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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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um?« fragte er. »Man kann dich ja nicht anschauen!«
    »Vielen Dank, das ist vielleicht ein nettes Kompliment!« sagte Helen und griff nach einer Zigarette. »Aber vergessen Sie nicht, wer sich diesen kleinen Sketch ausgedacht hat, Herr Doktor.«
    »Du mußt dich ja sowieso anziehen. Wir müssen dich von hier verschwinden lassen. Und je eher, desto besser.«
    »Wozu die Eile? Miss Schwerreich wird doch nicht etwa vorbeischauen? Dies dürfte der einzige Ort auf der Welt sein, den sie garantiert nicht so schnell wieder besucht. Möchtest du einen Drink?«
    »Nein«, sagte Vanner und sah zu, wie sie vom Sofa glitt und dabei ein halbes Dutzend Kissen zu Boden streifte. Sie ging zu dem breiten Rouleau, das die Küchennische verdeckte, rollte es hoch und enthüllte ein Waschbecken voller schmutzigem Geschirr, .‘as zum Teil schon mehrere Tage alt war.
    »Na, was hat die Haushälterin gesagt?« fragte Helen. »So wie du ausgesehen hast, war die Auskunft nicht ganz das Erwartete.«
    »Alles in Ordnung«, sagte Vanner verbissen. »Weißt du doch selbst; du hast ja gesehen, wie die Sache gewirkt hat.«
    »Irrtum. Ich habe die Wirkung gar nicht abgewartet. Ich hab‘s dir doch erzählt! Als ich sah, daß ihr die Knie einknickten, zog ich mich zurück und verschwand so schnell ich konnte. Ich hatte eine Heidenangst, daß sie nach mir greifen würde – was wäre dann gewesen?«
    »Sie ist ohnmächtig geworden.«
    »Und jetzt?«
    »Schläft sie. Natürlich wirken die Medikamente noch, so daß sie logischerweise wieder eingeschlafen ist.«
    »Und das ist alles? Sie ist nicht übergeschnappt?«
    »Sie war im Delirium, als sie zu sich kam – soviel hat mir die Haushälterin erzählt. Aber sie hat Gail beruhigen und wieder ins Bett bringen können.«
    »Großartig«, sagte Helen und verzog den großen Mund. Sie goß zwei Fingerbreit Bourbon in ein Glas, das noch eine Reinigung vertragen hätte. Als sie Eiswürfel hineingleiten ließ, sagte sie: »Dein narrensicherer Plan klappt wohl nicht?«
    »O doch«, sagte Vanner. »Nur kann man bei einer solchen Sache keinen Zeitplan aufstellen – man muß flexibel sein, kreativ.«
    »Kreativ!« Helen lachte. »Das ist ja nun wirklich ein schönes Wort.«
    »In diesem Fall sogar das richtige. Irgendwie ist unser Plan wie eine Psychoanalyse. Was stellst du dir eigentlich unter einer Analyse vor? Das ist kein festgefahrener Vorgang, keine programmierte Entwicklung, die von A bis Z abläuft und dann fertig ist.«
    »Gott steh uns bei«, sagte Helen. »Herr Doktor hält schon wieder mal Vorträge. Weißt du gar nicht, wie sehr mir deine Prahlerei mit diesem Thema zum Hals heraushängt?«
    »Vielleicht glaubst du, ich wüßte nicht, wovon ich rede.«
    »Zeig mir erst mal ein echtes Diplom«, sagte Helen brutal, »dann lasse ich mich vielleicht von dir belehren.« Sie kostete von ihrem Drink, und ihre Stimmung änderte sich. »Vielleicht würde ich mich sogar für dich auf die Couch legen«, sagte sie und blickte ihn kokett über den Rand des Glases hinweg an.
    »Es wird funktionieren«, sagte Vanner entschlossen. »Ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Du machst dir etwas vor. Und das ist meine Analyse von dir, Doktor! Du machst dir gern etwas vor. Naja, nimm‘s nicht zu tragisch – mir geht‘s ja genauso. So wie ich die Dinge sehe, ist Selbsttäuschung eine Berufskrankheit. Und in diesem Falle ist Beruf gleich Leben.«
    »Die Haushälterin hat gesagt, sie wäre hysterisch gewesen«, sagte Vanner vor sich hin. »Hätte absoluten Unsinn geredet. Wenn sie schon nicht völlig übergeschnappt ist, steht sie doch offenbar dicht davor.«
    »Aber das genügt nicht.«
    »Nein«, sagte er. »Nicht ganz.«
    »Und du warst dir deiner Sache so sicher«, sagte Helen spöttisch. »So verdammt schlau warst du und so verdammt sicher. Du hattest alles analysiert.«
    »Ganz sicher wußte ich, daß sie sich vor dem Tod fürchtet.«
    »Wer tut das nicht?«
    »Aber für sie war es schlimmer – etwas, das ihr nie aus dem Kopf ging. Begreifst du das nicht? Die Sache, die ihr als Kind passiert ist, als sie erst sechs Jahre alt war, hat ihr Gehirn beeinflußt – eine Macke, die heute noch da ist. Sie muß noch da sein.«
    »Und wenn nicht – dann gibt‘s kein Geld, richtig?«
    »Keine Sorge«, sagte Vanner und zupfte an seinem Bart. Er nahm Helen das Glas aus der Hand, trank und verzog das Gesicht. »Wie kannst du nur dieses Zeug trinken?«
    »Das ist so amerikanisch wie Apfelkuchen, Herr Doktor. Tut mir leid, wenn

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