Hintergangen
denn dann ihre Tätigkeit?«
»Wir notieren Zahlen, aber nicht Identitäten. Ich habe Rosie alle Akten zum Schreddern gegeben. Da ist jetzt nichts mehr zu machen, fürchte ich.«
Tom war richtig enttäuscht. Lauras Schweigen über Danika, die Tatsache, dass Alina und Mirela beide verschwunden waren, Jessicas fehlende Bereitschaft, Laura zu informieren, und Hugos Drängen, die Unterlagen schreddern zu lassen, all das zusammen bestärkte ihn nur noch mehr in der Annahme, dass es sich um etwas Wichtiges handelte.
»Jessica, ich will, dass Sie sich alles, was wir diskutiert haben, durch den Kopf gehen lassen und Ihr Schweigegelübde noch einmal überdenken. Sie halten Ihr Wissen vielleicht für unbedeutend, aber ich glaube, da irren Sie sich. Zudem haben Sie mich noch nicht davon überzeugen können, dass Sie Sir Hugo nicht erpresst haben.«
»Gehe ich recht in der Annahme, Chief Inspector, dass die Beweislast bei Ihnen liegt?«
Am liebsten hätte Tom dieser Frau das selbstgefällige Lächeln aus dem Gesicht gewischt. Irgendetwas machte ihm aber schon die ganze Zeit zu schaffen – und da fiel es ihm ein: Lauras überraschte Reaktion auf die zwanzigtausend Pfund, die Hugo abgehoben hatte. Sie hatte offensichtlich mit so etwas gerechnet – wenn auch nicht mit dieser Summe. Auf Jessica entfiel allerdings weniger als die Hälfte – wofür war also der Rest gewesen, und was wusste Laura darüber?
»Sie haben erwähnt, dass Sir Hugo ein sehr großzügiger Mensch war. Das sehen wir ja an der Art, wie er Sie behandelt hat. Sagen Sie mir also, Jessica, hat Ihr Geheimnis vielleicht irgendetwas damit zu tun, dass er auch anderen Leuten regelmäßig Geld gegeben hat? Leuten, die ihn vielleicht erpresst haben?«
Jessica kniff den Mund zusammen, ein klares Zeichen ihrer Weigerung zu sprechen. Das überraschte Aufflackern in ihrem Blick war Tom jedoch nicht entgangen.
T om vertagte das weitere Verhör mit Jessica, um den DCS aufzusuchen. Nach kurzem Klopfen an die Tür seines Chefs steckte er den Kopf zur Tür herein. James Sinclair war am Telefon, doch als er Tom sah, winkte er ihn herein, verabschiedete sich von seinem Gesprächspartner und legte auf.
»James, hätten Sie vielleicht kurz mal Zeit für mich?«
»Sicher, einen Bericht könnte ich ohnehin gebrauchen. Was haben wir denn?«
Tom zog sich einen Stuhl herüber und setzte sich. Für ihn ging nichts über eine fundierte Detaildiskussion mit einem so erfahrenen Mann wie seinem Chef.
Tom informierte ihn über Jessicas unergiebig verlaufene Vernehmung.
»Glauben Sie denn, sie hat ihn erpresst?«, wollte Sinclair wissen.
»Wenn es so einfach wäre … aber nein, das glaube ich nicht. Sie himmelte ihn an, und normalerweise vermacht man seiner Erpresserin ja keinen Haufen Geld, selbst wenn es ihr Schweigen erkauft. Es deutet scheinbar alles auf die Allium-Mädchen hin.«
Tom stellte die Beine nebeneinander, beugte sich vorwärts und stützte sich mit den Unterarmen auf den Schreibtisch.
»Ich bleibe da aber dran. Wenn ich Näheres weiß, melde ich mich.«
Tom wusste, dass Sinclair ihm seine volle Aufmerksamkeit widmete, obwohl es so aussah, als würde er einfach nur so auf seinem Schreibtischstuhl hin- und herschwingen.
»Was ich aber vor allem diskutieren wollte … es geht um das Gespräch mit Annabel. Schauen Sie sich mal diese Fotos hier an.«
Tom legte das erste Bild auf den Tisch. Der DCS hörte auf zu schwingen und stellte seinen Stuhl mit einem dumpfen Knall aufrecht hin. Er schob die Lesebrille vom Kopf auf die Nase und betrachtete das Foto, das Tom vor ihn hingelegt hatte.
»Wer ist das denn? Hm, sie ist eine sehr attraktive Frau.«
»Besser gesagt, sie war . Es handelt sich um Hugos Mutter, Lady Daphne Fletcher.«
Wortlos legte Tom das zweite Bild hin, das Sinclair erst anschaute, bevor er zu Tom aufsah. Sein Tonfall war ernst und ziemlich traurig.
»Wann wurde das aufgenommen?«
»Vor etwa zehn Jahren, lange bevor sie krank geworden ist.«
»Das ist ja unheimlich. Nach allem, was wir sonst noch wissen, insbesondere das, was Annabel uns gesagt hat, wird einem da schon ein bisschen übel.«
»Stimmt. Dazu muss man wissen, dass Laura nie ein Foto von ihrer Schwiegermutter gesehen hat. Sie hat gesagt, Hugo habe zwar einige gehabt, sie aber unter Verschluss gehalten. Sie habe nicht danach gesucht, weil er sie gebeten habe es nicht zu tun. Sie kann das hier gar nicht wissen.«
Sinclair schüttelte betrübt den Kopf.
»Die Arme. Aber das
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