Hinter der Nacht (German Edition)
dort wie zwei Salzsäulen gestanden
hatten, schien Jordan von unserem seltsamen Benehmen nichts bemerkt zu haben.
„Gut, Clarissa! Du bist auf dem richtigen Weg. Jetzt musst du nur noch einen
Tick schneller werden, dann klappt das schon.“ Mit diesen Worten nickte er uns
noch einmal kurz zu und setzte dann seinen Rundgang durch die Halle fort.
Ich fühlte mich
so erschöpft wie nach einem besonders langen und anstrengenden Zweikampf. Was
war nur los mit mir? So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich war eigentlich ein
vernunftgesteuerter, zurückhaltender Mensch. Doch seit ich ihn getroffen
hatte (oder er mich fast, um genau zu sein) benahm ich mich total
unzurechnungsfähig. Zumindest, wenn er in der Nähe war. Irgendetwas hatte
dieser Arik an sich, was mich völlig aus der Bahn warf.
Auf einmal war
mir meine Reaktion auf unsere Berührung extrem peinlich. Verlegen blickte ich
auf. Von meinem alten Kampfgeist war nicht mehr viel übrig, und ich hatte keine
Ahnung, was ich jetzt tun oder sagen sollte.
Arik sah mich
entgeistert an. „Was war das?“
Er sprach laut
aus, was ich dachte. Und mir fiel absolut keine passende Antwort ein. Also
rettete ich mich in Grobheit. „Woher soll ich das wissen? Kannst du mich nicht
einfach in Ruhe lassen?“
„Hab ich dir
irgendwas getan? Oder bist du immer so unfreundlich?“ Es klang fast verletzt.
„Ich?“, fuhr ich
auf. „Überleg mal lieber, wie du dich immer benimmst!“
„Ach.“ Er wirkte
tatsächlich überrascht. „Wie benehme ich mich denn?“
„Du tust so, als
wäre ich das Schlimmste, was dir jemals passiert ist!“, funkelte ich ihn an.
„Oh.“ Er sah
irgendwie ertappt aus.
Das steigerte
meine Empörung. „Mehr fällt dir dazu nicht ein?“
„Du hast mich ja
auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen.“
Jetzt war ich
verwirrt. Von wann redete er?
Doch er fuhr
schon fort: „Auf der Party. Da hast du michangeschaut, als sei ich das Schlimmste, was dirpassieren könnte.“ Plötzlich grinste er
anzüglich. „Aber später, da hast du deine Meinung offensichtlich geändert.“
Ich schnappte
nach Luft. Hilfe! Zu was hatte mich der Alkohol nur getrieben? „Ich war
betrunken!“, fuhr ich ihn an. „Jeder weiß, dass man da Dinge tut, die man
hinterher zutiefst bereut. Also, was auch immer passiert ist, es hatte keine
Bedeutung, klar? Bilde dir ja nichts darauf ein! Dein erster Eindruck war schon
richtig: Du bist das Schlimmste, was mir jemals passiert ist!“
Zum Glück
beendete Jordan in diesem Moment das Konzentrationstraining und gab uns fünf
Minuten Pause. Fluchtartig verließ ich Arik und rettete mich zu meiner Wasserflasche,
die ich am Rand der Halle deponiert hatte. Während ich einen tiefen Schluck
nahm, konnte ich es jedoch nicht lassen, ihn aus dem Augenwinkel zu beobachten.
Sein Gesicht sah auf einmal sehr verletzlich aus, und das war es, was mir für
den heutigen Tag endgültig den Rest gab.
Dunkelheit
Clarissa
Als ich nach
Beendigung des Trainings aus der Halle trat, wartete Mike vor der Tür auf mich.
Selten war ich so froh gewesen, ihn zu sehen. Mit seinen kupferblonden Haaren,
die im Licht der untergehenden Sonne wie Flammen loderten, wirkte er wie ein
Engel - mein persönlicher Schutzengel. Die Anspannung der vergangenen Stunden
ließ mich unwillkürlich zittern, und Mike legte sofort schützend einen Arm um
mich. Und ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, zurückzuzucken. Ich seufzte
tief, und der Druck von Mikes Arm verstärkte sich. „He, was ist los? War’s so
anstrengend?“
„Dieser ätzende
Arik!“, stieß ich hervor. „Der Typ raubt mir den letzten Nerv!“ Ich verschaffte
Mike einen kurzen Überblick über Ariks nervtötende Stimmungsschwankungen, wobei
ich unsere letzte verstörende Begegnung allerdings sicherheitshalber ausließ.
„Meinst du
nicht, dass du ein bisschen überreagierst?“, fragte er vorsichtig, als ich
geendet hatte. „Warum nimmst du sein Verhalten so persönlich? Du solltest ihn
einfach ignorieren, so wie alle anderen auch. Wenn du dich nicht weiter um den
Kerl kümmerst, dann wird er dich schon in Ruhe lassen!“
„Schön wär’s!
Aber wo ich gehe und stehe, taucht er auf einmal auf! Selbst bei unserer Party!
Was wollte er da? Oder hast du ihn etwa eingeladen?“
„Natürlich
nicht! Aber da waren doch alle möglichen Leute. Irgendwer hat ihn halt
mitgebracht.“
„Eben nicht!“,
widersprach ich. „Er ist einfach von selbst aufgetaucht. Also, ich finde das
komisch. Was
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