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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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Wahrheit erfuhr, den
Wächtern gestellt, dann hätte ich nicht Clarissa in Gefahr gebracht. Und ich
hätte jetzt nicht ihr Leben auf dem Gewissen. Das Leben des einzigen Menschen,
der je freundlich zu mir gewesen ist. Des einzigen Menschen, der immer zu mir
gehalten hat, obwohl ich alles getan habe, um sie davon abzubringen. Und des
einzigen Menschen, der mir je etwas bedeutet hat. Viel zu viel bedeutet hat.
Auf einmal überkommt mich eine solch abgrundtiefe Reue, dass ich von ihr
überwältigt werde. Ich drehe meinen Kopf so weit wie möglich der reglosen
Gestalt neben mir zu, doch sie verschwimmt vor meinen Augen. Was habe ich nur
getan?
     
    „Oh nein! Arik! Nein! “
Der Schrei, der urplötzlich neben mir ertönt, lässt mich entsetzt
zusammenfahren.
    „Clarissa!“ Der
Schock raubt mir die Luft, doch dann überwältigt mich eine nie gekannte
Erleichterung, und Freude durchflutet mich wie eine Welle. „Du lebst!“ Hektisch
blinzle ich die Tränen fort und sehe sie an. Ihre dunklen Augen glänzen
schwach, als sie meinen Blick erwidert. Und in diesem Moment weiß ich es. Auch,
wenn es von Grund auf falsch ist. Auch, wenn es unser beider Verderben
bedeutet. Auch, wenn ich es nicht will. Aber ich habe nicht länger die
Kraft, mich dagegen zu wehren.
    „Wie rührend.“
Der beißende Spott holt mich in die Wirklichkeit zurück, auch wenn er nicht an
mich gerichtet ist, sondern an Clarissa. Natürlich ist sie es, die
spricht. „Wie kann man nur so blind sein! Weißt du nicht, dass er dich immer
nur benutzt hat? Glaubst du wirklich immer noch, dass er je etwas für dich
empfunden hat? Nach allem, was er getan hat? Du warst doch nur Mittel zum
Zweck! Sobald er dich nicht mehr brauchte, hat er dich abserviert!“
    Unter ihren
gehässigen Worten zucke ich zusammen wie unter Peitschenhieben, die mich umso
mehr treffen, weil ich jeden einzelnen von ihnen hundertfach verdient habe.
    Doch erst
Clarissas Antwort gibt mir den Rest. „Und wenn schon!“, fährt sie auf, mit viel
mehr Kraft, als ich ihr zugetraut habe. „Selbst, wenn alles stimmt, was du
sagst – es spielt keine Rolle. Nicht für mich. Und erst recht nicht für dich.
Was geht es dich an? Du hast kein Recht, über ihn zu urteilen!“
    Eine verrückte
Freude will sich in mir breitmachen, als ich höre, wie sie mich verteidigt.
Eine Freude, die ich im Keim ersticken muss, bevor sie mich wieder auf den
falschen Pfad lockt.
    „Oh doch, das
hat sie.“ Ich zwinge jedes Wort aus meinem Mund, während ich gleichzeitig einen
harten Kampf mit meiner menschlichen Hälfte ausfechte. „Sie hat Recht mit
allem, was sie sagt. Ich habe dich nur benutzt.“ Selbst im Dunkeln spüre ich
ihren verletzten Blick. Deshalb versuche ich, es ihr zu erklären. „Ich wollte
an ihn rankommen.“ Schon bei dem bloßen Gedanken spüre ich die
altvertraute Wut in mir aufsteigen. Sie macht es mir leichter, fortzufahren: „ Er hat all dieses Unglück verursacht. Mich dürfte es gar nicht geben. Und sie sind gekommen, um das endlich wieder richtig zu stellen.“
    Ich hole noch
einmal tief Luft, dann reiße ich meinen Blick mit Gewalt von Clarissa los und
sehe die beiden Wächter an, auch wenn ich mich dabei fühle, als würde ich
selbst alles in mir zum Absterben bringen. „Ich bin bereit.“
    Doch Clarissa
gibt nicht so schnell auf. Wie immer. Ich hätte es mir denken können. „Aber wer
sind sie denn?“ Ihre Frage ist nur ein Flüstern. „Was wollen sie denn von uns?“
    „Nicht von uns “,
korrigiere ich müde, während meine Augen gegen meinen Willen wieder ihren Blick
suchen. Allein schon ihren Schmerz zu sehen, ist mehr, als ich ertragen kann.
Auf einmal wünsche ich mir, es wäre schon vorbei. Ich will nichts mehr fühlen.
„Nur von mir . Ich habe dir gesagt, du sollst dich von mir fern halten.
Du siehst ja, ich bringe nur Unglück.“
    „Nein“,
wiederholt sie störrisch. „Das stimmt nicht.“ Und dann beginnt sie, zu weinen.
    Mir bricht das
Herz.
     
    „Schluss jetzt!“
Die barsche Stimme des anderen Wächters unterbricht uns. „Da du uns in allem
zustimmst, gibt es nichts mehr zu sagen.“
    Doch. EineSache
gab es noch sicherzustellen, bevor ich bereit bin, zu gehen. Ich sehe ihn an.
„Was ist mit ihr? Jetzt, wo ihr mich habt, gibt es keinen Grund mehr, sie
festzuhalten. Lasst sie gehen, bevor…“ Ich beende meinen Satz nicht. Ich kann
es nicht. Nicht, wenn Clarissa zuhört. Ihre Reaktion wäre zuviel. Besser, sie
weiß es nicht.
    „Das würden wir
ja

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