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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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irrsinniger, herrschsüchtiger Eifersucht aus. Allmählich kommt mir Carmine ein bisschen vor wie mein lieber alter Vater.
    Deshalb liebst du Sofia, du Hornochse. Du willst deine eigene Mutter beschützen.
    Das ist wohl kaum eine neue Erkenntnis. Jeder, der ein paar Folgen In Therapy gesehen hat, würde draufkommen. Simon Moriarty hat mir diesen Psycho-Pfeil schon vor Monaten ins Hirn gebohrt. Trotzdem bin ich noch baff, wie genau er ins Schwarze trifft.
    Vielleicht zögerst du deshalb, mit ihr in die Kiste zu springen.
    Das ist der Nachteil, wenn man sich in Therapie begibt: Danach läuft alles auf im Hinterhof verscharrte Väter und Beischlaf mit Müttern hinaus.
    Ich gebe Ihnen einen kleinen Tipp: Wenn Sie jemals zu einer Therapie geschickt werden, bekennen Sie sich gleich am Ende der zweiten Sitzung zu Ihrem Ödipuskomplex, dann bekommen Sie sechs Monate erlassen.
    »Er blieb immer länger weg. Kam mit Tätowierungen nach Hause, stank nach anderen Frauen. Oft rief er an, um sich zu vergewissern, dass ich zu Hause war, um mir zu sagen, dass ich Essen machen sollte, kam dann aber erst drei Wochen später. Und wenn dann sein Essen nicht auf dem Tisch stand, ging er hoch. Das war schrecklich, Dan, entsetzlich. Ich war ein einziges Wrack.«
    Du bist immer noch ein Wrack , finde ich, aber es gibt keine nette Art, das zu sagen, also behalte ich es für mich.
    »Einmal hatten wir Weihnachten einen Riesenstreit wegen des Truthahns. Zu trocken oder nicht trocken genug, ich weiß es nicht mehr. Er hat mich mit dem Pfannenwender geschlagen, Dan, einem verdammten Pfannenwender. Also habe ich das Fleischthermometer genommen und ihm gesagt, wenn er mich noch einmal anrührt, ist er ein toter Mann. Und ich hab’s ernst gemeint, so wahr mir Gott helfe, Carmine hat Killerinstinkte in mir geweckt, aber ich habe ihn geliebt.«
    Mit Killerinstinkten kenne ich mich aus. Meine Mutter hatte nie eine Chance, meinen Vater zu töten. Vielleicht hätte ich es eines Tages für sie getan.
    »Also ist er gegangen. Er ist einfach weg. Monatelang hat er mich angerufen und verlangt, dass ich ihm Essen auf den Tisch stelle. Aber er ist nie mehr gekommen, nur jahrelang angerufen hat er. Das Arschloch. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, zucke ich zusammen. Ich habe immer einen Teller Salat im Kühlschrank, nur für alle Fälle, man weiß ja nie.«
    Arschloch. Ja, das ist die richtige Bezeichnung.
    »Ich habe alle Fotos verbrannt, Dan. Jedes einzelne, das ich finden konnte, aber ich sehe sein Gesicht immer noch überall, jede Minute jedes einzelnen Tages.«
    Sofia weint eine Weile, und ich habe gute Lust mitzuweinen, vielleicht hat das was Erlösendes, aber ich denke, Sofia braucht einen starken Fels in der Brandung, also tätschele ich ihre Schulter und verziehe keine Miene.
    »So ein Arschloch«, sage ich mitfühlend. »So ein Riesenarsch.«
    Aber insgeheim frage ich mich, was für ein Salat das sein mag, und ich hasse mich dafür und bete, dass mein Magen nicht laut knurrt. Könnte peinlich sein.
    Sofia weint bestimmt eine Stunde lang, presst sich mit ihrer zierlichen Statur an mich wie ein verletztes Tier, und ich weiß, dass wir an einem Wendepunkt angelangt sind.
    »Ich werde meine Medikamente weiternehmen«, sagt sie endlich, die Worte brechen stoßweise aus ihr heraus. »Ich will wieder ein Leben haben, Dan. Ich will mit dir ausgehen, ins Restaurant oder so. Vielleicht ins Kino.«
    Ich würde ihr gerne über die Haare streicheln, aber mein Arm ist taub, weil Sofias Kopf draufgelegen hat. »Baby, das würde ich auch gerne. Ehrlich. Sehr gerne sogar.«
    Und es stimmt. Ganz ehrlich. Ein Kino mit Doppelsitzen, wie toll wäre das? Jason hat mir erzählt, man kann sogar die Rückenlehne verstellen. Ich habe noch nie einen Imax-Film gesehen, weil es mir maßlos vorkäme, alleine staunen zu wollen, doch jetzt eröffnet sich uns eine ganze Welt der gemeinsamen Erfahrungen.
    Sofia setzt sich auf und schnieft. »Oh Gott! Ich muss ja aussehen wie ein Pandabär. Ich gehe und mache mich ein bisschen frisch, okay? Dann hole ich dir noch ein Bier. Ein kaltes.«
    »Okay«, sage ich, aber ich wäre lieber die ganze Nacht so sitzen geblieben, mit oder ohne taubem Arm.
    Ich sehe Sofia hinterher, wie sie ins Schlafzimmer tapst, und mir schießt der Gedanke durch den Kopf, dass sie geistig klar viel trauriger wirkt als irre.
    Das kann ich ändern. Gebt mir nur einen Monat. Gebt mir um Himmels willen nur heute Nacht.
    Ich habe gerade den DVD -Player

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