Hinter verschlossenen Türen
Blick auf seinen Gefährten.
Ich höre, daß Sie krank sind.
Ein grimmiges Lächeln flog über Molesworths Gesicht. Wie Sie sehen, habe ich einen Wärter, entgegnete er mit einem bedeutsamen Blick auf die stumme Gestalt im Winkel.
Teilnehmend fragte Kameron: Ist Aussicht vorhanden, daß Ihr Uebel bald gehoben sein wird?
Das läßt sich nicht bestimmen, erwiderte jener; noch fehlt es an der richtigen Diagnose.
Soll ich Ihnen ein Mittel verschreiben?
Ich danke.
Oder kann ich sonst etwas für Sie tun?
Nein – Sie nicht.
Er sprach es in sanftem Ton. Kameron betrachtete ihn mit aufrichtigem Anteil.
Mich freut, daß Sie sich doch leidlich wohl befinden, sagte er ernst, wir haben uns Sorge um Sie gemacht, meine Frau und ich.
Sehr freundlich von Ihrer Frau Gemahlin, erwiderte sein Kollege fast feierlich und sich tief verbeugend.
Kameron schritt der Türe zu.
Urteile ich recht, rief jener, ihm das Geleit gebend, sohat der Abend, der mich ins Verderben stürzte, Ihnen das schönste Lebensglück gebracht.
In Kamerons Augen leuchtete es hell auf. Ja, das ist wahr, erwiderte er.
Um Molesworths Lippen spielte ein Lächeln, das den andern seltsam berührte.
Ich wünsche Ihnen Glück, murmelte er. Dann schloß er leise die Tür zwischen ihnen.
Dreizehntes Kapitel.
Frau Doktor Kameron traf am selben Nachmittag mit ihrem Gatten in einem Kaffeehaus zusammen, von wo sie sich nach ihrer Wohnung begaben. Unterwegs erzählte er von seinem Besuch bei Molesworth; sie schien jedoch kaum darauf zu achten und war in heiterster Laune. Ihr anmutiges Geplauder ergötzte ihn so sehr, daß er alles andere darüber vergaß. Unter der Türe ihres eigenen Heims blieben sie stehen und blickten sich zärtlich an.
Wie schön ist es, zusammen heimzukommen, sagte er.
Es ist ein Himmel auf Erden, flüsterte sie beglückt.
Der Doktor hatte zwar noch einige Besuche machen wollen, ließ sich aber leicht bereden, seine Frau hinaufzubegleiten; es gab ja noch allerlei Bestimmungen für die neue Möblierung zu treffen. Das Haus war nicht groß, sollte aber von oben bis unten auf das Feinste und Behaglichste eingerichtet werden.
Kameron stand in dem hübschen Wohngemach am Kamin, während Genofeva ins Nebenzimmer gegangen war, um ihren Hut abzusetzen; da hörte er sie einen Ausruf der Ueberraschung ausstoßen und eilte ihr nach. Auf dem Bett lag ihre sämtliche Garderobe ausgebreitet.
Es ist nichts, erwiderte sie auf seine Frage, ich verstehe nur nicht, was die Ausstellung hier zu bedeuten hat.
Genofeva klingelte. Wer hat meine Kleider aus dem Schrank genommen? fragte sie das neue Zimmermädchen, das mit ängstlicher Miene eintrat.
Entschuldigen die gnädige Frau, stammelte jene verlegen, ich glaubte, Sie hätten es befohlen. Die Mamsell schien ihrer Sache so gewiß zu sein, sie beschrieb das Kleid, das sie ändern sollte, so genau, aber ich konnte es nicht finden.
Von wem redest du denn?
Nun, von der Schneidermamsell. Sie sagte, die gnädige Frau hatte jemand herbestellt, um das blauseidene Kleid kürzer zu machen; sie hatte alles Nähzeug mit und wollte die Aenderung gleich vornehmen. Na ich aber das blaue Kleid nicht finden konnte, ist sie wieder weggegangen.
Ich habe keine Bestellung bei einer Schneiderin gemacht; es war sehr unrecht von dir, meine Kleider herauszunehmen ohne ausdrücklichen Befehl. Ein wahres Wunder, daß die Mamsell nicht mit dem einen oder andern verschwunden ist auf Nimmerwiedersehen.
O nein, gnädige Frau, es war ein ganz anständiges Mädchen; sie sagte selbst, die Sache müsse auf einem Irrtum beruhen. Fragen Sie sie nur, so werden Sie's hören.
Hat sie denn ihren Namen genannt und gesagt, bei wem sie arbeitet? mischte sich hier Kameron in die Unterredung.
Nein, Herr Doktor, aber da sie von der Schneiderin kam, bei der die Kleider gemacht worden sind, so dachte ich, die gnädige Frau wüßte –
Woher weißt du das und wovon sprichst du nur? unterbrach sie ihre Herrin erzürnt.
Ich dachte mir's bloß, weil sie allerlei Proben und Zeugstückchen in der Hand hielt und sie mit den Kleidern verglich. Mich wunderte das freilich, denn sie hatte dochnur mit dem blauseidenen etwas zu tun und nicht mit den andern; auch tat sie es ganz verstohlen und glaubte, ich sähe es nicht.
Der Doktor war in das Wohnzimmer zurückgekehrt; seine Frau konnte die unwichtige Angelegenheit füglich allein abmachen. Er hatte nicht bemerkt, wie bleich sie plötzlich geworden war.
Du sagst, sie hatte Zeugproben, die zu meinen
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