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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Aurora, der schon die Tränen kamen, aufmunternd zu.
    »Der Oberst hält sich zwar für einen begnadeten Spieler, aber wir haben auch einen Trumpf im Ärmel …«
    Der Chirurg kramte im Stauraum über der hermetischen Luke und zauberte ein Glasfläschchen aus dem Hut. Das gelbliche Pulver, das sich darin befand, kam den anderen ziemlich bekannt vor. Als Samuil Natanowitsch die verblüfften Gesichter seiner Freunde bemerkte, freute er sich über den gelungenen Coup und grinste.
    »Wir hatten also die ganze Zeit ›Psychowatte‹ an Bord?«, empörte sich Taran.
    »Ist doch halb so wild, Kommandeur.« Migalytsch schüttelte das Fläschchen und hielt es gegen das Deckenlicht. »Ist doch nur eine kleine Sporenprobe. Ausschließlich im Dienste der Wissenschaft!«
    »Und wenn der Schuss nach hinten losgegangen wäre?«, monierte Dym mit einem argwöhnischen Blick auf das unscheinbare Gefäß. Beim Gedanken daran, was der Schimmel mit ihm angerichtet hatte, lief es ihm immer noch kalt den Rücken herunter.
    Der Heide lächelte reumütig und hob die Schultern.
    »Und was hast du mir diesem Zeug vor?«, erkundigte sich Aurora und wurde kreidebleich. »Dort leben Menschen … Flüchtlinge …«
    »Keine Sorge, meine Liebe! Ich lasse die ›Psychowatte‹ nur auf der Stabsebene heraus. Bei den ersten Anzeichen einer Epidemie machen sie die Etage dicht und verhängen eine Quarantäne. Dann ist es an mir, die Bedingungen zu diktieren. Ich hoffe nur, dass es nicht so weit kommt und wir den Geist nicht aus der Flasche lassen müssen.«
    Samuil Natanowitsch steckte das Fläschchen in seine Tasche und ließ den Blick über seine Freunde schweifen. Als wollte er sich diese lieb gewonnenen Gesichter noch einmal ganz genau einprägen. Er hätte gern noch etwas gesagt, doch seine Lippen begannen zu zittern, und er überlegte es sich anders.
    »Wir holen dich auf dem Rückweg wieder ab«, versprach Taran. »Aber warte auf uns …«
    »Was bleibt mir anderes übrig?«
    Der Heide salutierte der Mannschaft mit einem aufgesetzt munteren Lächeln und stieg aus. Durch die offene Luke konnte man hören, was der Chef des Bunkers zu ihm sagte.
    »Ich freue mich, dass Sie sich für die Vernunft entschieden haben, Samuil Natanowitsch. Das gesamte ärztliche Personal und die medizinische Ausrüstung der Siedlung stehen zu Ihrer vollen Verfügung.«
    »In den Kohleschächten sind Dutzende Menschen umgekommen!«, erwiderte der Arzt barsch. »Wir haben uns selbst nur mit knapper Not retten können. Gehörte das auch alles zur Inszenierung? Heiligt der Zweck wirklich alle Mittel?«
    »Mit der Überschwemmung habe ich nichts zu tun«, entgegnete der Oberst mit einem Anflug von Bedauern. »Wir werden den Schuldigen finden und zur Rechenschaft ziehen. Ihr seid entdeckt worden, weil ein Bewegungsmelder im Aufzugsschacht ausgelöst hat. Nur deshalb hatte ich genug Zeit, euch einen warmen Empfang zu bereiten.«
    Der Heide sagte nichts mehr. Das Gespräch hatte sich anscheinend erschöpft. Gleb stieg auf die Sitzbank, um beide sehen zu können. Samuil Natanowitsch trottete in gebeugter Haltung zum hermetischen Tor. Der Chef des Bunkers dagegen stand immer noch neben der »Ameise« und glotzte, als wollte er die Panzerung des Trucks mit Blicken durchbohren. Es fiel ihm sichtlich schwer, die widerspenstigen Gäste ziehen zu lassen.
    »Gebt ihnen Treibstoff und Munition zurück«, ordnete er schließlich an, drehte sich um und folgte dem Arzt zum hermetischen Tor.
    Der Deal war perfekt …
    Der Überwachungsmonitor piepte beruhigend im Rhythmus des Herzschlags. Milchige Lampen in der Wandvertäfelung tauchten das Krankenzimmer in ein unwirkliches, gespenstisches Licht. Der Patient mit seinem Kopfverband und einem Atemschlauch in der Nase lag unter einem Gewirr von Kabeln und rührte sich nicht. Nur sein Brustkorb hob und senkte sich rhythmisch, und hin und wieder zuckten seine Finger. Langsam erwachte sein Organismus aus einem langen Schlaf.
    »Wie du dich an dein nichtsnutziges Leben klammerst …«
    Sungat stand am Kopfende des Betts und beobachtete angewidert, wie dem Oberst der Speichel aus dem Mundwinkel rann und eine nasse Spur auf dem Kopfkissen hinterließ. Seit Monaten hatte er voller Ungeduld gehofft, dass die Krankheit den alten Sack endlich dahinrafft. Nun drohten aus den Monaten wieder Jahre zu werden. Jahre des Stillstands, in denen er wieder nur eine Nebenrolle im Konzert der Mächtigen spielte. Und alles nur wegen dieses hergelaufenen Chirurgen

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