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Hinter dem Mond

Hinter dem Mond

Titel: Hinter dem Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wäis Kiani
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die Möbel wohl zur Seite geräumt waren, denn in der Mitte war alles leer, als Tanzfläche. Die Fenster waren mit schwarzen Tüchern abgedunkelt, denn draußen schien noch die Sonne.
    Auf dem Esstisch war ein Buffet aufgebaut, und ein paar Jungs standen dort und nahmen sich Chips und Sandwiches.
    Es lief laut Musik, sehr laut sogar, und zwar Rock und genau die Sorte Musik, die ich gern gehört hätte, aber nicht wusste, von wem sie war. Aber es waren nur wir Kleinen im Wohnzimmer, die Freunde von Alex. Wo waren die Großen?
    Alex rannte geschäftig hin und her und spielte sich auf, als wäre er der Gastgeber von fünfhundert Leuten. Angela und ich setzten uns zu Afsaneh und Bita auf ein braunes Sofa und schämten uns etwas. Wir hatten uns viel zu stark aufgedonnert. Die anderen Mädchen sahen aus wie immer. Sie trugen nur etwas bessere Jeans, T-Shirts und Blusen als sonst in der Schule. Aber Angela und ich sahen nach »Disco 77« aus. Ich hatte mir eins von Papas alten weißen Oberhemden angezogen, vorne geknotet und die Ärmel ganz weit hoch gerollt, die engen schwarzen Röhrenjeans und das Stirnband. Durch meine Absätze war ich etwa vier Zentimeter größer als sonst und die Jungs jetzt noch kleiner als ich, was ich ziemlich schlimm fand.
    Von Alex’ älteren Brüdern und ihren Gästen war nicht viel zu sehen, anscheinend wollten die nichts mit den blöden Kleinen, also uns, zu tun haben.
    Als »Tonight’s the Night« von Rod Stewart lief, standen ein paar Mädchen auf und fingen an zu tanzen, danach tanzten auch ein paar Jungs. Angela und ich blieben sitzen und saugten konzentriert an unseren Strohhalmen, um nicht vor Peinlichkeit zu sterben. Armin saß mit ein paar Jungs auf der anderen Seite des Wohnzimmers, wir taten so, als würden wir uns nicht kennen.
    Dann wurde »When I Need You« von Leo Sayer gespielt, ein Blues, und ein paar Mädchen nahmen sich in den Arm und tanzten eng miteinander. Hartmut war plötzlich bei uns und fragte Angela, ob sie mit ihm tanzen wollte. Angela sah ihn schockiert an und erhob sich ganz langsam, schlich hinter ihm auf die Tanzfläche und fasste ihn dann mit spitzen Fingern an die Hüfte, als wäre er aus ekligem Schleim. Dabei hatte sich Hartmut extra fein gemacht. Er trug eine knallenge weiße Jeans und ein hellblaues Hemd, und sein gewelltes Haar fiel frisch gewaschen um seine Ohren. Er zog sie ganz nah an sich ran und drückte ihren Kopf einfach an seine Brust, weil Angela so klein war. Wir hatten noch nie mit einem Jungen Blues getanzt, und Hartmut machte das so professionell, als würde er nichts anderes tun. Armin sah kaum zu mir herüber, und ich überlegte fieberhaft, wie ich mich ihm nähern könnte, ohne dass es peinlich würde. Dann stand Kambiz vom Jungssofa auf und steuerte auf mich zu und sagte, als wäre es das Normalste der Welt:»Komm!« Kambiz sah mir in der Schule immer nach, das wusste ich, das war nicht weiter besorgniserregend, denn viele Jungs sahen mir nach, aber es sagte nie jemand etwas zu mir. Aber Kambiz hatte mich auch hier, wo sich alle bemühten, das andere Geschlecht möglichst zu ignorieren, die ganze Zeit beobachtet, während er dabei Chips futterte.
    Jetzt musste ich aufstehen, nicht, weil ich mich nicht traute, nein zu sagen, sondern weil ich nicht später neben Angela als erfahrungslos dastehen wollte.
    Kambiz war einer der brutaleren Jungs, die eigentlich nur Fußball spielten, sich schlugen und nie nett waren und Mädchen respektlos wie lästige Fliegen behandelten. Ich mochte ihn nicht besonders, und ausgerechnet mit dem musste ich jetzt Blues tanzen.
    Er nahm mich gleich viel zu fest in den Arm für meinen Geschmack und hatte die Hände unverschämterweise auf meinem Hintern! Meine Nase war direkt neben seinem Ohr, seine Haare kitzelten mich in der Nase, und ich war stocksteif. Am schlimmsten war aber, dass er unerträglich nach Pofak roch. Pofak war die persische Interpretation von Erdnussflips, die außer der Form nichts mit herkömmlichen Flips, die ich kannte und liebte, zu tun hatten. Sie waren orangefarben und stanken entsetzlich nach dieser ekligen orangenen Gewürzmischung. Ich hatte mich nur ein einziges Mal überwunden, eins probiert und fast gekotzt. Außer mir liebten natürlich alle Pofak und futterten auch in der Schule ständig die kleinen Tüten in sich hinein. Der genaue Name war Pofak Namaki, was wörtlich übersetzt heißt: Puffreis gesalzen.
    Jedenfalls stank Kambiz entsetzlich danach, und als das schöne Lied zu

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