Hiobs Brüder
Männer. Packt die Satteltaschen voll mit Brot und so weiter. Dann reitet zu dieser Trebuchet dort drüben und macht sie unschädlich. Anschließend zieht ihr vors Tor und erbittet Einlass, um die Garnison zu verstärken. Richte dem Kommandanten von Wallingford meine aufrichtige Dankbarkeit für seine Treue und Standhaftigkeit aus.« Ein übermütiges Funkeln stand in seinen Augen.
Simon lächelte befreit. »Wird gemacht, Mylord«, antwortete er und wendete sein Pferd.
»Wir warten, bis sie drin sind, dann formieren wir uns und nehmen die Brücke«, hörte er Henry noch sagen, während er schon davongaloppierte.
Satteltaschen voller Brot waren Simon nicht gut genug. Gewiss war die Not der eingeschlossenen Menschen inzwischen wieder groß, und es war schwer abzuschätzen, wie lange Henry und Alan brauchen würden, die Belagerer davonzujagen. Simon wollte um jeden Preis vermeiden, dass er mit seiner Verstärkung nur die Versorgungslage innerhalb der Festung verschlimmerte. Also hieß er die Zwillinge, einen der Trosswagen mit Vorratssäcken und Fässern zu beladen und vor das Tor der belagerten Burg zu fahren, während er selbst und die fünfzig Männer, die der Earl of Leicester ihm geborgt hatte, zur Trebuchet hinüberritten.
»Was machen wir damit?«, fragte ein junger Ritter mit einem großen Feuermal auf der linken Wange. »Sollen wir sie abfackeln?«
Aber Simon schüttelte den Kopf. »Das wäre zu schade. Wer weiß, ob wir sie nicht noch selbst gebrauchen können. Kappt die Seilzüge. Alle. Es dürfte ein paar Tage dauern, sie wieder flottzumachen.«
Vier Soldaten zückten lange Messer, traten auf die große Belagerungsmaschine zu und durchschnitten die dicken Taue, die die Winde des Laufrads mit dem Wurfarm verbanden. Dann führte Simon seine Männer vor das Tor von Wallingford Castle.
Godric und Wulfric waren bereits mit dem Karren dort eingetroffen und stritten mit einem Ritter, der oben auf der Brustwehr des Torhauses stand und sie offenbar nicht einlassen wollte.
»Was für ein mieser Trick«, schimpfte er wütend. »Glaubt ihr, der Hunger hat uns so weich in der Birne gemacht, dass wir uns von einem Karren voller Fässer verführen lassen, Stephens Horden hier reinzulassen? Das hätten wir wirklich leichter haben können …«
Simon musste einen Moment überlegen, wie der Mann hieß. Dann ritt er eine Länge vor. »Leofgar!«, rief er zur Brustwehr hinauf. »Erkennt Ihr mich?«
Blinzelnd starrte der Wächter auf ihn hinab. »Simon de Clare?«, fragte er dann ungläubig. »Wieso seid Ihr nicht tot?«
Simon zeigte mit dem Finger auf die Zwillinge. »Man sagt ihnen nach, sie bringen Glück. Es stimmt. Wir hatten in diesem Fall zwar nur Glück im Unglück, aber immerhin.«
Leofgars Miene blieb unbewegt. Er war zu weit weg, als dass Simon hätte erkennen können, ob sich ein Funke Hoffnung in seinen Blick geschlichen hatte.
»Wirklich?«, fragte der englische Ritter voller Skepsis. »Oder bedient sich Stephen jetzt teuflischer Mächte und schickt uns einen Widergänger? Oder einen Zauberer in Eurer Gestalt?«
Simon seufzte verstohlen. Er konnte den Argwohn des Mannes verstehen, sein Unvermögen, zu glauben, dass nach fast zwei Jahren Belagerung an einem schwülen Juliabend aus heiterem Himmel Verstärkung vors Tor ziehen sollte. Aber sie mussten schnell zu einer Lösung kommen, denn es war keine gute Idee, länger als nötig vor dem Tor einer belagerten Burg zu stehen. Hier konnte jeden Moment die Hölle losbrechen.
»Ich bin es wirklich, Leofgar«, versicherte Simon geduldig. »Wie wär’s, wenn Ihr Miles Beaumont oder Lady Philippa herholt?«
»Lady Philippa?«, wiederholte Leofgar und schlug wütend mit der Faust gegen die Palisaden. »Das dürfte schwerlich möglich sein, Mylord.« Und damit verschwand er.
»Was soll das heißen?«, brüllte Simon hinauf. »Leofgar … was ist mit ihr?«
Er bekam keine Antwort. Furcht legte sich auf sein Herz wie der Schatten einer bösen Vorahnung, aber er wusste, er musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren. »Formiert euch zu einem Halbkreis«, wies er die Männer an. »Hintere Reihe Gesicht nach außen. Wenn das hier noch länger dauert, müssen wir damit rechnen, dass sie uns aus Crowmarsh dort drüben ein paar Schlächter auf den Hals hetzen, ehe Henry sie angreifen kann. Also haltet die Augen offen.«
Aber die gespenstische Ruhe auf der anderen Seite des Flusses hielt an, und es dauerte nicht lange, bis Leofgar in Begleitung eines anderen Mannes
Weitere Kostenlose Bücher