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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Name?«
    »Oswin.«
    »Du hast mein Wort, Oswin, sei unbesorgt.« Simon nahm Schwert und Dolch ab und reichte sie ihm – weil es sich gehörte ebenso wie um Oswin zu beruhigen. »Ich stehe treu zu König Stephen.«
    Oswin stellte die Waffen in eine dafür vorgesehene Nische neben der Tür zur Haupthalle. »Dann dürften Ihr und ich hier so ungefähr die Einzigen sein, die das tun, Simon de Clare. Wartet hier.«

Helmsby, Mai 1147
    Henry fintierte einen Hieb von oben und führte den Stoß dann auf Alans Arm. Sein Gegner entging ihm mühelos mit einer Vierteldrehung, aber der Junge war schnell. Die französischen Ritter applaudierten und johlten.
    Die Fechtenden hatten sich in einen stillen Winkel des Burghofes zurückgezogen, denn Alan wollte kein Spektakel geben. Aber die Zuschauer hatten sich dennoch nach und nach eingefunden, erst einzeln und zu zweit, dann scharenweise. Sie bildeten einen weiträumigen Ring um die Kontrahenten, ließen ihnen reichlich Platz und kommentierten jeden Schlagabtausch mit Beifall, Buhrufen oder Ratschlägen.
    »Es wird Zeit, dass du den Bengel zurechtstutzt, Alan!«, brüllte der Steward.
    Alan gab ihm recht. Aber es war leichter gesagt als getan. Henry war so schnell wie ein Falke und schlüpfrig wie ein Aal. Er griff wieder an. Alan parierte den Hieb und lenkte ihn schleifend nach unten ab, ehe er selbst seine Waffe hob, die linke hinter die rechte Hand ans Heft legte und einen verschränkten Stoß führte. Bei jedem Schritt schlugen ihm die zertrümmerten Überreste seines Schilds in den Rücken, denn genau wie Henry hatte er ihn sich über die Schulter geworfen, nachdem der Schild nichts mehr taugte, um ungehindert kämpfen zu können. Aber der Gurt hielt noch, und allmählich wurde Alan kreuzlahm. Zeit, zum Ende zu kommen, befand er.
    Henrys nächsten Angriff parierte er nicht mit dem Schwert, sondern riss die eigene Klinge zur Seite und packte Henrys mit der behandschuhten Linken. Damit hatte der jüngere Kämpfer nicht gerechnet, und viel mehr als ein plötzlicher Ruck war nicht nötig, um ihn ins Stolpern zu bringen. Alan ließ Henrys Schwert los, glitt seitlich um ihn herum und trat ihn in die Nieren. Henry stieß einen unartikulierten Wutschrei aus und taumelte nach vorn, schlug aber nicht hin. Verdammt, was ist mit dir, Bengel, dachte Alan ungläubig, haben deine Füße Wurzeln im Boden geschlagen? Er nutzte Henrys momentanes Ringen um Gleichgewicht. Es gab ihm alle Zeit der Welt. Dieses Mal packte er sein eigenes Schwert an der Klinge, nahe der Spitze, ließ das Heft in einem eleganten Bogen abwärtsschwingen, und es erwischte den taumelnden Gegner von hinten zwischen den Beinen.
    Im letzten Moment schwächte Alan den Schlag ab, aber Henry schrie auf, während er in die Knie brach und das Schwert ihm aus den Fingern glitt. Augenblicklich nahm er sich zusammen, und der schmerzvolle Laut endete wie abgeschnitten. Dann verharrte der Besiegte reglos, stützte die Hände auf die Oberschenkel und keuchte stoßweise.
    Alan, der selber ziemlich außer Atem war, trat zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter. »Das war gut.«
    Henrys Antwort war ein Fauchen. Alan hatte noch nie gehört, wie es klang, wenn ein wütender Löwe fauchte, aber er nahm an, es war so ähnlich.
    Er ließ dem Jungen Zeit, Niederlage und Schmerz zu überwinden, steckte sein Schwert in die Scheide und wandte sich an die Zuschauer. Mit einem kleinen Lächeln sagte er: »Das war’s. Kein Grund, hier länger eure Zeit zu verschwenden.«
    Guillaume warf ihm ein ausgefranstes, nicht sonderlich sauberes Handtuch zu.
    Alan wischte sich den Schweiß vom Gesicht und tupfte das Blut von einer kleinen, oberflächlichen Wunde am Unterarm. »Danke.«
    »Du warst … unglaublich, Vetter«, bekundete der Steward mit stolzgeschwellter Brust.
    Ich glaube, ich war schon besser, dachte Alan kritisch. Ich bin aus der Übung. Aber er nickte Guillaume zu und war dankbar zu sehen, dass Henrys Ritter den Anfang machten, den anderen mit gutem Beispiel vorangingen und sich verdrückten. Die übrigen Zuschauer folgten ihnen nach und nach.
    Haimon war der Letzte, der ging.
    Als sie endlich allein waren, trat Alan wieder zu Henry, der sich immer noch nicht erkennbar gerührt hatte, und hielt ihm das Handtuch hin.
    Nach einem Moment nahm sein junger Gast es mit der Linken, ohne zu ihm aufzuschauen, fuhr sich ebenfalls übers Gesicht und seine Blessuren und hing sich das Tuch dann achtlos um den Hals.
    »Was hab ich falsch gemacht?«, fragte

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