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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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niemand ging auf seine launigen Bemerkungen ein. Nach dem Tanz auf der Rasierklinge in dem verstrahlten Krater war den anderen noch nicht nach Scherzen zumute.
    Das Schwierigste war, die Enttäuschung zu verwinden, die ihnen das vermeintliche Idyll bereitet hatte. Denn Alpheios war weit weg und vielleicht nur eine Schimäre. Das Seeufer jedoch, das auf den ersten Blick sauber und besiedelbar erschien, lag in unmittelbarer Reichweite. So nah – und doch unerreichbar …
    Nach Dyms gescheitertem Versuch, die Wolken der Niederlage zu vertreiben, herrschte in der Kajüte noch lange Zeit frostiges Schweigen, und die Besatzung starrte apathisch vor sich hin. Die Expedition hatte an diesem Tag den ersten schwerwiegenden Misserfolg einstecken müssen.
    Der emaillierte Trinkbecher, auf dem ein freches Teufelchen grinste, driftete langsam aber sicher dem Rand der Tischplatte entgegen. Angetrieben wurde er von den allgegenwärtigen Vibrationen und dem ewigen Gerüttel im stählernen Bauch der »Ameise«. Die Flüssigkeit in dem wandelnden Gefäß schwappte hin und her. Im Mannschaftsjargon hieß die trübe Substanz »recyceltes Trinkwasser« – ein ziemlich großspuriger Name für das abscheuliche Gesöff. Aber man hatte eben keine Wahl. Auf dem bisherigen Weg war es nicht gelungen, eine saubere Trinkwasserquelle zu finden und die schwindenden Vorräte aufzufüllen.
    Nicht nur das. Seit der unglücklichen Auseinandersetzung mit dem Orden hatten die Abenteurer keine einzige Menschenseele und keine bewohnte Siedlung mehr angetroffen. Die Stille und Leere in den entvölkerten Gegenden wurde mit jedem Kilometer bedrückender.
    Schließlich gab Taran den Versuch auf, abseits der großen Hauptverkehrsadern und Städte Überlebende zu finden, und so rollte die »Ameise« auf einer von Wind und Wetter ruinierten Straße gen Osten, auf der sich erste Pioniergehölze breitmachten. Die Trasse, die sich mal kurvig durch die verschneite Wildnis schlängelte, mal kerzengerade bis zum Horizont verlief, war weder in den Skizzen des Fußgängers noch in Tarans Kartenmaterial verzeichnet, doch sie behielt immerhin die Richtung bei. Hauptsache nach Osten, sagten sich die Abenteurer, genauer orientieren konnte man sich später immer noch.
    Hin und wieder tauchten hinter den reifbedeckten Bullaugen ein paar niedrige Gebäude auf, doch die durchgesackten Dächer und die von Nässe geschwärzten Balken der alten Blockhütten ließen keinen Zweifel daran, dass hier schon lange niemand mehr wohnte. Einst waren diese Siedlungen voller Leben gewesen, Kinder hatten sorglos in diesen Höfen herumgetobt, doch nun gab es hier nur noch Ödnis und Leere, eingeschweißt in eisige Kälte, umtost von heulendem Wind, überzogen von gelblichem Schimmel …
    Die Mannschaft konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, als sie eines der verlassenen Dörfer durchstöberte und nach einem Brunnen mit brauchbarem Trinkwasser suchte: überall windschiefe Zäune, Häuser mit dem Flair von Gruften – und dazu eine absolute, deprimierende Stille. Man hätte meinen können, dass es in dieser gottverlassenen Welt nichts anderes mehr gab als den Raketentransporter mit einer Handvoll Desperados an Bord und eine endlose Straße, die sich im Nichts verlor.
    Als Taran zum wiederholten Mal an diesem Tag einer verlassenen Siedlung mit verwahrlosten zweistöckigen Wohnhütten nachschaute, war sein Gesichtsausdruck noch finsterer als gewöhnlich. Schon bald übertrug sich die miese Stimmung des Kommandeurs auf seine Leute.
    Die Depression schlug nach und nach in Reizbarkeit um, die Reizbarkeit in offene Feindseligkeit. Der Zwang, Tag und Nacht in einem engen, vibrierenden Stahlgefängnis verbringen zu müssen, führte dazu, dass die Besatzungsmitglieder einander immer weniger ertrugen. Grundlose Streitigkeiten waren bereits seit einiger Zeit an der Tagesordnung, und es war klar, dass es irgendwann zu einem handfesten Konflikt kommen musste.
    Rückblickend hätte Gleb nicht zu sagen gewusst, wann genau die Situation endgültig außer Kontrolle geraten war. Wahrscheinlich hatte alles mit dem vermaledeiten Trinkbecher begonnen …
    Das primitive Küchenutensil hatte das Ende der Tischplatte erreicht und ragte bereits gefährlich über den Rand. Für einen Moment hatte Gleb den Eindruck, dass das Teufelchen sich erschrocken an seinem Dreizack festklammerte. Im nächsten Moment rutschte das Blechgefäß über den Rand und fiel jämmerlich scheppernd zu Boden. Der Heide beobachtete

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