Hintergangen
ich, dass Sie sich die Eurostar-Listen in die andere Richtung ansehen. Wir wissen, dass eine gewisse Imogen Dubois den Eurostar von London nach Paris genommen hat und gerade noch genug Zeit hatte, den Flieger zu erreichen. Aber dazu hat sie erst mal nach London kommen müssen. Schauen Sie mal, ob sie mit dem Eurostar über Nacht hätte reisen können oder gleich morgens in aller Frühe. Wenn nicht, müssen wir die Flüge noch mal überprüfen.«
Tom war aus der Tür und auf dem Weg zu seinem Wagen. Becky schrie ihm immer noch ins Ohr, völlig aufgeregt, dass jetzt anscheinend endlich etwas passierte.
»Was? Verzeihung, das habe ich nicht verstanden … ja, das ist gut möglich. Ich möchte wetten, dass die auch einen kanadischen Pass hat. Nein, zum Motiv habe ich keine Ahnung, aber eins nach dem anderen. Wir sehen uns in einer Stunde.«
27. Kapitel
I mogen freute sich, dass Laura so viel besser aussah. Sie war wieder bequem in Jeans und Pullover gekleidet, die Verspannung schien aus ihren Schultern gewichen, und sie wirkte weniger verkrampft. Außer, wenn es am Tor läutete. Dann zuckte sie jedes Mal zusammen, als erwartete sie weitere schlimme Nachrichten. Vielleicht dachte sie, es sei wieder die Polizei. Drei Tage waren vergangen, seit Tom Douglas da gewesen war, und Imogen war sich sicher, es bedeutete, dass er eine aktive Ermittlungsspur verfolgte, obwohl Becky sich zu diesem Thema ausgeschwiegen hatte.
Vielleicht hatte Lauras Besserung teilweise mit ihrer Entdeckung zu tun, dass Hugo ihr persönliches Geld tatsächlich übersehen hatte. Nun würde sie nichts mehr davon abhalten, einige der Veränderungen am Haus vorzunehmen, die sie seit Jahren geplant hatte. Sie hatte bereits ein paar Gärtner mit dem Zurückschneiden von Bäumen und Hecken beauftragt – sowohl das Haus wie auch Laura sahen bedeutend fröhlicher aus. Selbst das ausgestopfte Wiesel war über Nacht wundersamerweise verschwunden, wenngleich für das Abmontieren der anderen toten Tiere ein kräftiger Mann mit großem Schraubenzieher nötig war.
Alexa hatte den gestrigen Tag mit ihnen verbracht, und Imogen hatte gestaunt und sich gefreut über die Liebe und Zuneigung, die Laura dem Mädchen entgegenbrachte. Trotz ihrer zwölf Jahre wirkte Alexa in vieler Hinsicht bedeutend jünger. Sie war sehr zierlich und besaß offenbar keines der frühen Zeichen von Reife, die Imogen erwartet hätte. Stundenlang hatte Laura die geplanten Veränderungen durchgesprochen, und die Ideen lenkten Alexa offenbar vom Tod ihres geliebten Vaters ab.
Imogen beschloss, sich wieder an die Lektüre von Lauras Briefen zu machen, was nicht einfach war. Das Schicksal ihrer Freundin war nur schwer zu ertragen, und sie spürte das Gewicht schwer auf ihren Schultern lasten. Sie verstand jetzt, weshalb Laura ihr nicht alles erzählt hatte. So vieles blieb allerdings immer noch unerklärt.
Juni 2005
Meine liebe Imo,
dies ist das wirre Gefasel einer Verrückten!
So komme ich mir nämlich vor. Ich habe achtzehn Monate als Wahnsinnige verlebt, und alle sehen mich so.
Jeder Tag fängt gleich an. Das Pflegepersonal arbeitet hart und ist dabei immer fröhlich. Jeden Morgen kommen sie in mein Zimmer getanzt – das übrigens sehr hübsch eingerichtet ist –, auf den Lippen ein munteres »Guten Morgen! Wie geht’s uns denn heute?«.
Das Frühstück wird auf dem Zimmer serviert – und ich habe mir angewöhnt, immer dasselbe zu nehmen. Vielleicht halten sie das ja auch für ein Zeichen von Wahnsinn. Heißt das, ich fühle mich sicherer, wenn ich keine Entscheidungen treffe? Das ist es aber gar nicht. Die haben hier einfach sehr gute Köche, und die Rühreier sind einsame Spitze!
Das Pflegeheim ist sehr exklusiv. Ein Ort, an dem steinreiche Leute ihre geisteskranken Angehörigen verstecken. Es lässt sich wohl nicht vorhersagen, wie viele extrem wohlhabende Leute jeweils krank sein werden – und vermutlich ist man hier deshalb in solche Schwierigkeiten geraten. Ich nehme an, dass Hugo ihnen beträchtliche Mittel zur Verfügung stellt. Alles, nur um mich ruhigzustellen.
Jeden Tag muss ich zu einer Einzeluntersuchung, bei der überprüft wird, ob ich immer noch verrückt bin, außerdem soll ich immer wieder an Gruppensitzungen teilnehmen. Und dann die Kurse. Beschäftigungstherapie nennen sie es. Im Blumenarrangieren bin ich inzwischen recht gut, und der Yogakurs ist ausgezeichnet – obwohl die Meditationssitzungen bei gestörteren Patienten nicht so gut ankommen. Zu
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