Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Wäsche. Mir fällt auf, dass es im Fahrstuhl zwei Knöpfe zum Schließen der Türen gibt, aber keinen, um sie offen zu halten, was ich seltsam finde. Vielleicht haben es reiche Leute grundsätzlich eilig. Ein Gesichtspeeling braucht schließlich seine Zeit.
Stimmt schon, aber ich denke, vielleicht wär’s das gar nicht wert.
Das ist das Netteste, das Ronnie je zu mir gesagt hat.
Der Fahrstuhl klingelt, weil ich in der Tiefgarage angekommen bin, und ich klemme eine alte Mitgliedskarte meiner Videothek in die Führungsschiene, so dass sich die Tür nicht schließen kann.
Ich weiß, das ist pubertär, aber ich muss mein trauriges Herz mit Schabernack trösten.
Mom und Evelyn.
Beide tot.
Was mich angeht.
Das Gute ist, dass ich einen Cadillac randvoll mit Kohle habe, für die Freckles keine Verwendung mehr hat, dort wo er parkt.
KAPITEL NEUN
Der Caddy steht noch genau dort, wo ich ihn abgestellt habe, der Schlüssel steckt fünf Zentimeter tief im Auspuff. Ich weiß nicht, warum ich ihn da versteckt habe, vielleicht hat mein Unterbewusstes Edit schneller durchschaut als ich selbst. Ich fische den Schlüssel heraus und bleibe erst mal eine Weile im Wagen sitzen, versinke im Leder. Diese eleganten Sitze sind schon verdammt bequem, und ich lasse mir eine Minute Zeit, um es zu genießen, auch wenn dies der gestohlene Wagen eines Mannes ist, den ich gerade in zwei Hälfen zerteilt unter Wasser treiben sah. Ich habe einiges zu tun, das weiß ich, aber inzwischen müssen einige Nachrichten Mike in irgendeiner Form erreicht haben. Er muss wissen, dass sein kleines Komplott im Masterpiece genau so funktioniert hat, wie er gehofft hatte. Also lasse ich ihn noch ein kleines bisschen länger in Selbstgefälligkeit schwelgen und streichele hier über das weiche Ziegenleder.
Das Leder ist so weich, dass ich weinen möchte. Aber warum mussten sie es bloß nähen, mit Nadeln reinstechen? Wie kommt jemand auf eine solche Idee? So viele schmerzhafte Stiche.
Mist. Ich glaube, ich kriege wieder einen Nervenzusammenbruch.
Soldaten glauben, sie müssten rund um die Uhr knallhart sein. Wir verdünnen also das Gift in unserer Brust, schmieden eine gemeine Kanonenkugel, die wir zu einem späteren Zeitpunkt abschießen, wahrscheinlich auf Leute, die’s nicht verdient haben, in einem überfüllten Restaurant kurz vor unserer Scheidung. Seit den Sopranos hat sich das ein bisschen gebessert. Die Therapiesitzungen haben Tony wirklich geholfen, besonders in der zweiten Staffel. Und wenn so was für einen Mafiaboss gut genug ist, dann kann man gewiss auch keinem gewöhnlichen Soldaten Schwäche vorwerfen, wenn er ein paar Termine beim Therapeuten vereinbart.
Simon Moriarty war mein Retter. Wäre er nicht gewesen, glaube ich kaum, dass ich die ersten sechs Monate meines Lebens als Zivilist durchgestanden hätte. Ich habe ihn jetzt schon seit über sechs Monaten nicht mehr angerufen, aber ich glaube, jetzt wird es Zeit.
Ich verbinde mein Handy mit dem System des Caddys und wähle die Nummer in Irland. Das internationale doppelte brrrp klingt tröstlich und auch ein bisschen nostalgisch, weshalb ich fast wegdöse, während ich warte, dass Simon abnimmt.
Ich befinde mich schon halbwegs in einem Traum, in dem ich einen alten Schulfreund anrufe, in der Hoffnung, dass seine Mom drangeht, als mich plötzlich jemand anbrüllt.
»Hm?«, sage ich. »Was?«
»Daniel«, sagt eine vertraute Stimme. »Sergeant McEvoy.«
Verflucht. Das ist Simon Moriartys Stimme. »Hey, Simon. Was gibt’s?«
»Nein«, sagt er. »Das ist mein Text. Du hast mich angerufen, schon vergessen?«
Therapeuten kann man nichts vormachen.
»Ja, theoretisch hast du recht. Ich hab dich angerufen.«
Simon reagiert nicht auf diese verbale Form der Zeitverschwendung. Er wartet einfach ab. Das konnte er schon immer. Ich kann’s nicht leiden, wenn in einem Gespräch ein Vakuum entsteht, deshalb ballere ich meist irgendeinen Blödsinn raus. Aber diesmal nicht. Schließlich bin ich kein Anfänger auf der Psychocouch.
Fick dich, ich kann länger warten als du, Simon.
Simon legt auf.
Scheiße. Er hat mich ausgetrickst.
Ich wähle noch mal.
»Wer ist da?«, fragt Simon, weshalb ich mich wie ein Kindergartenkind fühle.
»Simon, bitte. Für so was hab ich keine Zeit.«
Ich höre das Klappern/Zischen eines brennenden Zippos, dann ausgedehntes Knistern, während Simon eine Zigarre anzündet. Es folgt ein entsetzlicher Hustenanfall, als Simon versucht, einen halben Liter
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