Hinterhalt
Die andere Seitenwand teilte sich die Bank mit einem Buchladen. Blieb nur die Rückseite.
Wyatt ging weiter. Die Seitenwand erstreckte sich über fünfundzwanzig Meter und führte zu einem winzigen Parkplatz. Auf einem Schild stand ›Bitte zu jeder Tages- und Nachtzeit freihalten‹. An der Rückseite des Bankgebäudes befanden sich eine Stahltür und weit oben im Mauerwerk ein kleines, vergittertes Fenster.
Wyatt hörte eine Klospülung und wusste sofort, dass rund um die Uhr ein Wachdienst vor Ort war.
Er schlenderte über den kleinen Parkplatz und las dabei die Sportseite. Minimum waren drei Leute. Er selbst, zwei weitere und am besten noch ein vierter Mann als Fahrer. Auch wenn er bisher mit Fahrern schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Sie wurden nervös und landeten an der nächsten Straßenlaterne, tauchten mit schrottreifen Fahrzeugen auf oder kamen erst gar nicht. Würde es gelingen, ein einigermaßen verlässliches Fahrzeug zu organisieren, könnte man das auf dem Hinterhof abstellen und das Geld über die Hintertür hinausschaffen.
Wyatt ging denselben Weg zurück, den er gekommen war. Er kniete sich einen Moment hin, um seinen Schnürsenkel zu prüfen. In einer Ecke des Parkplatzes standen zwei Mülltonnen und einige leere Kartons. Ansonsten gab es nur noch einen Abstellplatz vor einer kleinen Mauer, auf die mit weißer Farbe ›Geschäftsleitung‹ gepinselt war.
Wyatt wusste, wie man die Sache in den Griff bekam.
DREIUNDZWANZIG
Wyatt fuhr zurück nach Brisbane und rief Anna Reid an. »Wir treffen uns in einer Stunde vor der Queensland Gallery.«
»Vielleicht habe ich andere Pläne«, sagte sie arrogant. »Eine Verabredung am Nachmittag zum Beispiel.«
Sie hatte mitunter eine Art, mit anderen umzugehen, die er nicht verstand. »Entweder du bist verabredet oder nicht. Was ist nun?«
Ihr Tonfall veränderte sich, sie klang plötzlich alt und müde. »Vergiss es. Eine dumme Angewohnheit, für die ich längst zu alt bin. Aber versuch es das nächste Mal mit einer Bitte statt mit einem Befehl.«
Es war ihm ein Rätsel. Sie planten eine gemeinsame Sache und nichts an ihrer Beziehung war alltäglich. Er war solche Spielchen nicht gewöhnt und erst recht nicht Doppelzüngigkeit. Er versuchte es noch einmal. »Ich muss dich sehen, um mit dir über den Job zu sprechen, aber ich möchte dich auch sehen.«
Sie lachte. »Okay, schon in Ordnung. Wir treffen uns um drei.«
Eine Stunde Zeit totschlagen. Wyatt spazierte über die Victoria Bridge und blieb einen Moment stehen und blickte aufs Wasser hinunter. Ein Raddampfer voll mit Leuten, ihre Kameras auf die Stadt gerichtet, hielt auf die Brücke zu. Ein Mann schien die Brücke filmen zu wollen. Wyatt wich zurück und setzte seinen Weg Richtung Galerie fort. Im Foyer der Galerie setzte er sich auf eine Ledercouch und lauschte drei Musikern, die die Saiten zweier Geigen und eines Cellos quälten. Dann erhob er sich und betrat die Ausstellungsräume. Den riesigen Wal, der an Stahlseilen von der Decke hing, bemerkte er kaum. Ebenso wenig die Walgesänge, die aus einem Lautsprecher drangen. In seinem Kopf entwickelte sich die Geschichte des Überfalls auf die TrustBank. Die Objekte, die ihn umgaben, waren so flüchtig wie ein Werbespot im Fernsehen.
Die Frau, die wenig später auf dem Rasen vor der Galerie auf ihn zukam, sah aus, wie man eben an einem heißen Sonntagnachmittag aussieht. Wyatt wollte gerade aufstehen, als sie ihn ansprach.
»Hey, ich bin’s!«
Bisher hatte er Anna Reid entweder unbekleidet oder in teurer Garderobe gesehen. Heute jedoch trug sie Shorts, Sandalen, ein ärmelloses T-Shirt und eine Sonnenbrille. Sie wirkte zerbrechlich und wie eine Touristin. Sie setzte sich neben ihn und zog die Beine an. Ihre glatte Haut reflektierte das Sonnenlicht und hatte die Farbe von hellem Tee. Gern hätte sich Wyatt mit ihr am Ufer des Flusses niedergelassen wie ein normales Liebespaar; und wieder spürte er die Kluft zwischen einem normalen Leben und dem Leben, für das er sich entschieden hatte.
Sie versetzte ihm einen kleinen Stoß und er fiel nach hinten auf den Rücken. Auf den Ellbogen gestützt, beugte sie sich über ihn. »Warst du dort?«
Er nickte.
»Hast du eine Idee?«
»Ich möchte, dass du etwas herausfindest. Erstens, die Privatadresse des Filialleiters. Zweitens, der Tresorraum wird sehr wahrscheinlich mit Zeitschlössern gesichert. Ich muss das Zeitintervall wissen.«
Einige Kunststudenten hatten sich neben sie auf den Rasen
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