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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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beichten?«, fragte Alan beinah flehend.
    Regys Mundwinkel zuckten, und er gluckste. »Ach herrje, das würde Jahre dauern, mein Bester.« Schlagartig wurde er wieder ernst. »Wenn du nur für eine einzige Stunde ich sein könntest, sehen, was ich sehe, fühlen, was ich fühle, denken, was ich denke, dann würdest du verstehen, dass die Hölle keinen Schrecken für mich birgt.«
    Alan nickte, zog das Schwert und legte die Linke hinter der Rechten ans Heft. »Knie dich hin.«
    Bereitwillig richtete Regy sich auf die Knie auf und griff kurz an sein Halseisen. »Ziel anständig.«
    »Natürlich.«
    Regy schloss die Augen. »Komm nicht auf die Idee, mich in geweihter Erde zu verscharren. Ich fände keine Ruhe. Außerdem bin ich exkommuniziert, genau wie du, auch das haben wir gemeinsam, nur im Gegensatz zu dir piss ich mir deswegen nicht ins …«
    Alan schlug zu und trennte eine Haaresbreite oberhalb des Halseisens den Kopf vom Rumpf. Es war eine echte Präzisionsarbeit. Der Kopf schlug mit beträchtlicher Wucht gegen die Mauer, und das Halseisen fiel klirrend ins Stroh.
    Alan kehrte dem Anblick abrupt den Rücken, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und knurrte: »Jetzt hältst du endlich mal die Klappe, Regy.«

Dritter Teil
Simon
Angers, März 1152
    »Das gefällt mir nicht«, murmelte Godric. »Er müsste längst hier sein.«
    »Er kommt«, sagte Simon zuversichtlich. »Er hat gar keine andere Wahl. Sei unbesorgt.« Er zog den bodenlangen dunklen Mantel fester um sich und lehnte sich an die verfallene Bruchsteinmauer der Klause. Der Tag war sonnig und frühlingshaft gewesen, aber die sternklare Nacht war eisig.
    »Tja, wenn du es sagst, wird es so sein«, bemerkte Wulfric.
    »Seid still und sperrt die Ohren auf«, riet Simon. »Damit wir hören, ob er tatsächlich allein ist.«
    Die Zwillinge nickten und zogen sich in den Schatten des eingesunkenen Daches zurück. Simon wandte das Gesicht zum Fluss und lauschte. Der Mond war nur eine schmale Sichel im Osten; es war sehr dunkel. Aber das machte ihm keine Sorgen. Er hatte gelernt, seinem Gehör ebenso zu vertrauen wie seinen Instinkten. Der böige, kalte Wind flüsterte in den Zweigen der Bäume. Der Fluss leckte plätschernd am Ufer, und irgendwo ganz in der Nähe war ein verstohlenes Rascheln zu vernehmen, gefolgt von leisem Fiepen: Ratten hatten die Klause erobert, seit der Eremit, der sie erbaut hatte, im vorletzten Winter gestorben war. Die Leute von Angers munkelten, er schlafe unruhig und kehre in dunklen Nächten zu seiner Bruchsteinhütte und dem winzigen Kapellchen zurück, um zu sehen, ob ein Nachfolger eingezogen sei. Darum kam niemand gern hierher.
    Auch die Zwillinge waren nicht glücklich über die Wahl des Treffpunkts, wusste Simon. Bei jedem Laut, jedem Tier, das vorbeihuschte, spürte er mehr, als er sah, wie seine beiden Freunde im Schatten sich regten, die Hand ans Heft legten.
    Simon hingegen war die Ruhe selbst. Er stand vollkommen reglos, den Kopf leicht gesenkt, und wartete. Er hatte Zeit.
    Wieder strich etwas durchs Gras, aber es war größer als eine Ratte. Simon hörte Leder knarren, und im selben Moment trug die Brise vom Fluss den Geruch nach Schweiß und unlängst verzehrten Zwiebeln zu ihm herüber.
    Lautlos stieß er sich von der Mauer ab. »Ihr kommt spät, Herbinger.«
    Ein zischendes Keuchen verriet ihm den exakten Standort des Ankömmlings. »Verflucht, de Clare … Wollt Ihr mich zu Tode erschrecken?«
    »Nicht bevor ich gehört habe, was Ihr mir zu sagen habt«, gab Simon lächelnd zurück.
    Er trat noch einen Schritt näher, stand plötzlich keine Handbreit vor dem jungen Mann, der unwillkürlich zurückwich.
    »Jesus … ist das gruselig hier. Ein unheimlicherer Ort ist Euch nicht eingefallen, nein?«
    »Hier sind wir ungestört«, gab Simon zurück. »Was Euren Interessen ebenso dient wie den meinen.«
    »Da habt Ihr verdammt recht. Ich kann nicht glauben, dass ich hier stehe und mit Euch rede. Wenn das jemals herauskommt …«
    »Schsch. Seid beruhigt. Ihr tut nichts Unrechtes, und darüber hinaus sind wir allein. Es besteht also kein Grund, warum es herauskommen sollte, es sei denn, Ihr selbst lasst es an Diskretion mangeln.«
    »Allein?«, wiederholte der Knappe und lachte humorlos. »Soll ich glauben, Ihr wäret ohne Eure beiden Schatten hier?«
    »Ihr könnt glauben, was Euch gefällt«, entgegnete Simon kühl. »Ich habe Verständnis für Eure Bedenken – innerhalb vernünftiger Grenzen –, aber Ihr seid

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