Hinterhalt am Schwarzen Fels
das nicht noch mal,
Leibwächter. Sonst geht’s an die Birne. Ich werde dafür sorgen, dass ihr eine
Anzeige kriegt. Hohltauben gibt es kaum noch. Der Bestand ist stark gefährdet.
Das weiß inzwischen jeder Trottel. Die Tyto alba wird ganzjährig geschont.
Nicht bejagt. Aber ihr Idioten ballert hier rum wie die ersten Menschen.«
»Widerwärtig!«, rief Gaby.
»Wenn dieser Blödmann nichts begreift«, wandte sie sich an Landres und meinte
Hendrik, »dann müssen Sie ihn stoppen. Stattdessen unterstützen Sie ihn noch.«
Landres war langsam
aufgestanden — mit einem Gesicht voller Wut. Er klopfte seine Jeans ab. Der
Blouson rutschte hoch und gab den Blick frei auf die Pistole, die er am Gürtel
trug. Landres hatte die strichdünnen Lippen zusammengekniffen. Ein Blick aus
dem Augenwinkel traf Tim.
Hendrik lag noch im Gras. Die
linke Backe schwoll an.
»Ich sag’s meinem Vater«,
keuchte er. »Der kauft die ganze verdammte Schule. Und dann schmeißen wir dich
raus.«
Tim starrte ihn an und wusste
nicht, ob er lachen sollte oder sich ärgern. Dummheit, dachte er, ist nicht nur
gefährlich. Dummheit kann auch entwaffnen.
Er drehte sich um zu seinen
Freunden. »Macht euch auf was gefasst. Wir kriegen eine neue Schulleitung. Der
Armleuchter wird Direktor, der Bodyguard Hausmeister — und dreimal täglich ist
Fast-Food auf dem Teller. Gute Nacht!«
Niemand lachte. Gaby war
wütend, Rebecca verstört. Karl und Klößchen blickten misstrauisch auf den
Millionärssohn und seinen Leibwächter.
Tim hörte Stimmen auf dem
Waldweg hinter den Büschen. Dann betraten Leo und Hakennase die Szene. Leo
bewegte die Schultern wie ein geübter Straßenschläger und seine Miene war
finster. Hakennase hatte plötzlich etwas an sich, das an eine Schlange
erinnerte — etwa an eine Kobra.
»Was iss’n hier los?«, kaute
Leo durch die Zähne.
»Dieser tollwütige Kerl«,
Landres wies auf Tim, »hat uns angegriffen. Wir haben eine tote Taube gefunden.
Sie ist seit mindestens drei Tagen tot. Stinkt schon. Wir wollten sie
einbuddeln. Hendrik hat mit der Luftpistole einen Salut ( Ehrengruß )
geschossen. Zu mehr sind wir nicht gekommen, denn Peter Carsten hat uns
angefallen wie ein Wahnsinniger. Mich hat er zu Boden getreten — und Hendrik
niedergeschlagen. Und jetzt droht er uns mit Anzeige.«
Ich glaub’s nicht!, dachte Tim.
Für einen kurzen Moment fühlte er sich wie mit dem Steinbeil frisiert. Dann
wurde ihm blitzartig klar: eine Falle. Sie haben uns eine Falle gestellt. Und
ich will meine Turnschuhe fressen — die alten wenn die beiden Nachbarn nicht
auch dazugehören zu den Fallenstellern.
»Habe ich mich also nicht
getäuscht.« Langsam ging Leo auf Tim zu. »Ich fand dich gleich zum Kotzen, du
Scheißer. Und weißt du, warum?«
»Liegt doch auf der Hand, Leo.
Meine Tennissocken gefallen Ihnen nicht. Obwohl sie grau sind und nicht weiß.«
»Weil du wie der Typ aussiehst,
der meiner kleinen Schwester was angetan hat, als sie sieben war. So siehst du
aus und so einer bist du auch.«
»Ich wette mein Taschengeld vom
nächsten Jahr darauf, Leo, dass Sie keine kleine Schwester haben. So dämlich
können Eltern gar nicht sein, dass sie ein solches Risiko eingehen, wenn sie
von der Natur schon mal gestraft wurden mit einem Sohnemann wie Ihnen.«
Leo erwiderte nichts. Er griff
Tim an mit der Kraft eines Büffels.
»Tim, pass auf!«, rief Gaby
entsetzt. »Der andere ist hinter dir.«
11. Der
Schlupfwinkel
Das ehemalige Bauernhaus lag am
Rande des Naturschutzgebietes, in einer Bodensenke, vier Kilometer entfernt vom
nächsten Dorf. Ein schmuckloses Gebäude, Stallungen, die verfielen, das Umland
blieb der Natur überlassen. Es gab schon lange kein Vieh mehr. Der letzte
Eigentümer, ein Landwirt namens Maximilian Unterströter, hatte seinen Hof
verkauft — vor drei Jahren — und war in die Millionenstadt gezogen, wo er
ziemlich bald von einem Linienbus angefahren wurde, als er betrunken vom
Gehsteig torkelte — und an den Verletzungen starb. Den Hof hatte er aus
Altersgründen verkauft und weil keins seiner fünf Kinder Bock hatte auf
Landwirt. Ein Sohn war tätig in der Computerbranche, der andere als
Autoverkäufer, die jüngste Tochter arbeitete im Krankenhaus und außerdem als
Altenpflegerin, die Zwillingsschwestern hatten ins Ausland geheiratet, nach
Norwegen und Portugal. Der Bauernhof war also zu haben für ‘nen Appel und ‘n
Ei; und ausgerechnet ein Engländer kaufte ihn. Weil er ab- und
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