Hintergangen
Ihre Exfrau am Vormittag des Mordes in London aufgehalten hat. Wenn Sie jetzt nichts dagegen haben, würde ich gern mit Ihrer Schwester sprechen.«
»Ich bleibe hier bei ihr«, erwiderte Will. »Sie braucht bestimmt meine Unterstützung.«
Laura war sichtlich mitgenommen, wie Tom bemerkte, obwohl er nicht recht wusste, welcher Teil des Gesprächs sie so erschüttert hatte.
»Will, Tom und ich verstehen uns gut. Ich weiß, du willst nur mein Bestes, aber bitte geh zu Mum. Sie wird sich freuen, dich zu sehen, und jemand muss ihr ja Bescheid sagen wegen Imo. Bitte, Will!«
Offensichtlich unzufrieden, gab er schließlich nach und trollte sich. Laura deutete an, ins Wohnzimmer umziehen zu wollen, und Tom wartete ab, bis sie sich gesetzt hatten, bevor er weitersprach.
»Danke, Laura. Ich muss Ihnen da einige Fragen stellen, und manche sind recht delikat.«
Er bemerkte ihre Unruhe, musste sie aber dazu bringen, dass sie sich entspannte, wenn er etwas aus ihr herausbringen wollte.
»Wie geht es Ihnen denn inzwischen, Laura? Ich sehe, Sie haben hier einiges verändert – definitiv zum Besseren.«
Dabei hoffte Tom, dass sie seine Bemerkung auf die Veränderungen in Haus und Garten bezog, obwohl ihm durchaus auch Verbesserungen an Laura selbst auffielen. Heute hatte sie etwas Farbe im Gesicht und wieder einen freundlichen, diesmal petrolfarbenen Pullover ausgewählt, der ihr so viel besser stand als der blassbeige bei ihrer ersten Begegnung. Kaum zu glauben, dass es sich um die gleiche Person handelte, der er vor ein paar Tagen zum ersten Mal begegnet war. Sie schien auch mehr Selbstvertrauen zu haben.
Dass Imogen zur Vernehmung musste, hatte sie aber sehr aufgeregt, und trotz ihrer Zusicherungen an ihren Bruder merkte Tom, dass sie ihm heute nicht besonders gewogen war.
»Vergessen wir erst mal den Garten, und verraten Sie mir, was Sie gefunden haben, das Imogen mit dem Mord an Hugo in Verbindung bringt!«
»Tut mir leid, aber Details kann ich momentan nicht preisgeben. Ich verspreche aber, es Ihnen so bald wie möglich zu erklären.«
Tom war klar, dass sich Laura damit nicht zufriedengeben würde, und beschloss, jetzt besser zu einem anderen Thema überzugehen.
»Ich weiß, es ist schwierig – aber könnten Sie mir vielleicht ein wenig über Ihre Krankheiten erzählen? Ich hatte Sie letztens danach gefragt, aber dann kam ja etwas dazwischen. Ihnen mag es nicht relevant erscheinen, aber ich versuche mir eben ein Bild zu machen. Ist das in Ordnung?«
Lauras Stimme hatte nicht mehr diese Schärfe wie zuvor, klang aber angespannt.
»Als ich das erste Mal eingeliefert wurde – ein schreckliches Wort, ich weiß –, hat man eine schwere Depression diagnostiziert. Hannah, das ist Alexas Kindermädchen, und Hugo hatten mich in einem abgelegenen Teil des Hauses, auf dem Fußboden kauernd, aufgefunden. Ich muss mehrere Tage in dem Raum gewesen sein.«
»Wissen Sie, wie das passiert ist? Hatte es einen konkreten Vorfall gegeben?«
»Nach dem, was ich über klinische Depressionen weiß, kann die Krankheit jederzeit und ohne besonderen Auslöser auftreten.«
Wohl wissend, dass das keine Antwort war und auch nicht als solche gedacht war, hakte Tom weiter nach.
»Waren Sie in dem Raum, in dem man Sie gefunden hat, eingesperrt?«, fragte er sanft.
»Offenbar ließ sich die Tür von innen öffnen, also eher nicht.«
Sie schaffte es sehr geschickt, nicht zu lügen, die Frage aber auch nicht zu beantworten. Er musste sie dazu bringen, ihn anzuschauen. Seit der Frage nach Imogen hatte sich ihr Blick an allem Möglichen festgemacht außer an ihm. Ihm war zwar klar, dass es ein schwieriges Thema war, doch hatte er bereits zu viel Zeit vergeudet.
»Laura, wir kennen uns noch nicht lange, aber ich glaube, wir haben gegenseitig Respekt voreinander, und es gibt da etwas, was Sie mir verschweigen. Die Exfrau Ihres Mannes ist momentan ziemlich in Panik wegen einiger Informationen, die sie mir gegeben hat. Das Testament hat den wahren Hugo offenbart, und ich kann daraus nur schließen, dass es an ihm Seiten gegeben hat, die nicht ganz seinem öffentlichen Image entsprochen haben. Außerdem hat Becky Sie über Rohypnol reden gehört. Das alles ergibt für mich ein Bild, und ich hätte wirklich gern, dass Sie es mir erklären.«
Da schaute sie ihn endlich an, und der Schmerz, der sich in ihren Augen widerspiegelte, war unübersehbar. Als sie schwer schluckte, wusste er, dass er einen Nerv getroffen hatte. Es versetzte ihm
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