Hinter der Nacht (German Edition)
der Dunkelheit konnte, tastete
ich mich zurück ans Ufer. Dort blieb ich unsicher stehen. Von Arik war kein Ton
zu hören. Auf einmal hatte ich das erschreckende Gefühl, ganz allein hier
mitten in der Einsamkeit zu sein.
Sofort überfiel
mich Panik. „Arik?“ Meine Stimme klang piepsig. „Wo bist du?“
Stille. Keine
Antwort. Er war nicht mehr da.
Arik
Ich muss sofort
weg hier. Weg von ihr ! Was ist nur in mich gefahren? Ich weiß selbst
nicht, was da gerade mit mir passiert ist. Sie ist doch nur ein Mittel zum
Zweck. Sie ist doch ein Mensch! Und ich weiß doch genau, was passiert, wenn man
den Menschen zu nahe kommt. Habe es oft gehört und dann am eigenen Leib zu
spüren bekommen. Ich kenne doch die Bosheit der Menschen! Niemals ist
irgendetwas Gutes von irgendeinem Menschen gekommen. Und niemals habe ich auch
nur das geringste Bedürfnis verspürt, einem von ihnen wirklich näher zu kommen.
Aber jetzt…
Irgendetwas hat
Clarissa an sich, das mich wider besseres Wissen und absolut gegen meinen
Willen unwiderstehlich anzieht. Schon als ich sie das erste Mal Lachen gehört
habe, habe ich diesen verrückten Wunsch gespürt, meinen gesamten Verstand und
alles, an was ich glaube, über Bord zu werfen und ihr zu folgen. Damals hatte
ich diese Wirkung, die sie auf mich hatte, auf den Alkohol geschoben und mir
hinterher geschworen, nie wieder einen solchen Fehltritt zu begehen. Und
seitdem habe ich nur noch ihre Nähe gesucht, um meinem Ziel näher zu kommen.
Ich war mir sicher gewesen, dass ich ihrer verhängnisvollen Anziehungskraft
widerstehen kann. Und dann reicht eine unerwartete Berührung und ich benehme
mich nicht besser als ein liebestoller Mensch!
Liebe! Als
ob ein Mensch überhaupt etwas von Liebe weiß! Was die Menschen Liebe nennen,
ist doch nichts Anderes als Gefühlsduselei und Wollust! Wenn ein Mensch sagt,
dass er jemanden liebt, bedeutet das, dass er ihn besitzen will, koste es, was
es wolle. Was für den „Geliebten“ gut ist, ist dabei völlig belanglos. Die
„Liebe“ der Menschen führt zu nichts anderem als Tod und Verderben. Ich habe es
gesehen. Von wahrer Liebe haben sie nicht die geringste Ahnung. Und ich bin
offenbar kein Deut besser.
Ich renne blind
durch den Wald. Es ist mir egal, wohin. Ich weiß nur eins: dass ich von ihr weg
muss. Sie ist gefährlich. Ich sollte sie verlassen und nie wieder in ihre Nähe
kommen.
Ich verstehe nur
nicht, warum mit jedem Schritt, der mich weiter von ihr weg führt, das Gefühl
wächst, einen verdammten Fehler zu begehen.
Clarissa
Ich starrte
fassungslos in die Dunkelheit. Mein Herz fühlte sich an, als würde es von einer
eisigen Faust zusammengequetscht. Wo war er? Hatte er mich hier etwa einfach
sitzenlassen? Ich hätte gerne geglaubt, dass er so etwas nicht über sich
brächte, aber leider war ich mir da ganz und gar nicht sicher. Nur - warum? Und
wenn es tatsächlich so war – was sollte ich dann um Himmels Willen tun? Auf
einmal packte mich die Wut. Was fiel ihm ein, mich so zu behandeln? Diesmal
hatte ich ihm wirklich nichts getan. Ich hatte ihm vertraut! Er hatte nicht das
Recht, mich hierhin zu schleppen und dann aus einer Laune heraus einfach
abzuhauen!
„Arik! Komm
zurück, verdammt!“, schrie ich in den dunklen Wald hinein.
„Verdammt –
verdammt – verdammt“, warfen die Bäume meine Stimme wie ein unheimliches Echo
zurück. Ich fröstelte. Der Wald kam mir mit einem Mal gar nicht mehr anheimelnd
und romantisch vor, sondern feindselig und gruselig. Wer weiß, was dort alles
in den Schatten lauerte.
„Arik!“ Diesmal
klang meine Stimme schrill, und ich merkte, dass ich meine Panik nicht mehr
lange zurückhalten könnte. „Bitte!“, fügte ich flehend hinzu. „Lass mich nicht
allein.“ Das letzte flüsterte ich nur noch. Halt suchend schlang ich meine Arme
um mich, um das Zittern zu unterdrücken, das mich auf einmal erfasst hatte.
Doch trotzdem spürte ich, wie meine Panik wuchs und wuchs. Nicht mehr lange,
und ich würde nur noch schreien.
Arik
Meine Schritte
werden immer langsamer, und irgendwann bleibe ich stehen. Es geht einfach
nicht. Ich kann nicht. Und dieses Gefühl ist stärker als alles andere.
Also drehe ich
um und gehe zurück, auch wenn ich weiß, dass ich es nicht tun sollte. Dass es
keine Entschuldigung für mein Verhalten gibt. Ich gehe wieder in die Dunkelheit
hinein, in der sie lauert. Bereit, mich zu vernichten. Und ich bin bereit, mich
vernichten zu
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