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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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Schnelligkeit und Spontaneität lag, und kehrte zu
meiner alten Strategie zurück, wie ein aufgescheuchtes Huhn um ihn
herumzuhüpfen, wobei ich Schlag auf Schlag auf ihn niederprasseln ließ. Leider
war die Wirkung äußerst mäßig. Es war wie verhext: Egal, wie schnell und von wo
meine Angriffe erfolgten, er schien sie alle im Voraus zu erahnen und reagierte
jedes Mal unverzüglich. Und jedes Mal folgte genauso prompt der aktuelle
Trefferstand. Von Mal zu Mal mit einem herablassenderen Grinsen vorgetragen.
Schön, dass wenigstens einer hier seinen Spaß hatte! Am liebsten hätte ich ihm
dieses Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.
    Bei einem
Punktestand von 13:0 unterbrach auf einmal Jordans Stimme neben mir die Übung.
Wie üblich hatte ich sein Kommen nicht bemerkt, so sehr nahm Arik meine
Aufmerksamkeit in Anspruch.
    „Clarissa, was
machst du da?“ Er klang vorwurfsvoll, und ich zog unwillkürlich den Kopf ein.
„Du sollst nicht wild drauflos hauen, sondern genau die Reaktionen deines
Partners beobachten!“
    „Das versuch ich
ja!“, fuhr ich ihn an, aggressiver als nötig. Angriff ist schließlich die beste
Verteidigung.
    Jordan ließ sich
davon leider nicht beeindrucken. Er schüttelte den Kopf. „Nein, tust du nicht.
Du schaust deinen Gegner ja noch nicht mal richtig an. Aber blinder Aktionismus
hat noch nie zum Ziel geführt. Versuch’s noch mal, aber diesmal konzentrierst
du dich und beobachtest ihn genau!“ Er blieb abwartend stehen.
    Ich ballte die
Fäuste, biss die Zähne aufeinander und bemühte mich mit letzter Kraft um
Konzentration. Kampfstellung einnehmen – Schrittstellung - Knie leicht gebeugt
- Arme locker angewinkelt an den Seiten halten – und die Augen ins Visier
nehmen. Nicht ablenken lassen. Konzentrier dich! , befahl ich mir
verzweifelt. Irgendetwas muss man doch sehen können!
    Und dann sah ich
es. Oder besser gesagt, ihn . Einen winzigen silbernen Funken, der den
Bruchteil einer Sekunde lang in der Tiefe seiner Augen aufblitzte wie eine
Sternschnuppe und sofort wieder verschwand. Ohne nachzudenken ließ ich meine
Hand vorschnellen - genau einen Wimpernschlag, bevor auch Ariks Arm vorschoss.
Unsere Hände trafen sich genau in der Mitte und prallten hart aufeinander. Der
Rückstoß ließ mich taumeln, und auch Arik schwankte. Doch keiner von uns beiden
zog seine Hand zurück. Konntesie zurückziehen. Es war, als wären die
Handflächen plötzlich aneinander geschweißt. Als hätte sich mit unserer
Berührung eine Art magnetisches Kraftfeld zwischen uns aufgebaut, das stärker
war als wir. Ich fühlte mich wie gelähmt, unfähig, mich aus dem Bann zu lösen -
so, wie ich es unter seinem Blick auch schon auf der Party empfunden hatte.
Aber im Unterschied zu damals schien es, als ginge es dieses Mal auch Arik
nicht besser. Ich konnte das Klopfen seines Herzens deutlich spüren, und es
stand an Schnelligkeit dem meinen in nichts nach. Es fühlte sich an, als wären
wir nicht mehr zwei getrennte Personen, sondern ein Wesen mit zwei Körpern. Ariks
Augen waren weit aufgerissen, wie unter Schock, und sein Blick schien bis in
mein Innerstes zu dringen, während ich, ohne es zu wollen, in dunkelster Nacht
versank.
    Doch dann
bemerkte ich, dass seine Augen nicht einfach nur schwarz waren, wie ich bisher
gedacht hatte. Vielmehr schien das Schwarze nur ein Vorhang zu sein, hinter dem
etwas ganz anderes verborgen lag. Etwas, das er sorgsam versteckt hielt. Das,
was ich vorhin nur für einen kurzen Funken gehalten hatte, aufgeglüht und
gleich wieder erloschen, schien in Wahrheit viel mehr zu sein. Je tiefer ich in
seinem Blick versank, desto mehr schien es mir, als würde in seinem Innern ein
dunkles Feuer lodern, das er mit aller Kraft unter Kontrolle zu halten
versuchte. Und mit der Entdeckung, dass Ariks düsterer Blick vielleicht nur
eine Maske war, kam mir auch sein gesamtes übriges Verhalten plötzlich ganz
anders vor. Wie eine Tarnung. Bisher hatte ich mich davon wie alle anderen
blenden lassen, hatte mich mit der finsteren Oberfläche zufrieden gegeben. Aber
der wirkliche Arik, das war mir plötzlich klar, war vermutlich ein ganz Anderer
als der, den ich bisher kennengelernt hatte.
    Jordan brach den
Bann, indem er in die Hände klatschte. Bei dem unerwartet lauten Geräusch
zuckten Arik und ich unisono zusammen, und unsere Hände lösten sich. Das
plötzliche Verlustgefühl, das mich daraufhin ergriff, kam völlig unerwartet.
    Obwohl ich den
Eindruck hatte, dass wir eine halbe Ewigkeit

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