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Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will

Titel: Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Theresa Koch
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machte, deutscher oder ausländischer Herkunft zu sein, auch wenn wir beide einen deutschen Pass hatten. In der einen Rolle gehörte die Angst oder die gefühlte Gefahr mit zum damaligen Lebensgefühl, in der anderen nicht, auch wenn die tatsächliche Gefahr eines Anschlags auf unser Haus für mich und ihn gleich war. Ich kann mich erinnern, dass ich im Schneideraum beim Anschauen des Materials erschüttert war.
    In diesen Tagen hatte ich ein Gespräch mit Freunden über Rang und Status im Alltag. Ich erzählte ihnen, was ich gerade schreibe, und löste damit sogleich eine heftige Diskussion aus. Die Frage war: Kann ein
Mensch nicht einfach selbst entscheiden, ob Rang und Status für sie oder ihn Bedeutung haben? Können wir nicht einfach sagen, das spielt für uns keine Rolle? Ein Freund, der die Vorzüge einer hochrangigen und sehr gut bezahlten Beamtenstelle genießt, lehnte in unserem Gespräch ein Rang- und Statuserleben für sich persönlich völlig ab. Rang und Status eines Menschen durch Beruf und Vermögen seien für ihn nicht wichtig. Ich glaube ihm das gerne, bin aber auch überzeugt, dass alleine diese Aussage schon seinen hohen Rang dokumentiert und auf Menschen mit weniger Geld und beruflicher Sicherheit snobistisch wirken könnte.
    Ob wir es wollen oder nicht, durch Rang- und Statusunterschiede werden Rollen vergeben und angenommen. Wir entscheiden die Rollenbesetzung nicht alleine, sondern die jeweilige Gruppe oder besser das organisierende Feld im Hintergrund tut das. Aber wir können achtsamer damit umgehen, wenn wir den eigenen und fremden Rang schneller erkennen und sensibler werden für die Probleme von Menschen mit weniger Rang. Wenn wir in eine Diskussion mit Menschen verwickelt werden, die weniger Rang haben, geht es möglicherweise nicht um die Worte, die gesprochen werden, sondern um das Rang- und Statuserleben im Hintergrund. Wir könnten dann zuhören und versuchen herauszufinden, ob wir unseren Rang unbewusst ausgespielt haben, wenn die anderen böse und aggressiv werden. Oder die anderen neiden unseren Rang und wir sind aufgefordert, bewusster mit dem eigenen Rang und den Privilegien, die wir genießen, umzugehen.
    Wenn wir bewusst mit dem eigenen Rang umgehen, werden wir sensibler für die Probleme von Menschen mit weniger Rang.

    Dass wir an Rang und Status nicht viele Gedanken verschwenden wollen, wird manchmal von einem hehren Motiv getragen. Wir wollen andere nicht abwerten und uns selbst nicht aufwerten. Den eigenen Rang annehmen heißt aber nicht notwendigerweise, Menschen mit weniger Rang schlechter zu bewerten oder sich selbst einen höheren Wert zuzuschreiben. Diese Verwechslung von Rang mit Bewertung, die ja sicher auch ihre historischen Gründe und vor allem mit Missbrauch zu tun hat, macht es beispielsweise vielen sozial arbeitenden und politisch bewussten Menschen schwer, über Rang- und Statusunterschiede nachzudenken, wenn es um die eigene Person geht. Weder mehr noch weniger Rang zu haben wird akzeptiert. Da wird gleich gemacht, was nicht gleich sein kann.
    In vielen sozialen Einrichtungen, Frauenzentren und Vereinen werden von Mitarbeiterinnen und Beschäftigten Rangunterschiede oftmals geleugnet. Das kann zu viel Leid in Arbeitsbeziehungen führen. Besonders qualifizierte Arbeit, aufreibende Leitungstätigkeit oder Zeit und Kräfte raubendes Ehrenamt finden dann keine offen ausgesprochene Anerkennung und Wertschätzung, die gerade diese Menschen brauchen, um nicht auszubrennen. Die Doppelsignale übernehmen dann den Ausdruck der verbotenen mit Rang verknüpften Gefühle und Empfindungen und stellen ihre verwirrenden Forderungen nach Anerkennung und Status.

Menschen brauchen Anerkennung und Wertschätzung
    Fallbeispiel
    In einer Beratungsstelle, in der viele Mitarbeiterinnen über Jahre hinweg qualitativ hohe Beratungs- und Aufklärungsarbeit geleistet hatten, gab es einen unausgesprochenen Konflikt zwischen der Begründerin der Stelle und der Frau, die sie in der Elternzeit vertreten hatte. Die engagierte Gründerin der Einrichtung – ich nenne sie hier Waltraud K. – arbeitete seit kurzem wieder und der alte Konflikt flammte auf. Sie machte ihrer Vertreterin den Vorwurf, dass diese ihr hohes Engagement, das sie auch noch während der Elternzeit gezeigt habe, nicht akzeptiert und als Einmischung erlebt habe. Äußerst kränkend und einem Rauswurf gleichgekommen sei für sie die Aufforderung gewesen, sich aus allen Geschäftsangelegenheiten herauszuhalten. Ihre

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