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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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will er von uns?“
    „Vielleicht
sucht er ja Anschluss!“, erwiderte Mike. Bildete ich es mir nur ein, oder klang
seine Stimme dabei ein klein wenig spitz?
    „Und warum
behandelt er mich dann wie eine Aussätzige? Das passt einfach nicht zusammen!“
    „Verstehe einer
die Männer“, sagte Mike obenhin. „Wahrscheinlich hast du recht: der Typ hat
einfach ein Rad ab. Weißt du was? Vergiss ihn. Konzentriere dich lieber auf
lohnendere Objekte!“ Er zwinkerte mir vielsagend zu, und mir wurde heiß. Was
sollte das denn jetzt heißen?
    Mittlerweile
waren wir auf dem Parkplatz vor Mikes fahrbarem Untersatz angelangt, doch er
machte keine Anstalten, die Türen aufzuschließen. Stattdessen blieb er einfach
neben seinem Auto stehen und sah mich an. Am Horizont war nur noch ein schmaler
Streifen Abendrot sichtbar. Darüber glühte der Himmel blutrot, um dann langsam
in immer dunklere Töne überzugehen. Außer uns war weit und breit keine
Menschenseele zu sehen, und plötzlich war ich mir überdeutlich der Stille um
uns herum bewusst. Die Welt schien den Atem anzuhalten, während ich Mike
gegenüberstand und er mich herausfordernd und mit einem undefinierbaren
Ausdruck in seinen grünen Augen anschaute. Ich merkte, wie mir die Knie weich
wurden und sich alles in mir verkrampfte. Atemlos starrte ich ihn an, nahm jede
Einzelheit mit überdeutlicher Schärfe wahr. Seine Hände, die sich mir langsam,
wie in Zeitlupe, entgegenstreckten. Unsere Fingerspitzen, die sich berührten.
Seine festen, kühlen Finger, die meine ergriffen und festhielten. Im Schein des
Abendrots sah ich jede einzelne Sommersprosse in seinem Gesicht deutlich
hervortreten. Seine grünen Augen funkelten wie Smaragde. Seine perfekt
geformten Lippen rückten immer näher auf mich zu. Panik machte sich in mir
breit. Was wollte er? Was wollte ich? Er würde doch nicht etwa…
    Ein tiefes
Grollen irgendwo hinter mir riss mich abrupt in die Wirklichkeit zurück. Ich
erschrak fürchterlich und stieß einen spitzen Schrei aus, der mich fast noch
mehr zusammenfahren ließ als das unheilverkündende Geräusch, das ihn ausgelöst
hatte.
    Auch Mike fuhr
zusammen und ließ abrupt meine Hände fallen. „Was ist los?“, stieß er hervor.
    „Hast du das
auch gehört?“ Gehetzt blickte ich mich um, in der Erwartung, jeden Moment etwas
Riesiges, Fürchterliches auf mich zuspringen zu sehen. Doch in der mittlerweile
eingetretenen Dunkelheit konnte ich nichts erkennen.
    „Ich habe dich
gehört!“, entgegnete er ungeduldig. „Mann! Ich hab fast einen Herzinfarkt
gekriegt! Musst du mich so erschrecken?“
    „Bitte, lass uns
fahren!“, bettelte ich und zog an seinem Ärmel. Auf einmal wollte ich so
schnell wie möglich weg von hier. Irgendetwas lauerte dort, ganz in unserer
Nähe. Ich konnte es spüren, obwohl ich nichts mehr hörte oder sah. „Bitte,
Mike, schnell!“
    Er zögerte, und
ich verstärkte mein Ziehen an seinem Arm. Endlich wühlte er widerwillig seinen
Autoschlüssel aus seiner Hosentasche hervor und öffnete mir die Beifahrertür,
vor der wir gottlob gestanden hatten. Um nichts in der Welt hätte ich jetzt
allein um den Wagen herum laufen können. Ohne abzuwarten riss ich ihm die Tür
aus den Händen und sprang ins Wageninnere. Sobald ich innen saß, verriegelte
ich meine Türseite. Erst dann zog ich den Knopf an der Fahrertür hoch. Mike
schien es nicht ganz so eilig zu haben, ins Sichere zu kommen. Ich sah, wie er
sich misstrauisch nach allen Seiten umschaute. Er schüttelte den Kopf. Erst dann
folgte er aufreizend langsam meinem Beispiel und stieg in den Wagen.
    „Fahr los!“,
schrie ich ihn panisch an, als er weiterhin unschlüssig den Autoschlüssel in
seinen Händen drehte.
    „Ist ja gut!“,
entgegnete er gereizt. Er brauchte zwei Versuche, bis der Motor startete, aber
dann machte er einen Kickstart, der einem Rennfahrer zur Ehre gereicht hätte.
Mit quietschenden Reifen verließen wir den dunklen Parkplatz. Ich wagte es
nicht, zurückzuschauen, aber ich war mir ganz sicher, dass uns von dort
irgendetwas mit glühenden Augen hinterher starrte.
    Als uns die
Lichter der Innenstadt von Inverness umfingen und Regen einsetzte, der
beruhigend auf das Autodach prasselte, begann sich mein Atem langsam wieder zu
normalisieren. Doch erst, nachdem wir uns längst in unseren eigenen vier Wänden
befanden und ich die Haustür doppelt abgeschlossen sowie alle Fenster überprüft
und alle Vorhänge zugezogen hatte, war ich in der Lage, meine

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