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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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kein Anfall kam, und Atemnot und Ohrendruck waren schon beinah vergessen, als er Miles’ ausgestreckte Hand packte und aus dem Wasser stieg.
    »Allmächtiger. Du bist gekommen, Simon.« Miles stemmte die Hände in die Seiten und betrachtete ihn kopfschüttelnd.
    Simon setzte sich auf den Boden und löste das Seil, das an seinen Gürtel geknotet gewesen war. »Ich bin gekommen. Und wenn alles gut geht, können wir noch vor Sonnenaufgang mit etwas Besserem als Wasser darauf anstoßen. Los, komm, lass uns keine Zeit vergeuden.«
    Der Ritter nickte und wies auf die Konstruktion, die er vorbereitet hatte: Einen Schritt jenseits der Falltür lag ein hölzerner Pfahl waagerecht in zwei stabilen Eisenringen, die in die Deckel zweier wassergefüllter Fässer geschraubt worden waren: die Achse, von der Simon gesprochen hatte.
    »Du hast also daran geglaubt, dass ich wiederkomme«, stellte dieser befriedigt fest.
    »Ich habe zumindest daran geglaubt, dass du es versuchst. Und dann habe ich festgestellt, dass es unmöglich ist, nicht zu hoffen, selbst wenn der Anlass zur Hoffnung nur ein winziger Funken ist. Ich schätze, so ist die menschliche Natur. Also habe ich das hier gebaut.« Er zog den Holzpfahl aus einem der Ringe, wartete, bis Simon seine Seilschlinge darum gelegt hatte, und steckte ihn wieder in seine Halterung.
    Simon packte das Seil mit beiden Händen, atmete tief durch und nickte seinem Gefährten zu. »Alsdann. Lass uns herausfinden, ob es funktioniert.«
    Es funktionierte tadellos. Hand über Hand zog Simon an dem Seil, langsam und stetig, damit die Ladung sich nicht verkanten und stecken bleiben konnte, und die ganze Zeit betete er. Nach nur drei Paternoster erschien ein lederner Sack in der Falltür.
    Miles Beaumont watete durch das inzwischen knöchelhohe Wasser darauf zu, löste den Sack von dem dicken Eisenhaken, den Godric kunstvoll an das Seil geknotet hatte, und hob ihn hoch. »Schwer«, murmelte er vor sich hin. »Gepriesen sei der Herr.« Er schulterte den Sack und brachte ihn zur Treppe. »Was ist da drin?«
    Simon hob grinsend die Schultern. »Wein für die Männer, Weißbrot für die Damen, ein Topf Honig für die Kinder. Sag es nicht, ich weiß, das war unvernünftig. Aber ich dachte, nach so viel Düsternis und Not könnte eine kleine, unvernünftige Freude euch allen nur guttun.«
    Miles Beaumont stellte den Sack behutsam auf die erste trockene Treppenstufe, kam zu Simon zurück, schloss ihn in die Arme und tat nichts, um seine Tränen zu verbergen.
    Es dauerte zwei Stunden, bis die eineinhalb Dutzend Säcke der ersten Ladung im Keller des Vorratshauses angekommen waren. Inzwischen war es voll im Keller geworden, denn Miles hatte zehn Männer geholt, die eine Eimerkette bildeten und das einströmende Wasser herausschafften. Als Simon den Haken zum letzten Mal aus dem Wasser zog, hing nur ein Stofffetzen mit einem eingestickten Kreuz daran.
    »Was bedeutet das?«, fragte einer der jungen Ritter – offenbar enttäuscht, dass kein weiterer Sack gekommen war.
    Simon legte den Haken mit dem Lumpen auf den Boden und schloss die Falltür. »Es bedeutet: Alles in Ordnung, und morgen um Mitternacht geht es weiter .« Er hatte dieses Zeichen mit den Zwillingen vereinbart, damit er gewiss sein konnte, dass sie unentdeckt geblieben waren. »Nur Geduld, Leofgar«, riet er. »Es ist … nicht ganz einfach, achtzehn schwere Säcke im Dunkeln an den Wachfeuern vorbei watend durch den Fluss zu ziehen und an die Tunnelöffnung zu schaffen, ohne gehört oder bemerkt zu werden.«
    Leofgar biss sich auf die Unterlippe. »Vergebt mir, Mylord. Ich weiß, die frommen Brüder, Eure Freunde und Ihr riskiert Euer Leben für uns. Ich kann das immer noch nicht fassen.«
    Simon schüttelte den Kopf und legte ihm für einen Moment die Hand auf den Arm. »Und Ihr haltet diese Burg für Englands rechtmäßigen König und für unsere Zukunft. Somit stehe ich in Eurer Schuld, nicht umgekehrt.«
    Er schulterte den letzten Sack und trug ihn nach oben.
    Obwohl es noch drei Stunden bis Sonnenaufgang waren, schlief in der Halle niemand mehr. Es saß auch niemand auf den Bänken. Die Männer und Frauen standen zu zweit oder zu dritt beisammen, bissen von dem weichen Weißbrot ab und ließen Weinbecher herumwandern, und die Kinder hielten in jeder Hand ein dickes Stück in Honig getauchtes Brot, verschlangen es gierig, leckten sich die klebrigen Finger ab und rangelten um die Reste.
    »Schluss damit«, rief Philippa die kleinen

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