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Hinterland

Hinterland

Titel: Hinterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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doch dann sagte sie: Ich mache Urlaub mit einem Mann, über den ich nichts weiß. Das gefällt mir
     nicht. Wir fangen von vorn an. Wir tun so, als hätte uns eine Heiratsvermittlungsagentur zusammengeführt. Du erzählst mir,
     wer du bist. Im Gegenzug überlege ich, ob es mir wirklich nicht gefällt, daß du meine Beine anstarrst … Und Robert, der nicht
     Robert hieß, sondern … Frerk, begann zu erzählen. Bin Urberliner, sagte er, zu Mauerzeiten hab ich mal eine Arbeit angenommen,
     mal hab ich mich durch den Tag geschnorrt. Damals waren die Wirte und Kellner nicht so. Mein Vater ist Beklopptendoktor, meine
     Mutter war Schwester, hat sich lange geziert, bis er sie herumgekriegt hat. Mir ging’s als Kind gut, dann zog ich aus, dann
     fand ich schnell Unterkunft bei Freunden, die keine Kiffer waren, aber mit Kiffern zusammengewohnt haben. Übernahm das Putzen,
     konnte deshalb mietfrei wohnen. Hab nicht gekifft. Arbeit gab’s zuhauf, war lange Zeit Gerüstbauer. Meine Eltern hatten Angst,
     daß ich Omas Silberlöffel klau’ und verscherbele. Brach den Kontakt ab. Nach dem Mauerfall, ein Jahr danach, war’s vorbei
     mit dem Lotterleben. Bekam schon Arbeit, ging aber nicht mehr so leicht. Nach Sonnenuntergang waren fast nur die krummen Brüder
     unterwegs. Auf den Straßen, meine ich. Fing an zu saufen. Kneipenschlägerei. Sprach sich rum, bekam Lokalverbot. Hörte mit
     dem Saufen auf. WurdeEinbrecher, ein Freund eines Freundes hat’s vermittelt. Sei mir nicht böse, wenn ich keine Namen nenne. Du hast mir gezeigt,
     daß … mir, nun ja, das Talent zum Einbrecher fehlt. Das war’s im Großen und Ganzen … Ein halbes Leben gut zusammengefaßt,
     dachte Cora, der Mut, etwas mehr als das Allerwenigste preiszugeben, mußte belohnt werden, also atmete sie laut ein, und weil
     sie sich für keine gute Küsserin hielt, weil sie nur mit spitzem Mund einen Männermund zu küssen wagte, gab sie es auf und
     blieb sitzen. Ein versäumter Kuß. Er hätte eine große Kraft aufbieten müssen, einen ersten Schritt zu tun, doch Liebende waren
     sie nicht, einen Weg dahin sahen sie beide nicht zu dieser Stunde, da sie viele Becher Tote Tante getrunken und vergeblich
     auf Schwips und Schwindel gewartet hatten, es galt auch nicht, eine Müdigkeit zu vertreiben, die der kurzen Betrunkenheit
     folgte. Liebende küßten sich hastig und heftig im Anfang. Sie aber waren Amateure. Scheu in der Nacht.

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    Jung Rörde hatte kalte Hände beim Abschied von Marret, seinem Weib, und Marret kam die Ahnung: Den seh ich nie wieder, der
     wird von mir gerissen. Irren tat sie sich nicht. Die ging herum im ersten Jahr in schwarzer Tracht. Sagte: Tod und Teufel
     und’s Gesetz könn nicht schaden, der Kranz verblüht nicht. Verdorrte aber bald, weil, man sieht de Grabplatten von Reifern,
     Müllern und Ratleuten, nur keinen Kranz. Witwe Marret blieb eisern bei, Jung Rörde nahm mich zur Frau, da war ich Jungfrau,
     nach ihm leb ich bis zum Ausvorbei weiter als Jungfrau. Hat sie uns Männern verklärt, damit wir klarsehen. Töffel Tade will
     ihr Herz knacken, als wär’s eine gestutzte Klaffmuschel, und den herzlich gemeinten Rat, sich da man nicht als Rind unter
     Witwe Marrets Rinder zu mischen, hält er für ein Putschversuch. Der olle Angeber, kann Putsch undPunsch nicht auseinanderhalten. Schlug wohl nach im Wörterbuch. Lang hat er geforscht, lang hat er den Kopp massiert, um
     sein Überschuß zu finden: Überschuß an Kraft, Überschuß an Klugheit, als könnt mans aus Schnee lecken. Stanken mir übel in
     die Nase, seine weisen Worte. Ich sag: Tade, die Witwe heißt nicht umsonst Witwe, die ist vor Augen süß, zu Rücken bitter,
     laß das Lieben. Und Tade sagt: Ich spring über ihrn Zaun, Mut ist der beste Harnisch. Als wär sie eine bunte Kuh, so lobt
     er ihr Gesicht, so lobt er sie, daß wir alle glauben solln, es ist Jahrmarkt. Und Rickmer, der noch denkt, wir Friesen warn
     die Besten der Welt, zur Zeit, da wir Wale harpunierten, der kann Tades Kindsgesänge nicht mehr hörn, der sagt: Ihr wißt nicht,
     was der Teufel uns schickt, was wir eingelöffelt habn, das solln wir jetzt ausscheffeln. Tade geht weg, Rickmer geht weg,
     ich sitz allein vorm Huus und spiel mit de Falte in meiner Schlumperhose. Zähl eins und eins zusammen, Witwe Marrets Lakenbrand.
     Bröders Warnen vor dem, das als überwunden galt. Rickmers Furcht, daß de Groote Richter dem Düwel freie Hand gewährn tut.
     Zu Lebzeiten lassn de

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