich
angesprochen.
Paul stand hinter mir und schaute in die Kartons.
„Du, äh, nichts Besonderes.“
Er ging weiter, und ich vergrub den nächsten Stapel
DVDs unauffällig im Restmüll, entschlossen, die restlichen
Filme und CDs nach der Gruppensitzung meiner Mutter zu
bringen. Sie müsste inzwischen aus dem Ski-Urlaub
zurückgekehrt sein. Den ganzen Krempel konnte sie auf ihrem
Basar verkaufen. Vielleicht sprangen ja noch ein paar Euro für
mich dabei heraus. Da sich die Gruppe heute bei mir treffen
wollte, stellte ich Cola-, Fanta- und Wasserflaschen in den
Kühlschrank und räumte meine Wohnung auf.
Wenig später klingelte Melissa und begrüßte mich
strahlend.
„Ganz schön kahl ist es bei dir“, sagte sie, während sie
meine Wohnung musterte.
„Ja, ich müsste mal streichen und vielleicht noch das eine
oder andere dekorieren. In letzter Zeit hatte ich kaum Lust dazu“,
entschuldigte ich mich und behielt für mich, dass ich plante, ein
supersüßes Kinderzimmer einzurichten. Dr. Lange hatte das
Geschlecht des Kindes noch nicht erkennen können.
„Weißt du was, das wäre doch eine schöne Aktion für
unsere Gruppe. Du besorgst die Farbe, und wir streichen deine
Wände. Das macht zusammen bestimmt viel mehr Spaß!“
Wir wurden von der Haustürklingel unterbrochen. Der
Rest der Gruppe stand vor der Tür.
Thilo war sehr reserviert, grüßte mich förmlich. Vielleicht
ging‘ s ihm wie mir am Jahresende.
Als alle saßen, war es richtig gemütlich in meiner großen
Wohnung. Melissa teilte den anderen gleich ihre Idee mit und
steckte Hans, Anja und Sebastian mit ihrer enthusiastischen Art
an.
„Warum nicht an Silvester? Dann streichen wir tagsüber
und feiern in die Nacht hinein“, meinte Anja, die heute völlig
fertig aussah. Ihr Vorschlag wurde mit Begeisterung
angenommen.
„Wie war denn euer Weihnachtsfest?“, fragte Hans, um
die Gesprächsrunde zu beginnen. Jeder berichtete von seinen
Feiern. Die meisten hatten Weihnachten wie ich mit ihrer
Familie verbracht. Sebastian schwieg. Anja weinte. Sie war
völlig aufgelöst.
„Ich hasse Weihnachten!“, schluchzte sie.
„Erzähl uns mehr“, sagte Thilo.
Sie hatte Heiligabend mit ihrem Vater und seiner
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