Hinter der Nacht (German Edition)
seinem
üblichen finsteren Gesichtsausdruck, schien er sich auch nicht besonders wohl
zu fühlen. Aber warum war er dann da?
Energisch
beschloss ich, nicht weiter über diesen Kerl nachzudenken. Schließlich war eine
Party dazu da, sich zu amüsieren! Mit diesem Entschluss hakte ich Patti unter,
die etwas überrascht wirkte, und zerrte sie mit zum Getränkevorrat. Dort
schnappte ich mir wahllos verschiedene Dosen und Flaschen. Patti folgte meinem
Beispiel, und gemeinsam schleppten wir die Kollektion zu ihren Freunden. „Wer
will was trinken?“, rief ich todesmutig in die Runde. Besondere Umstände
verlangten schließlich besondere Maßnahmen. „Wir haben alles, was das Herz
begehrt!“ Dabei lächelte ich alle einladend – zumindest hoffte ich, dass man
meine Grimasse so deuten würde – an. Nur vor Arik stoppte ich meinen Blick.
Soweit reichte mein Mut der Verzweiflung dann doch nicht.
Die Getränke
wurden uns mit großem Hallo aus den Händen gerissen, und was übrig blieb,
stellte ich einfach in der Mitte auf den Boden. Es klickte und zischte, und
dann trafen sich Dosen und Flaschen in der Mitte. Ohne hinzusehen machte ich
mit und setzte wahllos eine der übriggebliebenen Flaschen an die Lippen.
„Bah!“ Ein
heftiger Hustenanfall schüttelte mich, und gleichzeitig rann mir flüssiges
Feuer den Hals hinunter und setzte meinen gesamten Körper von den Lippen bis in
den Bauch in Brand. Ich stieß einen erstickten Schrei aus und spuckte in hohem
Bogen den in meinem Mund verblieben Rest der Flüssigkeit wieder aus. Die
Flasche entglitt meinen Händen. Doch bevor sie auf dem Boden zerschellte, griff
rasch jemand zu und rettete sie.
„He, du wirst
doch das teure Zeug nicht zerstören!“
Ich konnte nicht
erkennen, wer das gerufen hatte, denn jetzt schossen mir Tränen in die Augen
und ich sah alles nur noch verschwommen.
Irgendjemand
lachte. „He, die geht aber ganz schön ran. Ein ganzes Pint Whisky auf
einmal verträgt nicht jede!“
„Whisky?“, keuchte
ich. „Das war Whisky?“
„Klar, was hast
du denn gedacht?“ Das war Patti. So langsam konnte ich wieder etwas klarer
sehen, und auch Luft bekam ich wieder. Vielleicht musste ich ja doch noch nicht
gleich sterben. „Und nicht irgendwelcher. Guck, da steht’s: besten schottischen
Single Malt Whisky hast du dir hinter die Binde gekippt!“ Sie wedelte mit der
Flasche vor meiner Nase herum, und mir wurde schwindlig. „Aber normalerweise
genießt man den in kleinen Schlucken, Clarissa!“
„Danke für den
Tipp“, ächzte ich. „Aber du weißt ja, wir Deutschen sind da großzügig. Nicht
kleckern, sondern klotzen , ist unsere Devise.“
„Cool!“, rief
ein Typ mit hellbraunem Igelschnitt. „Dein Motto gefällt mir. Aber es wär’
trotzdem nett, wenn du uns auch was übrig lassen würdest. Warte, ich besorg
schnell ein paar Gläser.“ Ehe ich Einwände erheben konnte, war er verschwunden
und im Nu zurückgekehrt. Mit Pattis Hilfe füllte er die mitgebrachten Gläser
großzügig mit dem Whisky und verteilte sie dann an die Umstehenden.
„Ohne mich, danke.
Ich hab’ meinen Anteil schon gehabt!“, wehrte ich schaudernd ab. Auf keinen
Fall würde ich mit diesem Teufelszeug noch mal in Berührung kommen!
Er protestierte.
„Nichts da, die Gastgeberin muss natürlich mittrinken. Alles andere wäre total
unhöflich!“ Mit diesen Worten drückte er mir das zweite Glas in die Hand, stieß
augenzwinkernd mit mir an und nahm dann einen Schluck aus seinem Whiskyglas.
Was blieb mir
anderes übrig, als seinem Beispiel zu folgen? Diesmal nippte ich nur äußerst
vorsichtig mit gespitzten Lippen an der goldenen Flüssigkeit, und das
befürchtete Brennen hielt nur kurz an, um sich dann wie ein warmer Strom von
meinem Mund aus in meinem ganzen Körper auszubreiten. Also, wenn man ihn so trank, war er gar nicht so übel, dieser Whisky.
„Wusstest du
übrigens, das das gälische Wort uisge ‚Wasser des Lebens’ bedeutet?“,
fragte Igel, als ich mein Glas wieder absetzte.
„Du sprichst
Gälisch?“, erkundigte ich mich beeindruckt.
„Nur die
wichtigsten Wörter“, lachte er.
„He, du Angeber,
nun beleg mal unsere Gastgeberin nicht so mit Beschlag. Schließlich wollen wir
auch noch mit ihr anstoßen“, unterbrach ihn einer der anderen Jungen, und im Nu
war ich umringt von aneinanderklirrenden Gläsern und hin und her fliegenden
schottischen Scherzen. Plötzlich fühlte ich mich wie der Mittelpunkt der Party
und die wohltuende Wärme in
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