Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
Vom Netzwerk:
Behauptung haben Sie uns aber durch die Gründe geliefert, mit denen Sie Ihre Gattin verteidigten. Herr Gryce hat Ihre Aeußerungen damals niedergeschrieben, und ich möchte Sie Ihnen wieder ins Gedächtnis zurückrufen. Der Inspektor nahm ein Papier zur Hand und fuhr fort: Wie Sie sich erinnern, haben Sie Ihre Einwendungen gegen den Verdacht, daß Genofeva Gretorex schuldig sei, damit begründet, daß es nach Mildred Farleys Tod an Zeit gemangelt habe, um den nötigen Umtausch der Kleider zu bewerkstelligen. Ihre Worte lauteten etwa folgendermaßen:
    »Einen leblosen Körper zu entkleiden und ihm die eigenen Sachen Stück für Stück anzuziehen, dazu hatte die Zeit nicht hingereicht, wäre es selbst in Windeseile geschehen und ohne einen Moment des Zitterns und Zagens.
    Schon daß es ihr mit Hilfe der Schwester gelang, den Brautanzug so schnell anzulegen, ist wunderbar genug. Nie Frauen brauchen bei solcher Gelegenheit stets lange Zeit; auch war kein Zeichen von Uebereilung oder Mangel an Sorgfalt bei dem Anzug erkennbar.«
    Daraus folgt sonnenklar, ergänzte der Inspektor, daß der Tausch der Kleider überhaupt nicht stattfand. Die Braut, mit der Sie zur Trauung schritten, war dieselbe, die Sie gleich bei Ihrer Ankunft im Hause im Hochzeitsschmuck gesehen hatten. Scheint Ihnen diese Erklärung nicht die einzig vernünftige?
    Kameron konnte ihm nicht widersprechen. – Aber ich möchte Sie noch auf eine andere Tatsache aufmerksam machen, fuhr der Inspektor fort. Wieder führe ich Ihre eigenen Aussagen an:
    »Genofeva sagt, sie habe sich in ihrer Freundin, Klara Foote, getäuscht; sie will sie weder bei sich empfangen, noch von ihr sprechen«
    Eine seltsame Laune für Fräulein Gretorex, aber eine sehr natürliche Vorsicht für Mildred Farley. Weit eher durfte sie hoffen, die Adoptiveltern zu täuschen, mit denen sie ein immerhin etwas förmliches Verhältnis verband, als eine vertraute Jugendfreundin und Schulgefährtin, welche in alle ihre Herzensgeheimnisse eingeweiht sein mußte. –
    Dagegen ließ sich ebensowenig etwas einwenden –
    Ferner paßte die Empfänglichkeit für die Weltfreuden, die Ihre Gattin an den Tag legte, ganz und gar nichtfür die vornehme Dame, die an Luxus und gesellschaftliche Triumphe aller Art gewöhnt war. Hören Sie nur:
    »Sie hat eine Zeitlang in Washington größeres Vergnügen an Festen und Gesellschaften bekundet, als jemals, seit ich sie kenne. Wie hätte sie so von Lust und Heiterkeit übersprudeln können« –
    wenn sie Genofeva Gretorex gewesen wäre, füge ich hinzu, die in ihrer Liebe getäuscht und aller Lustbarkeiten und Aufregungen des Gesellschaftslebens herzlich müde war. –
    Im Geist sah der Doktor die strahlende Gestalt seines Weibes in jenen ersten Tagen ihres jungen Glücks; er schwieg und fragte sich, ob denn dies alles nicht ein Traum sei, aus dem er nächstens erwachen werde? –
    Noch eins bitte ich Sie zu erwägen, fuhr der unerbittliche Beamte fort; es hat auf Doktor Molesworth Bezug und scheint mir von großer Bedeutung. Auf die Frage, ob sie um seinetwillen keine Besorgnis verraten habe, erwiderten Sie:
    »Welche Frau hätte sich nicht geängstigt, wenn durch ihre Schuld ein unschuldiger Mann in eine verdächtige Lage geraten wäre, aus der sie ihn nicht wieder befreien kann, ohne ihre eigene Sicherheit zu gefährden?«
    Für das Weib, das ihn geliebt hat, wäre dies ein unnatürlich kühler Gemütszustand, der dagegen bei einer bloßen Bekannten wie Mildred Farley ganz begreiflich ist.
    Aber – wandte Kameron ein.
    Lassen Sie mich nur noch eine Ihrer Aeußerungen anführen, unterbrach ihn der Inspektor:
    »Seit Fräulein Gretorex meine Frau wurde, hat sie mir weder durch Worte noch Blicke die leiseste Veranlassung zur Eifersucht gegeben. Wenn in ihrem Innernnoch ein Funke der alten Leidenschaft glüht, so ist er mir unsichtbar geblieben.«
    Sie sehen wohl nun selbst, Herr Doktor, auf wie natürliche Weise Ihre Aussagen in uns den Argwohn geweckt und bestätigt haben, daß das Mädchen, über dessen Leiche die Totenschau gehalten wurde, Ihre eigentliche Braut war, während die, welche jetzt der Welt gegenüber Ihren Namen trägt, niemand anders ist, als deren Zwillingsschwester Mildred. Von dieser wissen wir aus Fräulein Gretorex' eigenen Aufzeichnungen, daß sie sich ebenso bereitwillig als fähig erwiesen hat, an ihre Stelle zu treten. – Glauben Sie trotz alledem noch, daß wir im Irrtum sind, so können Sie uns vielleicht durch ein Beispiel

Weitere Kostenlose Bücher