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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sollte, dass er sich übergab und den letzten Rest seiner Würde verlor. Er entsann sich genau, wie Guy de Laigle Alan die Faust in den Magen gerammt hatte, und Alan hatte nicht einmal schwer geatmet. Wie war das möglich?, fragte sich Simon. Wie hat er das nur gemacht? Er selbst hatte das Gefühl zu ersticken. Aber seltsamerweise half ihm die Erinnerung, seine Panik niederzuringen, und siehe da, mit der kopflosen Furcht verebbte auch die Übelkeit allmählich. Er blieb noch ein paar Augenblicke lang reglos liegen, bis zumindest ein wenig Luft in seine Lungen zurückkehrte. Dann kam er auf die Füße. Nicht ganz mühelos, aber immerhin.
    »Na los, worauf wartet ihr, fesselt sie«, befahl Richard den Wachen.
    Zwei der Soldaten traten auf die Zwillinge zu. »Hände auf den Rücken«, schnauzte der eine.
    Godric und Wulfric sahen ihn ungläubig an. »Wie stellst du dir das vor?«, erkundigte Godric sich höflich. »So etwa?«
    Wieder hoben sie die Arme in exakt demselben Moment. Godric führte den linken über die rechte Schulter, Wulfric den rechten über die linke, und die Arme an der freien Seite führten sie auf den Rücken. Die Männer, die sie mit der Waffe an der Kehle bedrohten, mussten unweigerlich einen Schritt zurücktreten.
    »Tut mir leid«, ächzte Wulfric. »Die Hände gehen so einfach nicht zusammen.« Sie drehten sich halb um, um Richard de Clare das Problem zu veranschaulichen. »Seht Ihr?«
    Einer der Wachsoldaten biss sich auf die Lippen und wandte hastig den Kopf ab, damit der Offizier sein Grinsen nicht sah. Simon warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. Angelsachse, vermutete er, ein paar Jahre älter als der Rest. Der Mann stand näher an der Tür als die übrigen. Als spüre er Simons Blick, sah er kurz in dessen Richtung. Es war nur ein Moment, aber Simon entdeckte Schalk in den Augen, keine Häme.
    »Schluss mit dem Unsinn«, knurrte Richard de Clare. »Dann legt die Hände eben vorne zusammen! Und zwar ein bisschen plötzlich.«
    Die Zwillinge führten die Hände vor den Bauch und kreuzten die Arme auf der zusammengewachsenen Seite, sodass mit einem Mal vor dem einen Schritt zwei linke Hände lagen, vor dem anderen zwei rechte.
    Die Wachen mit den Stricken traten wieder näher, stutzten dann aber und verharrten unsicher. »Was zum Henker …«, murmelte der eine.
    »Ist es möglich, dass ich hier alles selber machen muss?«, fragte Richard schneidend, wollte einen entschlossenen Schritt auf sie zu machen, stolperte über das Bein, das Simon ihm stellte, und schlug der Länge nach hin. Simon hörte das Klirren, mit dem die Zähne seines Cousins zusammenschlugen, bückte sich blitzschnell nach seinem Schwert und hob es auf. Er stellte Richard einen Fuß auf den Rücken und setzte die Klinge seitlich an seinen Hals. »Besser, du rührst dich nicht, Cousin.«
    Richard de Clare schlug den Rat in den Wind, hob den Kopf, spuckte Blut ins Bodenstroh und sah stirnrunzelnd zu ihm hoch. »Willst du mich beleidigen und im Ernst behaupten, ich hätte Grund, mich vor dir zu fürchten? Vor dir ? Vergiss nicht, dass ich dich gesehen habe, wie du dich mit vollen Hosen am Boden windest …«
    Alle schauten wie gebannt auf ihn hinab, und die Zwillinge nutzten die Gunst des Augenblicks und packten die beiden Wachen, die sie hatten fesseln wollen. Godric streckte einen der Männer mit einem beachtlichen Fausthieb zu Boden, Wulfric trat dem anderen die Füße weg und riss ihm die Waffe aus der Hand, während er fiel. Dann machten sie einen Satz nach vorn, ehe die zwei, die hinter ihnen gestanden hatten, ihrer wieder habhaft werden konnten, schlugen einen perfekt synchronen Purzelbaum, kamen vor Richard de Clare auf den Knien aus, und Godric sagte lächelnd: »Wir werden ja sehen, wer sich hier heute die Hosen vollmacht, du Sausack.«
    Während Wulfric Richard mit der erbeuteten Klinge in Schach hielt, sprang Simon auf die Füße, hob die Waffe und sah die vier Männer, die noch standen, herausfordernd an. »Liegt euch an ihm? Dann schlage ich vor, ihr tut genau, was ich sage.«
    Wobei er in Wahrheit keine Ahnung hatte, was er ihnen befehlen sollte. »Bringt uns auf der Stelle zu König Stephen« schien wenig ratsam: Ein zusammengewachsenes, angelsächsisches Zwillingspaar, das gerade ein wenig zerzaust und obendrein gefährlich aussah und den Offizier der Wache mit einem gestohlenen Schwert bedrohte, und er selbst mit gezückter Klinge und grimmiger Miene? Simon hatte wenig Hoffnung, dass der König ihn unter

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