Hinter verzauberten Fenstern
»Riesig, schneide die Torte an!« Sie lachten und aßen, bis die Elfen nicht mehr flattern konnten und Jakobus seine rote Jacke aufknöpfen musste.
»Wisst ihr übrigens schon das Neueste?«, fragte der kleine Erfinder, als sie alle mit vollen Bäuchen dasaßen und sich zufrieden anlächelten.
»Nein, was denn?«, fragte der Prinz. »Dein Vater, der König, hat gestern bei Riesig 20 Eimer Farbe abgeben lassen, damit wir die leeren Zimmer streichen können.«
»Das hat er nicht vergessen?«, sagte Harry erstaunt. Alle kicherten.
»Gibt es denn hier auch ganz leere Zimmer?«, fragte Julia erstaunt.
»Ja, leider.« Melissa seufzte. »Sogar ziemlich viele. Hinter den Fenstern 7, 8 und 9 hat mal ein Zauberer gewohnt. Aber der ist letztes Jahr verschwunden.«
»Er hat sich selber weggezaubert!«, sagten die Heinzelmänner im Chor und kicherten.
»Ja, und hinter 18, 19, 20 und 21«, sagte Jakobus, »da wohnten vor ein paar Jahren ein paar Verwandlungskünstler. Aber denen ist das Warten irgendwann einfach zu lang geworden.«
»Wisst ihr was?« Rosalinde wischte sich ein paar Krümel von ihrem geblümten Kleid. »Ich habe in letzter Zeit ein paar Mal gedacht, dass in dem Stockwerk unter uns doch jemand wohnt.«
»Wie meinst du denn das?«, fragten die Heinzelmänner erstaunt.
»Ich weiß auch nicht«, sagte die alte Elfe, »aber ich habe schon oft so komische Geräusche gehört. Und als ich einmal an der Haustür vorbeigeflogen bin, da ist sie aufgegangen! Jawohl, das habe ich gesehen!«
»Ach, Rosalinde«, kicherte Melissa. »Du siehst aber auch dauernd Gespenster. Wie sollte denn da unten jemand wohnen? Irgendjemand von uns müsste ihn doch schon mal gesehen haben.«
»Ich weiß, ich weiß!«, zwitscherte Rosalinde und krauste trotzig die Stirn. »Aber ich glaube trotzdem, dass da jemand ist!«
»Hör jetzt auf, Rosalinde«, sagte Melissa ärgerlich, »du machst unserem Gast sonst noch Angst.«
»Wie wär’s?«, fragte Prinz Harry Julia. »Hättest du Lust, uns morgen zu helfen, dieses unheimliche Stockwerk zu streichen?«
»Das geht aber nun wirklich nicht«, sagte Rosalinde empört, »sie ist schließlich unser Gast.«
»Ich würde sehr gerne helfen!«, sagte Julia. »Sehr, sehr gern sogar.«
»Schön!« Der Prinz grinste breit und zufrieden: »Dann treffen wir uns morgen Abend alle im siebten Zimmer.«
»Einverstanden!«, riefen die Heinzelmänner.
»Also, ich komme nicht!« Rosalinde schüttelte energisch den Kopf. »Nein! Da unten ist es mir zu unheimlich.«
»Rosalinde, du spinnst!«, sagte Melissa.
»Lass sie, Melissa«, sagte Jakobus, »wir sind doch auch so genug. Und wenn die Zimmer frisch gestrichen sind und wieder hell und freundlich aussehen, kommt Rosalinde bestimmt auch mit hinunter. Nicht wahr, Rosalinde?«
»Vielleicht!«, zwitscherte Rosalinde. »Aber nur, wenn ihr auch alle Spinnweben wegmacht!«
»Machen wir!«, riefen die Heinzelmänner im Chor.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Melissa und gähnte herzhaft. »Ich muss sagen, ich werde plötzlich furchtbar müde.«
»Wir wollen Julia noch etwas zum Abschied geben«, sagten die Heinzelmänner im Chor. Julia sah sie erwartungsvoll an. Der Dickste von ihnen, Bert, kletterte vom Sofa und kam zu ihr herübergetapst. Als er vor ihr stand, räusperte er sich verlegen und sah auf seine Füße. Dann sagte er: »Wir möchten dich zur Ehrenheinzelfrau ernennen!« Und damit zog er eine kleine, rote Mütze aus der Hosentasche, stellte sich auf die Zehen und setzte sie Julia auf den Kopf. Dann verbeugte er sich vor ihr und flitzte schnell zu seinen Brüdern zurück.
»Oh, danke schön«, stammelte Julia verlegen und wurde rot wie eine Kirsche. »Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll –«
»Du brauchst gar nichts zu sagen. Wir bedanken uns bei dir«, sagte Jakobus, »denn du hast durch deinen Besuch aus einem traurigen, alten Haus wieder ein fröhliches gemacht.«
»Stimmt!«, riefen alle.
Und Julia war das stolzeste und glücklichste Kind auf der ganzen Welt.
9. Kapitel
Julia saß an ihrem Tisch und malte. Einen hässlichen Prinzen mit einer Krone, auf einem schwarzen Pferd. Sie wollte es durch hohen Schnee stapfen lassen, aber irgendwie sah es nur so aus, als hätte das Pferd keine Füße.
»Verdammt«, murmelte sie und beschloss, erst mal mit dem Schloss des Königs weiterzumachen. Sie versuchte sich gerade daran zu erinnern, wie es aussah, als Olli reinkam.
»Was malst du denn da?«, fragte er und schielte über ihre Schulter.
»Einen
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