Hinter der Nacht (German Edition)
Nachher kommen ein paar Freunde vorbei. Stell
dir vor, der Wetterbericht hat gesagt, es soll tatsächlich den ganzen Tag lang
nicht regnen!“
Abrupt erlosch
meine Freude über ein ruhiges Wochenende. Jetzt würde ich mich wohl den ganzen
Tag in meinem Zimmer verstecken müssen, um nicht aus Versehen einem seiner
Freunde über den Weg zu laufen und mich ihren bestenfalls gleichgültigen
Blicken auszusetzen.
„Unglaublich,
oder?“, fuhr Mike, der meinen Stimmungsumschwung nicht zu bemerken schien,
fort. „Wer weiß, ob wir so ein Ereignis noch mal erleben werden! Das muss man
ausnutzen! - Das Blöde ist nur, ich weiß nicht mehr, wie man dieses Teil
zusammensetzt.“ Stirnrunzelnd wandte er sich wieder dem Grill beziehungsweise
dessen Einzelteilen zu. „Ich schätze, da fehlt noch irgendwas. Jedenfalls krieg
ich die Beine einfach nicht an der Schale fest.“
„Lass mal
sehen.“ Ich kniete mich neben ihn auf den noch feuchten Rasen und begutachtete
die Teile. Dann versuchten wir gemeinsam erfolglos, das Puzzle irgendwie
zusammenzusetzen. Schließlich schlug ich vor: „Wie wär’s denn, wenn du diese
rostigen Stelzen einfach weglässt und die Schale auf ein paar Steine legst?“
Mike sah mich
an, als hätte ich soeben das Ei des Kolumbus entdeckt. „Clarissa, du bist ein
Genie! Also, in punkto Technik seid ihr Deutschen einfach nicht zu schlagen!“
Er sprang auf
und ging in den Geräteschuppen, der sich an die Rückwand des Hauses schmiegte.
Kurz darauf kam er mit ein paar dicken Pflastersteinen in der Hand wieder
heraus, und wenig später war der provisorische Grill aufgebockt.
„So, dann werde
ich mich mal um den Rest kümmern.“ Mike sprang energiegeladen auf. „Wir
brauchen natürlich Fleisch, Kartoffeln, Salat – und dann noch die Getränke.
Bier, Cider, Whisky… Was trinkst du denn am liebsten?“
Ich wehrte ab.
„Gar nichts. Lass mich mal da raus! Ich würde euch ja doch nur stören!“
Komischerweise
schaute er mich überrascht an. „So ein Quatsch. Du störst doch nicht! Und die anderen
wollen dich auch endlich mal kennenlernen!“
„Sicher“,
entgegnete ich ironisch. „Die können das bestimmt kaum erwarten!“
Mein Spott
prallte an ihm ab. „Genau! Meine Kumpels sind schon ganz neugierig auf meinen
neuesten Hausgast!“
Ach so. Jetzt
verstand ich endlich, warum er in letzter Zeit so freundlich zu mir war. Ich
war so eine Art exotisches Haustier. Die Kleine aus Deutschland. Schlagartig
hielt ich es nicht mehr aus. „Nein danke, kein Bedarf! Ich bin sicher, ihr
kommt bestens ohne mich aus!“ Damit drehte ich mich auf dem Absatz um und
verließ fluchtartig den Garten, mit dem festen Vorsatz, ihn für den Rest des
Tages nicht mehr zu betreten.
In den folgenden
Stunden bemühte ich mich nach Kräften, die Geräusche von unten, die von Mikes
Partyvorbereitungen zeugten, zu ignorieren, und meine Enttäuschung
herunterzuschlucken. Ich hatte doch tatsächlich angefangen, zu glauben, dass
Mike mich vielleicht doch… naja, nicht direkt mochte, aber zumindest
akzeptierte. Schön blöd von mir! Das würde mir nicht noch mal passieren! Wütend
stopfte ich mir meine Ohrstöpsel ins Ohr und drehte die Musik so laut, dass es
fast schon weh tat. Wenigstens hörte ich so nichts mehr von Mike und seinen
idiotischen Freunden!
Ein dumpfes
Pochen weckte mich, und ich schreckte verwirrt hoch. Ich war völlig
orientierungslos, und es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder zurechtfand.
Ich lag mit meinen Ohrstöpseln, aus denen nichts mehr zu hören war, im Ohr auf
meinem Bett. Offenbar war ich eingeschlafen, was in Anbetracht der Tatsache,
dass ich, seit ich hier war, keine Nacht durchgeschlafen hatte, eigentlich
nicht weiter verwunderlich war. Ich richtete mich mühsam auf, nahm die Stöpsel
aus den Ohren und stöhnte. Wie immer in den seltenen Fällen, in denen ich
tagsüber fest geschlafen hatte, fühlte ich mich völlig matschig.
Das Pochen
ertönte wieder, und gleichzeitig hörte ich Mikes Stimme, durch meine Zimmertür
gedämpft: „Clarissa! Bist du da? Kann ich reinkommen?“
Ich stöhnte noch
mal. Mike! Was wollte der denn? Wieso war er nicht bei seinen Freunden? Wie
viel Uhr war es überhaupt? Offenbar schon spät, denn im Zimmer war es dunkel.
„Clarissa?“
Oh Mann. Müde
stand ich auf, wankte zur Tür und öffnete sie. „Was ist denn?“
„Oh! Hi.“
Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, mich tatsächlich vor sich zu sehen.
„Geht’s dir nicht gut?“
„Ich
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