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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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mein Leben zerstört hat, schon bevor es überhaupt begann. Und
ich sehe den ersten Hoffnungsschimmer, dass ich es ihm eines Tages mit gleicher
Münze zurückzahlen werde.
    Mein ist die
Rache, spricht der Herr. Aber ich bin ohnehin verdammt. Und ihn werde ich mit
hinabziehen.

Barbecue
    Clarissa
     
    Der Freitag war
ein angenehmer Schultag, und Sport war eine positive Überraschung, denn der
Lehrer war nicht, wie ich befürchtet hatte, McDermott, sondern Madame Gisault,
eine zierliche, elegante Französin. Der Unterricht fand in der dritten
Sporthalle der Schule statt, und diese war, wie ich erleichtert feststellte,
offensichtlich überhaupt nicht für Teamsport aller Art ausgerichtet. Dafür gab
es hier jede Menge Turngeräte vom Kasten bis zum Stufenbarren. Madame Gisault
verzichtete auch auf überflüssige Vorstellungsrunden, sondern begann ohne
großes Vorgeplänkel mit einem abwechslungsreichen Aufwärmtraining, mit dem ich
dank meiner Karateerfahrung keinerlei Probleme hatte. Außerdem waren bis auf
zwei Ausnahmen nur Mädchen in diesem Kurs, so dass das anstrengende
Imponiergehabe wegfiel, auch wenn einige von meinen Mitschülerinnen mir neue
Minderwertigkeitskomplexe einflößten. Sie bewegten sich mit einer selbstverständlichen
Anmut und Eleganz, die der Madame Gisaults in nichts nachstand. Daneben kam ich
mir wie ein Elefant vor. Beim Karate geht es eben mehr um Kraft und Technik als
um Anmut. Nach der Gymnastik rollten wir auf Madames Anweisung mehrere große
Mattenbahnen aus, und dann begann sie, mit uns Bodenturnen zu machen. Das war
schon immer eine meiner Stärken gewesen, und so bereiteten mir die diversen
Übungen kaum Schwierigkeiten.
    Ich sah, wie
meine Mitschülerinnen die Köpfe zusammensteckten und tuschelten, und erkannte
einige von den Mädchen wieder, die auch in meinem anderen Sportkurs waren.
Hinterher in der Umkleide sprach eine von ihnen laut aus, was sie alle dachten:
„Sag mal, Clarissa – so heißt du doch, oder?“ Ich nickte bestätigend. „Am
Dienstag, bei McDermott – Was sollte das? Warum diese Show?“ Sie klang
angriffslustig, fast feindselig, als hätte ich sie absichtlich hinters Licht
geführt - und prompt fühlte ich mich völlig unvernünftigerweise schuldig.
Nachdem ich ihr stotternd meine Ballphobie erklärt hatte, zog sie die
wohlgeformten Augenbrauen hoch und wendete sich dann ohne weitere Bemerkung von
mir ab.
    Ich ärgerte
mich, sowohl über sie als auch über mich selbst. Die schottischen Mädchen waren
einfach zickig und arrogant, genau so wie die deutschen Mädchen. Und ich war
immer wieder so blöd, mich darauf auch noch einzulassen, statt sie einfach zu
ignorieren.
     
    Für das
Wochenende hatte ich nichts Spezielles vor. Nach meiner turbulenten und
nervenaufreibenden ersten Schulwoche war ich froh, einfach mal nichts tun zu
müssen, und verbrachte den gesamten Samstagvormittag gemütlich im Bett, mit
einem Roman und meinem MP3-Player. Danach duschte ich in aller Ruhe und
schlüpfte dann erleichtert in meine langen Jeans mit dem festen Vorsatz, sie an
diesem Wochenende um keinen Preis gegen irgendein anderes Kleidungsstück
einzutauschen.
    Als ich die
Treppe runterkam, hörte ich Mike von unten fröhlich pfeifen. Die Töne kamen aus
der Küche. Doch obwohl das Geräusch hier lauter klang, war der Raum leer. Die
Hintertür, die hinaus in den kleinen Garten führte, war nur angelehnt. Als ich
meinen Kopf hindurch steckte, erblickte ich den Mikes Rücken, der vor
irgendetwas kniete, an dem er herumschraubte.
    „Morgen, du
Faultier!“, begrüßte er mich, ohne sich umzudrehen.
    Ich war
verblüfft. „Wie machst du das nur?“
    Nun drehte er
sich doch um. „Wie mache ich was?“
    „Woher wusstest
du, dass ich da bin? Du hast mich doch gar nicht gesehen.“
    „Keine Ahnung.“
Er zuckte die Achseln und erhob sich, um zu mir zu kommen. „Wahrscheinlich habe
ich deinen stechenden Blick gespürt.“
    „Den bösen Blick,
meinst du wohl. Aber jetzt ist es zu spät. Jetzt hat er dich schon getroffen.“
    „Ach du
Schreck!“ Er griff sich an den Hals und mimte röchelnd einen Erstickenden. Dann
grinste er und zuckte die Achseln. „Naja, da kann man nichts machen.“
    „Apropos machen:
Was tust du da eigentlich?“ Ich deutete auf das Ding, an dem er bei meiner
Ankunft herumgeschraubt hatte, wurde aber nicht schlau aus der
überdimensionalen runden Metallschüssel und den angerosteten Stangen, die
daneben lagen.
    „Ich habe
unseren alten Grill rausgesucht.

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