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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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die sich am Fenster buchstäblich die Nase platt drückte.
    »Gott hat ein Unglück verhütet und die Kathedrale beschützt …«, murmelte Migalytsch.
    Nach einem letzten Blick auf die ehrwürdigen Gemäuer gab der Alte Gas und steuerte die »Ameise« ins Zentrum der Stadt. Schon kurz nach Verlassen der Uferstraße war von architektonischen Meisterwerken nichts mehr zu sehen. Stattdessen bauten sich die trostlosen Betonklötze der Wohnviertel vor den Abenteurern auf. Die Plattenbauten, die verwaiste Straßen säumten, waren völlig ausgestorben. Kein Feuer weit und breit, keine Spuren auf den verschneiten Bürgersteigen, kein Schuss, der durch die Häuserfluchten hallte – die Stadt Rybinsk hatte ihr Leben ausgehaucht. Ohne ihre Bewohner war sie nur mehr ein Skelett aus Beton, das die Ankömmlinge mit seinen Zahnruinen angrinste.
    »Hier kommen wir nicht weiter«, meldete der Mechaniker. »Überall Trümmerhaufen. Wenn es blöd läuft, bleiben wir stecken.«
    »Kehren wir zum Fluss zurück?« Gleb klang enttäuscht.
    Taran ließ sich Zeit mit seiner Entscheidung. Nach einigem Überlegen griff er abermals nach seiner Gasmaske.
    »Versuchen wir unser Glück zu Fuß. Vielleicht finden wir ja doch irgendwas. Wenigstens ein paar Leute müssten doch auch hier überlebt haben.«
    Diesmal stieg fast die gesamte Mannschaft aus. Nach der langen Fahrt wollten sich alle die Beine vertreten. Sogar Aurora bestand darauf mitzugehen. Auch der Fußgänger wollte sich keine Blöße geben und humpelte trotz der Schmerzen in seinem bandagierten Bein tapfer hinter den anderen her.
    Sitting Bull meldete sich freiwillig, in der »Ameise« die Stellung zu halten. Der junge Mann war schon den ganzen Tag nicht gut drauf gewesen, und nach dem Geschirrspülen hatte sich seine Laune noch deutlich verschlechtert. Er habe keine Lust auf Betonhalden herumzuturnen, ließ er wissen.
    Anfangs führte Taran mit der gewohnten Umsicht die Gruppe an. Doch nach einigen Häuserblöcken scherte plötzlich Migalytsch aus, überholte den verblüfften Kommandeur und ging zielbewusst auf einen Platz zu, der sich hinter der Ruine eines neunstöckigen Plattenbaus befand.
    »He, Väterchen! Wohin so eilig?«
    »Ich kenne diesen Platz! Ich habe ihn sofort wiedererkannt. Wir sind in der Motostroitelej-Straße!«
    Der alte Mann winkte den anderen, ihm zu folgen, und preschte durch eine Schneise zwischen den Trümmerhaufen. Nachdem er als Erster den offenen Platz erreicht hatte, blieb er abrupt stehen und betrachtete etwas, das noch außerhalb des Blickfelds der anderen lag.
    Als die Gruppe ihn eingeholt hatte, konnte auch Gleb endlich sehen, was den Alten so magisch angezogen hatte. Dem Jungen verschlug es förmlich den Atem. Mitten auf dem Platz erhob sich in Form eines schiefen Parallelepipeds ein von Treppenkaskaden gesäumtes, imposantes Podest und darauf befand sich – in fliegender Pose erstarrt – ein richtiges Flugzeug, das den irrealen Eindruck dynamischer Bewegung erweckte. Die ebenmäßige Form des Rumpfs, die enorme Spannweite der schlanken Flügel, die rätselhafte Beschriftung » AEROFLOT « – der spitznasige Eisenvogel war in jeder Hinsicht eindrucksvoll. Man empfand unwillkürlich Respekt vor diesem Relikt aus einer vergangenen Zeit und vor dem menschlichen Schöpfergeist, der in der Lage gewesen war, solch epochale Meisterwerke hervorzubringen.
    »Eine TU-104 «, verkündete der Alte weihevoll. »Das erste russische Passagierflugzeug mit Düsentriebwerken. Sechsundzwanzig Weltrekorde! Hat seinerzeit mächtig Aufsehen im Westen erregt. Diese Baureihe wurde sogar in die Tschechoslowakei exportiert. Es war allerdings ein ziemlich launischer Vogel. Bei niedrigen Geschwindigkeiten riss gerne mal die Strömung ab. Zu schwache Auftriebshilfen am Flügel …«
    »Du bist ja ein wandelndes Lexikon, Migalytsch«, scherzte Dym.
    Dass sich der Alte mit Flugzeugbau auskannte, wunderte keinen. Er hatte schon oft kurzweilige Geschichten über die gute alte Zeit vor dem Krieg und über seine spannenden Jahre als Testpilot erzählt. Nur über eines schwieg Migalytsch beharrlich: Warum er sich eines Tages vom Himmel verabschiedet hatte und zu den Metrobauern in den Untergrund gegangen war.
    »Ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr das war, aber genau hier, unter diesem Denkmal, habe ich damals meine Wera – Gott hab sie selig – kennengelernt.« Die Stimme des alten Mannes zitterte bei diesen Worten. »Ich war auf Dienstreise hier, bei der NPO Saturn , die

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