Hintergangen
die das Kind momentan brauchte.
Sie hatten sich tränenreich voneinander verabschiedet, mit vielen Umarmungen und Küssen, und Laura hatte Alexa versprochen, sie jeden Tag anzurufen und etwas mit ihrer Mutter zu vereinbaren, damit sie sich bald wiedersehen konnten. Obwohl sie bloß Alexas Stiefmutter war, wusste Laura, dass es Annabel nicht schwerfallen würde, ihr das Kind zu überlassen. Hauptsache, sie hatte dann Zeit für Shopping, Beauty-Behandlungen und andere Hobbys. Falls Annabels Sorgen in Bezug auf Hugos beabsichtigte Testamentsänderungen gerechtfertigt waren, würde sie auf einige ihrer Aktivitäten in Zukunft verzichten müssen.
Nicht, dass Laura sich auch nur im Geringsten darum scherte, was er mit seinen Reichtümern geplant hatte. Sie hatte viel wichtigere Sorgen als Hugos Testament und dank vorsichtiger Investitionen nun auch ihr eigenes Geld. Obwohl es nicht entfernt mit Hugos immensem Reichtum zu vergleichen war, reichte es doch sicher, um ein ordentliches Haus zu kaufen.
Vorab musste sie aber einige praktische Angelegenheiten regeln. Alle Anwesenden brauchten einen Schlafplatz. Gestern hatte Imogen auf dem Sofa übernachtet, während sie selbst die Nacht in einem Sessel verbracht hatte – vor allem damit, ausdruckslos vor sich hin zu starren. Laura beschloss, Mrs Bennett, ihre Haushälterin, herzubestellen, damit sie wie üblich das Cottage für ihre Mutter herrichtete.
Sie war sich auch darüber klar, dass Imogen nicht im Traum daran dächte, im Cottage zu nächtigen, weil es für sie die schlimmsten Erinnerungen barg. Sie konnte ein Zimmer im Haus haben, Hugo war schließlich nicht mehr da, um dagegen Einspruch zu erheben.
Die Polizei hatte Hugos Zimmer bereits akribisch durchkämmt, offenbar auf der Suche nach irgendwelchen Hinweisen auf seine »andere Frau«, war jedoch nicht fündig geworden. Dabei war Tom durchaus nicht entgangen, dass Laura diesen Raum nicht mit ihm geteilt hatte. Sie hatte ziemlich lahm erklärt, seit ihrer Erkrankung von dort ausgezogen zu sein.
»Hugo hatte sich daran gewöhnt, allein zu schlafen, und ich habe natürlich oft unruhig wach gelegen – es war so am besten.« Tom hatte bloß genickt, in seinem Blick hatten jedoch Mitgefühl und ein Hauch von Verständnis gelegen – Gefühle, die sie lieber nicht gesehen hätte.
Mit einem Seufzer lehnte sie sich im Sessel zurück. Ein Augenblick Ruhe war jetzt genau das, was sie brauchte. Sie konnte allerdings nicht verhindern, dass ihre Gedanken abschweiften. Sie dachte an die Tage vor ihrer Hochzeit, als sie hätte merken müssen, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie hatte den nächsten Brief oft genug gelesen, um zu wissen, dass auch ein Narr erkennen konnte, wie gutgläubig, wie naiv sie gewesen war. Laura wusste nicht, ob sie Imogens Gesichtsausdruck ertragen würde, wenn diese es ebenfalls erkannte. Die eigene Scham war schon schwer genug zu ertragen, aber wenn andere davon Zeuge wurden, wurde sie unerträglich.
Trotzdem musste Imogen die ganze Geschichte erfahren. Sie musste sämtliche Briefe lesen.
14. Kapitel
August 1998 – nur noch zwei Wochen!
Liebe Imogen,
es ist schon ewig her, seit ich dir geschrieben habe.
In den letzten paar Monaten war ich fürchterlich beschäftigt, weil mir plötzlich klar geworden ist, wie viel ich lernen muss! Als wir schließlich »an die Öffentlichkeit« getreten sind, ist Hugo ein paarmal mit mir einkaufen gegangen. Das war eine Erfahrung, kann ich dir sagen, und sie hat meine Befürchtungen bezüglich meinem schlechten Klamottengeschmack schmerzlich bestätigt.
Hugo war aber wirklich nett, hat mich die Farben und Muster aussuchen lassen, die mir gefallen haben, und mit den Frauen gesprochen, die daraufhin in ihre Lager geeilt und mit etwas Ähnlichem, aber Geschmackvollerem zurückgekommen sind.
Jetzt habe ich eine sagenhafte Garderobe. Die paar peinlichen Gefühle waren es also durchaus wert.
Mit Hugo in der Öffentlichkeit auszugehen ist gleichermaßen faszinierend. Er kennt wirklich viele wichtige und berühmte Leute – von Schauspielern bis zu Politikern, einfach alle (er ist sogar mit dem Premierminister per Du!). Es war aufregend und aufreibend zugleich, diese Leute bei eleganten Charity-Dinners kennenzulernen. Da gibt es so viele Benimmregeln zu beachten – wie spricht man zum Beispiel bestimmte Mitglieder der königlichen Familie an? Bei mehr als einer Gelegenheit hat Hugo mir helfen müssen. Jedenfalls ist das alles höchst aufschlussreich, und
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