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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Henry und Alan schlugen sich unverändert erbittert, aber nicht mehr mit demselben Elan wie zu Anfang, schien es Simon. Sie waren eine Spur langsamer geworden.
    Er betrachtete sie einen Moment, nahm Godric dann den ersten Eimer ab und schüttete ihn Henry ins Gesicht. Gleichzeitig entleerte Wulfric den zweiten Eimer über Alan, der gerade auf seinen Gegner zuhielt, den Kopf in Rammstellung gesenkt. Genau wie Henry zuckte er unter dem eisigen Guss zurück und hielt einen Moment inne, um sich mit dem Ärmel übers Gesicht zu wischen.
    »Würdet ihr euch einmal umschauen?«, herrschte Simon sie an.
    Alan und Henry tauschten einen etwas verstohlenen, verwirrten Blick, ehe sie sich aufrichteten und um sich blickten.
    »Teufel noch mal …«, keuchte Henry. »Mein Zelt brennt.«
    Simon bedachte ihn mit einem Kopfschütteln überstrapazierter Geduld und kehrte mit den Zwillingen zurück ins Freie.
    Nur wenige Atemzüge später folgten die beiden Kampfhähne: die Kleider zerrissen, die Gesichter blutüberströmt und geschwollen. Jeder hatte dem anderen einen Arm um die Schultern gelegt, um sich unauffällig auf ihn stützen zu können. Kaum hatten sie sich fünf Schritte vom brennenden Zelt entfernt, als die Wand mit dem Eingang lautlos nach innen kippte. Eine Wolke aus Funken wurde aufgewirbelt und hüllte sie für einen Moment ein.
    Henry und Alan hielten an, blickten über die Schulter zurück, sahen sich dann an und begannen zu lachen. Es klang atemlos und ein bisschen gepresst, weil ihnen gewiss alle Knochen wehtaten, aber sie lachten.
    Die Zuschauer begannen zu klatschen und stimmten in das Gelächter ein.
    Simon stand mit den Zwillingen ein wenig abseits. »Mir war bis heute nicht klar, von welch schlichtem Gemüt sie sind. Alle beide«, grollte er.
    »Deine vornehme Missbilligung in allen Ehren, de Clare, aber das hier war das Beste, was sie machen konnten«, gab Godric zurück. »So ähnlich wie ein Gewitter an einem schwülheißen Tag. Anschließend ist die Luft klar und erfrischt. Verstehst du?«
    »Nein.«
    »Nun, das musst du ja auch nicht«, beschied Wulfric großmütig. »Aber eins ist sicher: Der Earl of Gloucester wird nicht glücklich sein, wenn er sieht, dass Henry und Alan mit einem Mal ein Herz und eine Seele sind.«
    »Ich würde sagen, du ziehst voreilige Schlüsse, Wulfric.«
    »Wart’s ab.«
    Wulfric behielt recht. Henry und Alan hatten zu einer tiefgreifenden Verständigung gefunden − die Simon immer ein wenig rätselhaft blieb −, und wenn der junge Thronanwärter einen Rat wollte, dann war es Alan, den er fragte, und nicht Gloucester. Der war über diese unerwartete Entwicklung gekränkt, aber nicht wirklich überrascht, beobachteten Simon und die Zwillinge. Wie einst Haimon hatte auch William of Gloucester schon in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass Alan of Helmsby ein Mann war, der andere leicht in den Schatten stellte.
    Die Nachricht von Henrys Landung in England verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und natürlich dauerte es auch nicht lange, bis sie König Stephen und dessen Sohn Eustache erreichte. Umgehend führten sie eine Armee nach Malmesbury, von deren Größe man weiche Knie bekommen konnte, aber der unablässige Schneeregen hatte den Avon zu einem reißenden Strom anschwellen lassen, sodass die Royalisten ihn nicht überqueren konnten, und das unverändert scheußliche Wetter machte ihnen so zu schaffen, dass sie sich schließlich unverrichteter Dinge und ziemlich schmachvoll nach London zurückziehen mussten.
    Henrys Truppen jubelten über diesen kampflosen Sieg, und als König Stephens Abzug die Burgbesatzung von Malmesbury zur Aufgabe bewog, zweifelte kaum noch jemand daran, dass Gott Henrys Sache gewogen war.

Warwick, Juni 1153
    Das schien in der Tat der Fall zu sein: Mit Malmesbury war der Südwesten gesichert, und im Laufe des Frühjahrs absolvierte Henry einen nahezu ungehinderten Siegeszug durch die Midlands, der Anfang Juni im Fall der mächtigen Burg von Warwick gipfelte.
    »Das ist großartig«, sagte Simon mit Befriedigung. »Dann hindert uns ja nun nichts mehr, nach Wallingford zu ziehen, richtig?«
    »Simon, ich weiß, wie sehr dir Wallingford am Herzen liegt …«, begann Henry.
    »Es liegt mir am Herzen?«, unterbrach Simon mit ungewohnter Heftigkeit und sprang auf die Füße.
    Sie saßen mit Alan, Gloucester und einigen anderen Kommandanten zusammen in der zugigen Halle des Burgturms und berieten, was als Nächstes zu tun sei.
    »Was soll das heißen, es

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