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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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wird ohnehin krepieren, bevor deine renitenten Freunde sie finden werden.«
    Nachdem Sungat sein Urteil verkündet hatte, verließ er den kühlen, finstern Raum. In der eingetretenen Stille hörte man Aurora leise weinen.
    In der Mitte des Platzes erhob sich eine von allen Seiten einsehbare Holzkonstruktion. Ein mit roten Flecken übersäter Pfahl, eine Treppe mit rissigen Stufen … Eine Tribüne? Ein Schafott? Aurora konnte das seltsame Podest nur teilweise sehen, da ihr ein breiter Rücken die Sicht versperrte. Der Aufseher, dem der Rücken gehörte, hatte sie am gefesselten Handgelenk gepackt und führte sie durch die eilig aufgestellten Sitzbankreihen für die besonders wichtigen Leute.
    »Setz dich und genieß die Vorstellung«, blökte der Hüne und stieß die Gefangene grob auf die Bank. »Du hast ein Ticket für die erste Reihe, da versäumst du nichts.«
    Der Aufseher lachte dreckig und pflanzte sich neben sie. Die Bretter ächzten unter seinem Gewicht und bogen sich bedrohlich durch.
    Unterdessen war der Rotbart mit der Nietenjacke auf das Podest gestiegen. Die Banditen, die den Platz bevölkerten, begrüßten ihren Boss mit freudigem Geraune und schwangen die Gewehre. Dann erklomm ein fetter Gorilla mit einer Peitsche in der Hand die Bühne, und die Pfiffe und Rufe des Publikums wurden lauter. Alle freuten sich auf das bevorstehende Spektakel.
    Unter anderen Umständen hätte das Gejohle der aufgeheizten Menge Aurora zutiefst eingeschüchtert, doch in diesem Augenblick galt ihre ganze Aufmerksamkeit dem dunkelhäutigen Gefangenen, der stolpernd die Stufen zum Podest hinaufstieg. Für einen kurze Moment trafen sich ihre Blicke … Hatte Sitting Bull ihr tatsächlich zum Abschied zugezwinkert, oder war es nur der Widerschein einer Fackel in seinen Augen gewesen?
    Ein grober Tritt beförderte den Stummel auf den Bretterboden. Der schwergewichtige Henker mit seinem glänzenden fetten Wanst packte Sitting Bull an den Haaren, zerrte ihn in die Mitte der improvisierten Bühne und schnitt ihm mit einem Jagdmesser die Sträflingsjacke vom Leib. Kurz darauf stand der Gefangene mit entblößtem Oberkörper am Pfahl und schlotterte erbärmlich. Entweder lag es an der Kälte oder an der Thanatophobie, die ihn wieder einmal beutelte.
    »Meine Kinder! Meine treuen Steppenhunde!« Als Sungat zu sprechen begann, verstummte das Stimmengewirr, und die Blicke der Banditen richteten sich auf ihren Anführer. »Wir hatten heute einen ziemlich anstrengenden Tag. Doch euer untertänigster Diener hat immer etwas in der Hinterhand, um euch den grauen Alltag zu versüßen! Ich spiele nicht auf Alkohol an. Ich habe euch Unterhaltung versprochen. Und die werdet ihr bekommen!«
    Wieder gellten Freudenschreie. Sungat zeigte mit dem Finger auf den Gefangenen.
    »Dieser Bastard hat sich in unser Revier eingeschlichen, hat unsere Gesetze missachtet und auf unsere Brüder geschossen. Doch Gott ist für alle gleich und zu allen gerecht. Jeder bekommt, was er verdient!«
    Der Rest der Ansprache ging im Gejohle des Publikums unter, das die sofortige Hinrichtung des Delinquenten forderte. Sungat versuchte gar nicht erst, seine außer Rand und Band geratenen Kämpfer zu überschreien, sondern gab einfach das Signal zum Beginn der Exekution.
    Die mit Knoten gespickte Peitsche sauste zischend durch die Luft. Als die furchtbare Waffe auf seinen Rücken schnalzte, taumelte Sitting Bull gegen den Pfahl. Brennender Schmerz durchfuhr seinen Körper wie ein Stromschlag, und er konnte nicht anders, als laut zu stöhnen, obwohl er die Zähne zusammenbiss.
    Mein Gott … Das halte ich nicht aus … Ich hätte nie gedacht, dass das so …
    Der nächste Hieb trieb ihm die Tränen in die Augen. Der Gefangene drückte sich gegen das kalte Holz und kniff die Augen zusammen, als der Schmerz wie ein Messerstich in seinen Rücken fuhr und wie flüssiges Feuer durch sämtliche Nervenbahnen schoss.
    Durch das Gegröle der Menge drang ein spitzer Schrei von Aurora. Der Stummel entdeckte sie zwischen den blutrünstigen Gaffern auf einer Bank. Das Mädchen weinte und versuchte, zum Schafott zu laufen, doch der Aufseher hielt sie mühelos fest. Kurz darauf verlor Sitting Bull seine Schicksalsgefährtin wieder aus den Augen. Sungat, der gelangweilt vor dem Podest auf und ab ging, versperrte ihm die Sicht.
    Erneut schnalzte die blutgetränkte Peitsche und schnitt in seine Haut. Und wieder … Und wieder … Doch Sitting Bull stöhnte nicht mehr. Er hatte sich geschworen,

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