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Hinter dem Mond

Hinter dem Mond

Titel: Hinter dem Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wäis Kiani
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und nach Hause bringen würde, weil die in der Nähe der Party wohnten. Mein Vater nickte abwesend und meinte nur, ob auf der Party auch Jungs eingeladen wären.
    »Nein, Papa, wir sind natürlich nur Mädchen!« Ich schüttelte schockiert den Kopf, als ob er etwas sehr Widerliches gesagt hätte.
    Eine Mädchen-Party war für meinen Vater zum Glück total uninteressant, im Gegensatz zu Angelas Eltern. Aber irgendwann hatte auch sie alle Genehmigungen, und wir konnten das nächste Problem wälzen: Was ziehen wir an?
    Ich hatte bei einem der letzteren Treffen mit meiner Mutter in einer neuen Shopping Mall wunderbare cognacfarbene Stiefeletten entdeckt. Vorne spitzer, als ich es gewohnt war, knöchelhoch und mit einem für meine Verhältnisse ziemlich hohen Absatz. Und das Schönste war, sie waren nicht zu klein, sondern passten perfekt, da hatte sich wohl jemand vertan. Genau solche hatte ich an Suzi Quatro in einer Bravo gesehen, meinem Fenster zur Welt in dieser Zeit. Die Klamotten in der Vogue waren für mich einfach noch zu unerreichbar, um mich daran orientieren zu können. Ich war ja leider kein Kinderstar in Hollywood so wie Jodie Foster, die gerade einen Skandal wegen eines Films ausgelöst hatte, in dem sie eine Babynutte spielte. Oder die coole Tatum O’Neal, die nur etwas älter war als ich, aber schon Erwachsenenkleider trug und mit richtigen Jungs in richtige Discos ging.
    Seit meine Mutter von uns getrennt bei ihren Eltern wohnte, eigenes Geld hatte und machen konnte, was sie wollte, konnte man sie locker zu allem Möglichen überreden. In der neuen Mall waren lauter kleine Boutiquen nebeneinander, die geschmuggelte ausländische Kleidung verkauften. Neben den coolen Stiefeletten erstand ich noch eine superenge Röhrenjeans mit einem Strassband an der Seite und ein schwarzes T-Shirt mit diesen neuen angeschnittenen Ärmeln und einem glitzernden Tigerkopf darauf, wie ich ihn bei Andy Scott, dem Sänger von Sweet, gesehen hatte. Das waren echte Rockstar-Klamotten. Ich war selbst erstaunt, als meine Mutter mich alles anprobieren ließ und dann auch noch ohne zu murren alles kaufte. Ich war sehr zufrieden mit ihr und nahm sie ausnahmsweise in den Arm und sagte Danke.
    Sie war ganz überrascht, so viel Dankbarkeit kannte sie von mir nicht.
    Nach dem Einkaufen gingen wir nebenan ins Chattanooga, und ich erzählte ihr von meiner großen Liebe. Vor mir stand ein gigantischer Coupe Danmark, mein Lieblingseisbecher, den ich in mich hineinschaufelte, während ich ihr Armins Persönlichkeit in allen Einzelheiten erklärte.
    Als ich ihr seinen Nachnamen nannte, weiteten sich ihre Augen.
    »Oh mein Gott, das ist eine hochfeine Familie! Gebildet und reich! Die ganze Sippe ist mit dem Schah befreundet!« Das »befreundet« stieß sie heraus, als wäre es das Höchste, was ein Mensch erreichen könnte.
    »Sein Vater verkauft Pipelines«, sagte ich gelangweilt und leckte die Schokosoße von meinem Löffel.
    Meine Mutter atmete schwer: »Pipelines ist gut! Die verkaufen doch Öl! Die schwimmen in Geld, und zwar schon immer. Das weiß jeder!«
    Sie schüttelte den Kopf aus Ehrfurcht vor der greifbaren Nähe zu unfassbarem Reichtum und Glamour.
    Dann musterte sie mich kritisch, so als hätte sie schwere Zweifel daran, ob ich Furz in der Lage wäre, einen so dicken Fisch überhaupt an die Angel zu bekommen.
    Wichtig war, dass ich mir um mein Party-Outfit keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Ich hatte mir zudem aus Lederschnüren ein Stirnband geflochten, das ich mir noch um den Kopf binden wollte.
    Aber Angela war schlecht gelaunt und hatte plötzlich keine Lust mehr auf die Party. Ich wusste, dass sie Angst hatte, an diesem Ort nicht bestehen zu können. Weil sie nichts anzuziehen hatte und weil es ihr an Selbstbewusstsein fehlte. Mir war aber die Party viel zu wichtig, um das zu akzeptieren. Ich hatte überhaupt keine Lust, mir danach wieder als Außenstehende anzuhören, was ohne mich alles geschehen war. Womöglich würde sich auch bei uns eine Partyclique bilden, in der ich dann nicht war. Und alleine hingehen fiel aus, ich brauchte jemanden, der mit mir hinging. Auf die anderen Mädchen aus unserer Klasse, die auch eingeladen waren, war kein Verlass. Und ich wollte mich auch nicht mit irgendeinem Mauerblümchen dort sehen lassen. Angela wurde von den Jungs respektiert und war deshalb eine adäquate Partnerin für mich.
    »Willst du eine Jeans von mir, und ich geb dir das Tigerkopf-Shirt?«
    Sie schüttelte angewidert

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