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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ich keinen Cognac habe. Möchtest du etwas Wein?«
    Vanner antwortete nicht. Er machte einen Rundgang durch das enge Zimmer und erzeugte dabei Falten auf dem dünnen Teppichboden. »Ich dachte, ich wüßte, was Gail damals gesehen hat. Ich war sicher, das ›Ding‹ an der Tür wäre ihre tote Mutter gewesen. Ich nahm an, sie hätte geträumt, ihre Mutter sei vom Totenbett oder aus dem Grab auferstanden und in ihr Zimmer getanzt…«
    »Aber das hat sie dir nie so erzählt!«
    »Nein. Sie hat es niemandem gesagt – weder mir noch all den anderen Ärzten, die sich um sie gekümmert haben …«
    »Die anderen Ärzte? Mann, du wirst wirklich langsam schizoid, mein Schatz. Du glaubst schon an deine eigenen Lügen!«
    »Du weißt, was ich meine. Sie hat viele Jahre in der Klinik zugebracht – ich hab‘s dir erzählt. Und sie hat nie genau beschreiben können, was sie damals gesehen hat. Und als ich die Sprache darauf brachte – dasselbe Problem. Kompletter, totaler Ausfall.«
    »Was macht das so verdammt wichtig?«
    Vanner blieb stehen. »Die Erscheinung ist der Auslöser, der Umstand, der ihr Gehirn zum erstenmal überlastete. Warum also nicht noch einmal?«
    »Warum hast du ihr nicht ein Wahrheitsserum gegeben oder so? Hätte das nicht geklappt?«
    »Man hat es bei ihr mit Rauschgiften versucht, als sie noch klein war, aber sie hat schlecht darauf angesprochen. Als ich eine Andeutung machte, hat sie sich sofort gesperrt. Und selbst wenn sie zugestimmt hatte, wäre ihr Widerstand wohl zu stark gewesen, um ein brauchbares Ergebnis zu bekommen.«
    »Herr Doktor stecken also in der Klemme?«
    »Nenn mich nicht immer so«, sagte Vanner. »Du reitest den Witz ziemlich zu Tode.«
    »Vielleicht reiten wir die ganze Sache zu Tode. Vielleicht ist dein Plan unmöglich.«
    »Nein«, sagte er. »Ich bin immer noch überzeugt, daß es klappt. Wir mußten nur ein paar Rückschläge einstecken, das ist alles. Etwa Gails romantische Bindung – die hat uns nicht gerade weitergeholfen. Ihr superamerikanischer Freund hat sie gestützt, hat ihr Selbstvertrauen gestärkt.«
    »Und er ist nett«, sagte Helen.
    »Ich kann ihn natürlich loswerden – eine ganz einfache Sache. Aber ich dachte, er könnte uns nützen – ich hatte gehofft, er würde uns einen Hinweis geben.«
    »Über das ›Ding‹?«
    »Ja. Ich habe ihm gesagt, wie wichtig ich diesen Aspekt finde; ich versuchte ihn dazu zu bringen festzustellen, was in ihrem Geist versteckt ist.« Ironisch: »Ein seltsamer Verbündeter, aber es könnte klappen.«
    »Wie lange willst du warten?«
    »Nicht allzu lange.« Vanner runzelte die Stirn. »So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Zum einen entspricht die Situation nicht der Parallele.«
    »Was heißt das?«
    »Ich meine die Parallele zwischen Gails Mutter und ihr selbst. Als damals ihre Mutter verrückt wurde, gab es keinen Mann in ihrem Leben. Sie verlor den Ehemann in Korea. Es gab niemanden, der seine Stelle einnahm, niemanden, auf den sie sich neu orientieren konnte.«
    »Meine Güte«, sagte Helen, »du benutzt aber raffinierte Worte, Liebling. Du hättest sogar mich überzeugen können, daß dein Diplom echt ist.«
    »Das ist die zentrale Tatsache. Gail macht sich Sorgen wegen der Parallele zwischen ihr und ihrer Mutter, seit sie alt genug war, an diese Dinge zu denken. Den erblichen Wahnsinn gibt es schließlich.«
    »Und du glaubst wirklich, daß sie denselben Weg geht?«
    »Das glaubt sie. Wenn sie die Parallele sieht, wenn sie sich auf die Gummizelle zusteuern sieht, wählt sie vielleicht dieselbe Lösung wie ihre Mutter.«
    »Nein«, sagte Helen tonlos. »Das ist der Teil, den ich dir nicht abkaufe. Daß sie dir den Riesengefallen tut, sich umzubringen.«
    Vanner hörte ihr schon nicht mehr zu. »Vielleicht sollte ich gar nicht warten, gegen Tyner vorzugehen. Vielleicht sollte ich ihn sofort abschießen, damit es kein Hindernis für sie gibt, das… rechte zu tun. Wenn sie ihn verliert. Wäre förderlich für die Parallele.«
    »Bist du sicher, daß das dein einziger Grund ist?«
    »Was meinst du?«
    »Manchmal wundere ich mich über dich, Doktor. Manchmal frage ich mich, was wirklich in deinem Kopf vorgeht. Ich meine, woher weiß ich, daß du nicht vorhast, das Mädchen wegen ihres Geldes zu heiraten. Das brächte doch dasselbe Ergebnis, oder?«
    »Unsinn!«
    »Vielleicht möchtest du sie so abhängig von dir machen, daß sie ohne dich nicht mehr leben kann.«
    Jetzt schien Vanner doch zu meinen, daß sie seiner

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