Hinter der Tür
hoffte noch immer auf ein glückliches Ende des Unternehmens Goldene Tür‹. Als er den Badezimmerschrank zuklappte, lächelte er sein Spiegelbild an. Dann sah er Helen, die feucht und dampfend aus der Dusche kam. Die Rundlichkeit ihres Körpers wurde durch die schimmernde Haut betont, und er erkannte, daß sie in ein paar Jahren wahrscheinlich fröhlich in die Breite gehen würde.
»Gibst du mir mal das andere Handtuch?«
Er kam der Bitte nach und sah zu, wie sie sich unsystematisch trockenrieb; dabei war ihr Blick nachdenklich, die Mundwinkel waren herabgezogen. »Was ist los?« fragte er. »Warum siehst du mich so an?«
»Ich kann nicht anders. Ich muß immer daran denken, Piers. Ich kann mir einfach nicht einreden, daß es klappt, daß es jemals klappen wird. Sie ist zu jung und verdammt zu hübsch, und sie ist zu reich. Es müßte jemandem schon viel schlechter gehen, ehe er an Selbstmord denkt.«
»Wart‘s nur ab«, sagte er.
»Und sie ist verliebt«, sagte Helen düster. »Ganz eindeutig. Sieht man an ihrem Blick, wenn sie nur den Namen des Burschen ausspricht. Seit wann begehen verliebte Mädchen Selbstmord?«
»Vielleicht wenn sie ihren Liebsten verlieren? Und was passiert, wenn sie die Wahrheit über Steve Tyner erfährt? Wenn sie erfährt, daß er von der Fiduciary Bank engagiert wurde, um ihren Wahnsinn zu beweisen?«
»Nein«, sagte Helen kopfschüttelnd und besprühte ihn mit Tropfen. »Vielleicht regt sie sich darüber auf, aber sie wird ihm verzeihen. So sind Frauen nun mal. Wir erdulden euch Schweinehunde, weißt du das nicht? Auch die Schlimmsten von euch. Wenn du ein gutes Beispiel dafür sehen willst, brauchst du nur in den Spiegel zu schauen.«
Vanner wandte sich dem Spiegel zu. Diesmal lächelte er nicht. »Hör auf, dir Gedanken zu machen«, sagte er kalt. »Ich habe dir schon gesagt, daß mein Plan bis ins letzte Detail steht. Ein Fehlschlag ist überhaupt nicht möglich.«
»Hör mal, du magst ja ihr ›Psychoanalytiker‹ sein, aber ich bin ihre ›Freundin‹ und kenne sie so gut wie du. Zu viele Dinge sprechen für sie, Piers. Sie wird nicht glauben, daß sie verrückt ist, nur weil du das willst!«
»Und wie steht es mit den anderen Leuten?«
»Was?«
»Vielleicht siehst du die Sache zu eng. Was glauben andere Leute, wenn sie von ihrem Verhalten erfahren? Daß sie zum Beispiel gesehen hat, wie ihre tote ›Freun- din‹ Helen ins Zimmer wanderte?«
»Wieso kommt es darauf an, was die Leute denken? Mein Gott, es nützt dir absolut nichts, wenn man Gail entmündigt! Damit bekommst du das Erbe nicht.«
»Ich denke nicht an eine Entmündigung. Ich meine die Hinnahme ihres Todes, die Bereitschaft, an die Motive für ihren Selbstmord zu glauben.«
»Aber wenn es gar keinen Selbstmord gibt…«
»Es wird einen Todesfall geben, und der reicht uns völlig. Einen Todesfall, der durch ihren Geisteszustand bestens untermauert ist.«
Helen brauchte fünf Sekunden, um zu begreifen, was er da eben gesagt hatte, und als ihr ein Licht aufging, zog sie das Badelaken erschaudernd um sich. »Was heißt das genau? Ein Todesfall?«
»Na, was es eben heißt. Gail muß sterben, oder die ganze Sache war Zeitverschwendung. Und wenn sie nicht so entgegenkommend ist, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, muß man ihr eben helfen.«
»Mein Gott, man könnte fast meinen, du sprichst von einem Mord!« Sie warf das Badetuch zu Boden und griff nach ihrem langen Frotteemantel, der an einem Haken hing. Als sie hineinschlüpfte, blickte sie ihn nicht an, als habe sie Angst, seinen Gesichtsausdruck deuten zu müssen. Aber als er schwieg, wandte sie sich doch um und sah genau das, wovor sie sich gefürchtet hatte. »Piers, um Himmels willen, du hattest doch nicht etwa die ganze Zeit das im Sinn?«
»Nur als letzten Ausweg«, sagte er leichthin.
»Das brächtest du nicht fertig! Ich kann nicht glauben, daß du so etwas tätest! Du weißt, daß ich damit nichts zu tun haben will. Die Sache ist so schon schlimm genug, aber ein Mord? Junge, da hast du dir aber den falschen Vampir geangelt!«
Sie gürtete den Morgenmantel enger und verließ das Badezimmer.
Piers öffnete das Schränkchen und durchsuchte es noch einmal, methodisch wie immer.
10
S innlos«, seufzte Cecilia Louise und berührte die Kante ihres Margaritaglases mit der Zunge, wobei sie wie ein Rehkitz beim Salzlecken aussah. »Es ist fast so wie der amerikanische Autor gesagt hat, es führt kein Weg zurück. Wie hieß er doch? Thomas
Weitere Kostenlose Bücher