Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
wieder über dem Tor erschien.
    »Simon?«
    »Miles!« Was ist mit Philippa ? , wollte er ihn fragen, aber zuerst musste er seine Männer sicher durch dieses Tor bringen. »Henry Plantagenet ist gekommen, wie ich es euch versprochen habe!«, rief er stattdessen. »Dein Vater ist bei ihm. Ich bringe euch Verstärkung. Also würdest du uns bitte reinlassen, verdammt noch mal!«
    Kaum hatte er ausgesprochen, hörten sie von der Innenseite des Tors das Schleifen von Eisen auf Holz, als Sperrbalken entfernt und Riegel zurückgezogen wurden. Dann schwangen die beiden eisenbeschlagenen Torflügel auf, und sobald die Öffnung breit genug war, schüttelte Wulfric die Zügel auf und schnalzte ermunternd. Der Karren verschwand im Torhaus.
    »Schneller«, drängte Simon und ließ den Blick nervös über die Wiesen zum Fluss hinuntergleiten. »Jetzt die ersten zehn Mann durchs Tor. Beeilt euch.«
    Mit erschreckender Plötzlichkeit ging die Brücke, die die beiden feindlichen Burgen verband und seit Beginn der Belagerung in der Hand der Royalisten war, in Flammen auf. Simon stieß hörbar die Luft durch die Nase aus. »Das wurde auch langsam Zeit, Henry«, murmelte er, schickte die restlichen Männer durchs Tor und folgte als Letzter.
    Während Leofgar und ein weiterer Wächter das Tor wieder verriegelten, schloss Miles Beaumont Simon in die Arme. »Ich hatte kaum Hoffnung, dich je wiederzusehen«, gestand er.
    Die Wärme und Bewunderung in seinem Blick trieben Simon das Blut in die Wangen. Er kam sich immer wie ein Hochstapler und Betrüger vor, wenn jemand ihm Bewunderung zollte. »Wie steht es um Wallingford?«, fragte er, während er Miles durch den Burghof zur Zugbrücke und die Motte hinauf folgte.
    »Ungefähr genauso wie bei deinem ersten Besuch«, antwortete Miles und hob ergeben die Schultern. »Sie haben versucht, den Wasserzustrom vom Fluss zu blockieren und uns auszutrocknen, aber der Fluss war stärker als alles, was sie sich haben einfallen lassen.« Sie betraten die Halle des steinernen Bergfrieds. »Nach ein paar Tagen kam das Wasser jedes Mal zurück. Deine Vorräte haben länger gehalten, als ich gedacht hätte, aber seit zehn Tagen haben wir praktisch nichts mehr zu essen. Hätten wir nicht Nachricht von Henry Plantagenets Landung im Winter bekommen, hätten wir vermutlich aufgegeben.«
    »Nachricht? Wie ist das möglich?«
    »Einer deiner Freunde aus der Abtei von Abingdon ist zu uns gekommen, Bruder Mark. Er hat es uns erzählt.«
    Simon nickte und sah sich in der dämmrigen Halle um: Dieselben Gesichter wie vor einem dreiviertel Jahr, genauso ausgemergelt wie damals. Lady Katherine hob den Kopf, als sie Miles und Simon eintreten sah, und lächelte ihnen entgegen. Sie hielt ein Kleinkind auf dem Arm. Keine der anderen Frauen war zu entdecken. Simon nahm seinen Mut zusammen. »Und … Lady Philippa?«
    Miles betrachtete ihn, seine Miene unmöglich zu deuten. »Tja, Mann, was soll ich sagen …«
    »Was immer es ist. Aber mach schnell.«
    Ehe Miles antworten konnte, drang ein Schrei aus der abgeteilten hinteren Kammer. Sofort wurde er unterdrückt und ging in ein Stöhnen über, aber Simon hatte die Stimme erkannt. Er wirbelte herum und machte einen Schritt Richtung Tür. Miles erwischte ihn am Ellbogen und hielt ihn zurück. »Stör sie nicht.«
    »Aber … aber was ist mit ihr?«
    Der junge Beaumont lachte in sich hinein. »Das weißt du nicht? Du wirst Vater, du Hornochse.«
    »Ich … was?«
    »Hm. So hört sich das in der Regel nun mal an. Kein Grund, so bleich zu werden, de Clare. Sie macht das schon.«
    Ganz plötzlich gaben Simons Knie nach, und er sackte auf die Bank an der Tafel nieder. »Ein Kind …« So viele unterschiedliche Empfindungen stürzten auf ihn ein, dass er gar nicht wusste, wie er sie handhaben sollte. Ein schlechtes Gewissen, Scham, Furcht, Freude – es fühlte sich an, als wäre sein Herz in einen Mahlstrom geraten.
    Miles setzte sich neben ihn. »Besser, du bist auf eine Enttäuschung gefasst. Lady Philippa hat viel zu wenig zu essen bekommen über den Winter. Darum …« Er wechselte einen verstohlenen Blick mit seiner Frau.
    Lady Katherine erhob sich und reichte ihrem Mann das kleine Bündel. »Ich werde gehen und ihr sagen, dass Ihr zurück seid, Mylord. Das wird ihr Mut machen.«
    Simon nickte dankbar, und Katherine trat zur Hinterkammer.
    Liebevoll, mit beinah komisch wirkender Vorsicht hatte Miles Beaumont sein Kind in Empfang genommen und legte es fachmännisch in die linke

Weitere Kostenlose Bücher