Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Stoffbezüge, Dekorationsgegenstände. Jedes einzelne Teil wurde mit lautem Gegurgel diskutiert und zungeschnalzend für gut befunden.
Der von den Kundschaftern gerettete Tritone, der lustige Mister-Spock-Ohren mit spitzen Enden hatte, spielte fasziniert mit einem Golfschläger herum – weiß der Henker, wo er den gefunden hatte. Dann probierte er das neue Werkzeug gleich aus, indem er es seinem Nachbarn über den Schädel zog.
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Wasserratten von Menschen abstammen«, bekundete Migalytsch und schaute kopfschüttelnd aus dem Fenster. »Das widerspricht einfach allen erdenklichen Gesetzen der Evolution. Selbst wenn man von einem ernsthaften genetischen Defekt ausgeht, wie lässt sich eine so zielgerichtete Mutation erklären? Diese Geschöpfe sind doch wie gemacht für das Leben in einer wasserreichen Umgebung!«
»Als wir auf diese Wasserbären trafen, hattest du doch von Genmodifikatoren gesprochen. Vielleicht ist das hier ein ähnliches Phänomen?« Der Stalker leerte den Filterbehälter aus und untersuchte seine Gasmaske akribisch auf Risse. »Was ist das überhaupt für ein Zeug und wo bekommt man es her?«
»Ich kenne mich auch nicht besonders aus mit Biotechnologie. Woher auch? Ich habe lediglich vor der Katastrophe ein paar Artikel darüber gelesen. Im Vorfeld des Kriegs war gerade die Nanotechnologie in Mode gekommen. Niemand wusste so genau, was das eigentlich ist, aber es wurde viel Aufhebens darum gemacht. Wissenschaftszentren, Forschungsgelder, Messen … Die Verteidigungsstrategen haben gleich überlegt, wie man diese Sache militärisch nutzbar machen könnte. Im Prinzip ist ein Genmodifikator ein Nanoroboter, der den genetischen Code im Hinblick auf ganz bestimmte Anforderungen umbaut. Das Anwendungsspektrum ist extrem breit: biologische Kampfstoffe, neue biologische Lebensformen wie zum Beispiel Supersoldaten für eine künftige unbesiegbare Armee.« Der Alte spuckte angewidert aus und bekreuzigte sich. »Ich weiß, das klingt ziemlich utopisch. Ich selbst habe an diesen Hokuspokus nie so recht geglaubt. Aber man hat ja gesehen, was passiert ist. Seit die ersten Mutanten in der Metro aufgekreuzt sind, muss man an alles Mögliche glauben: an Kampfviren, Genmodifikatoren und sonstigen Mist. Denn nichts hat die Menschheit in ihrer Geschichte besser gelernt, als Waffen zu bauen. Alle übrigen Erfindungen waren mehr oder weniger ein Nebeneffekt …«
Ein dezentes Klopfen an der Bordwand unterbrach die Ausführungen des Alten. Vor dem Bullauge erschien das leichenblasse, platte Gesicht eines Tritonen. Erschrocken zog sich Aurora von der Tür zurück.
»Also, was machen wir?« Taran ließ den Blick über seine Leute schweifen. »Diese Jungs wollen uns unbedingt etwas zeigen. Sollen wir ihnen folgen? Oder durchkämmen wir die Stadt auf eigene Faust?«
Nach kurzem Zögern regte sich Dym und knetete wie immer, wenn er nachdachte, an seinem Stiernacken herum.
»Es dürfte schwierig werden, dieses Labor zu finden, wenn wir nicht den geringsten Anhaltspunkt haben. Das ist, als würde man eine Stecknadel im Heuhaufen suchen.« Was daraus folgte, passte dem Mutanten überhaupt nicht in den Kram, und er ließ seinen Emotionen freien Lauf, indem er mit der Faust gegen die Trennwand drosch. »Ich denke, wir müssen die Einladung der Tritonen annehmen. Wer weiß, vielleicht führen sie uns zu normalen Menschen?« Unter den ironischen Blicken von Aurora und den anderen presste der Mutant verlegen die Lippen aufeinander. »Also, ich meine, zu Menschen, die nicht so nass und grau sind …«
»Gena, was ich dich immer schon mal fragen wollte …« Wie zufällig entfernte sich der Stalker ein paar Schritte von seinem Freund. »Hast du mal die Comics über Hulk gelesen?«
Nun war Dym endgültig bedient.
»Was sollte ich damit?«, brummte er, ohne Taran anzuschauen. »Ich kann doch gar nicht lesen.«
»Das wäre gar nicht so wichtig … Was ich meine, ist … Hast du nie versucht, deine Wut zu kontrollieren?«
»Was?«
»Ich habe den Eindruck, dass du noch grüner wirst, wenn du dich über irgendwas aufregst.«
Gennadi schaute den Kommandeur verdutzt an, doch dann bemerkte er, dass der Rest der Mannschaft kurz davor war, vor Lachen zu platzen.
»Ach, lass mich doch mit deinen blöden Witzen zufrieden!«
Dym drehte sich ruckartig um, räumte dabei den Feuerlöscher von der Wand und marschierte in den Frachtraum davon. Hinter sich hörte er die anderen kichern.
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