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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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keineswegs der Einzige, der aus dem Rahmen fällt. Die Tritonen haben dir längst den Rang abgelaufen. Nach der Bekanntschaft mit diesen Jungs hier würde ich dich sogar offiziell als Homo sapiens anerkennen. Um die Kiemenmenschen in den Schatten zu stellen, müsstest du dir schon mindestens einen Schwanz wachsen lassen …«
    »Ach, diese Grauärsche lassen mich kalt«, konterte Dym die Provokation. »Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass irgendein Frankenstein sie sich ausgedacht hat. In einem wahnsinnig geheimem Labor oder so …«
    Gleb blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, und Gennadi hätte ihn beinahe umgerannt.
    »Was ist?« Doch noch bevor der Junge etwas sagte, fiel der Groschen bei dem Mutanten. »Ein Labor!«
    Jetzt standen sie alle beide wie vom Donner gerührt da und dachten über die plötzliche Eingebung nach. Nur Taran ging unbeeindruckt weiter.
    »Das ist genau der Grund, warum ich den Tritonen auf den Zahn fühlen will«, sagte der Stalker. »Und im Unterschied zu deiner Milz, Dym, sagt mir mein Urin, dass wir genau auf dem richtigen Weg sind.«
    Es blieb keine Zeit, das Thema zu vertiefen. Das Spitzohr blieb vor einer Tür stehen, die mit einem Vorhang aus geflochtenem Tang verhängt war, und bedeutete den Gästen einzutreten.
    In der engen Kammer flackerte ein schummriges Licht. Nach dem langen Marsch durch die Finsternis freuten sich die Abenteurer über diese bescheidene Quelle von Behaglichkeit. Die Kerze stand auf einem alten, aufgequollenen Kästchen mit abblätterndem Furnier.
    Ein gutes Drittel des Raums nahm eine völlig verrostete Wanne ein, die einen penetranten Verwesungsgeruch verströmte. Im trüben, fauligen Wasser lag wie in einer überständigen Suppe eine abgrundtief hässliche nackte Kreatur. Sie hatte einen unverhältnismäßig großen Kopf, einen schwindsüchtigen Körper und angedeutete Schwimmhäute zwischen den Fingern.
    Auch ein Tritone? Aber dann ein ziemlich merkwürdiger … Und wieso war er hier in diesem abscheulichen Zuber und nicht im großen Kanal bei seinen Artgenossen? War er womöglich schon so hinfällig, dass man ihn unter Glashausbedingungen pflegen musste?
    Gleb zuckte unwillkürlich zusammen, als der Badende seine blasse, glitschige Hand auf den Rand der Wanne legte. Der lippenlose Mund des Tritonen bewegte sich und presste einen leisen, pfeifenden Seufzer hervor. Seine Lider klappten hoch, und zwei riesige, phosphoreszierende Pupillen starrten die Ankömmlinge an.
    Der Fremdenführer schob Taran diskret an den Rand der eigenwilligen Liegestatt und bedeutete ihm, die Gasmaske abzunehmen und in die Hocke zu gehen. Als der Stalker in Reichweite war, streckte der Kranke den Arm aus und taste mit seinen zitternden, eisigen Fingern das Gesicht des Stalkers ab. Taran ließ die Prozedur stoisch über sich ergehen und sah den weiteren Verrichtungen des hässlichen Zwergs mit einer gewissen Nervosität entgegen. Doch der zog langsam die Hand zurück und presste abermals einen Seufzer hervor.
    Das Spitzohr winkte den Stalker fort und bat Gennadi an seine Stelle. Der Mutant hatte sich kaum hinuntergekauert, als der Bewohner der Wanne auch ihn verschmähte. Nun war Gleb an der Reihe.
    Der Zwerg befühlte ausgiebig das Gesicht des Jungen und legte ihm schließlich die ganze Hand auf die Stirn. Gleb wusste nicht, wie ihm geschah, er spürte nur, dass in seinem Kopf plötzlich diffuse Bilder entstanden und fremde Gefühle und Erinnerungen in sein Bewusstsein drangen.
    Verschwommene, von einer Fiberglas-Trennwand verzerrte Silhouetten von Menschen in weißen Kitteln; das grelle Licht eines Operationssaals, die eiskalte Oberfläche eines OP -Tischs; strapaziöser, stundenlanger Drill im Übungsbecken; Minen, Sprengvorrichtungen und Zeitzünder – vertraut bis zum Überdruss nach Jahren der Gefangenschaft …
    Und schlimmer als alles andere: ein zermürbendes Gefühl der Einsamkeit. Wie ein roter Faden zog es sich durch sämtliche Erinnerungen und endete abrupt, als die Welt plötzlich erschüttert wurde und sich stundenlang in Agonie wand. Verheerende Kräfte hatten das Unterwassergehege aus der Verankerung gerissen, und der Weg in die Freiheit der Weiten des Ozeans war plötzlich frei.
    Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr das »Modell Nr. 8«, dass es nicht das einzige Versuchskaninchen war. Eine ganze Brut entkam aus der Gefangenschaft an jenem schicksalshaften Tag. Einem Tag, der für eine Art das Ende bedeutete und für eine andere den Boden bereitete. So war

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