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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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von alldem hier passiert.« Sie hob das Kind hoch und fuhr mit den Lippen über die runzlige kleine Wange. »Willkommen in der verrückten Welt, Maud of Wallingford.«
    Maud riss die Augen auf, kniff sie gleich wieder zu und fing an zu brüllen.
    An diesem Abend gab es in der Halle von Wallingford Castle ein Fest, und Simon, Godric und Wulfric feierten ein frohes Wiedersehen mit Bruder Mark.
    »Ich hab’s einfach nicht ausgehalten«, bekannte der junge Mönch. »Nachdem ihr erzählt hattet, dass die Menschen hier drin ohne jeden geistlichen Beistand sind, hatte ich keine Ruhe mehr. Schließlich hat Abt Hugo mir erlaubt, herzukommen.«
    »Seid Ihr etwa durch den Tunnel getaucht?«, fragte Godric verwundert. Klosterbrüder gehörten in seiner Vorstellung nicht unbedingt zu den verwegensten Männern.
    Bruder Mark errötete und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht schwimmen. Ich bin einfach an einem Sonntag mit einem großen Kreuz in Händen vors Tor gezogen und hab gebettelt, sie mögen mich einlassen, ehe die Royalisten mich holen kommen.« Mit einem Schulterzucken fügte er hinzu: »Hat geklappt.«
    Das erforderte auch nicht weniger Mut als der Tunnel, dachte Simon. »Gott segne Euch, dass Ihr den Menschen hier Trost gebracht habt, Bruder. Und werdet Ihr morgen früh meine Tochter taufen und ihre Mutter und mich trauen?«
    »Ich bin kein Priester, Mylord«, rief der Bruder ihm in Erinnerung. »Ich darf das Kind taufen, weil im Moment niemand zur Hand ist, der geeigneter wäre. Aber mit der Heirat solltet ihr lieber warten. Es kann ja nur noch eine Frage von Tagen sein, bis das Burgtor von Wallingford sich endlich wieder öffnen kann.«
    »Ich würde sagen, das hängt davon ab, wann König Stephen kommt«, gab Simon nüchtern zurück. »Wie groß und wie stark seine Armee ist. Wer die Schlacht gewinnt.«
    Wulfric schenkte ihm nach. »Du musst mehr trinken, Simon, glaub mir. Auch beim Vaterwerden gibt es nur ein erstes Mal.«
    Simon erwiderte sein Grinsen und hob folgsam den Becher, den er mit Miles teilte.
    Der bemerkte: »Du hast schon letztes Jahr geweissagt, dass dieser Krieg sich in Wallingford entscheiden wird.«
    Simon schnitt eine kleine Grimasse. »Ein erhebendes Gefühl, recht zu behalten. Nur schade, dass ich nicht weiß, wie dieser Krieg ausgeht.«
    Sobald sie ihn ließen, kehrte er zu Philippa und Maud zurück. Beide schliefen. Er warf einen Blick aus dem schmalen Fenster auf die Wachfeuer am anderen Flussufer, wo Henrys Armee lag. Dann löschte er das Licht und legte sich neben Mutter und Kind aufs Bett. Die Nacht war heiß, und er war dankbar für die Kühle des Lakens.
    Philippa regte sich in der Dunkelheit. »Erzähl mir, wieso du noch lebst«, bat sie.
    »Morgen«, versprach er.
    »Meinetwegen.« Sie legte den Kopf auf seine Schulter. »Simon?«
    »Hm?«
    »Wird Henry Plantagenet die Schlacht gewinnen?«
    »Das weiß Gott allein. Er hat das Zeug. Er ist ein hervorragender Soldat. Aber das ist Eustache de Boulogne auch. Und wer kann sagen, wie viele Männer König Stephen aufbieten wird?«
    »Und du sorgst dich, was mit Maud geschieht, wenn Stephen und Eustache siegen und diese Burg doch noch fällt?«
    »Sollte das geschehen, wird es für uns alle finster aussehen. Aber du hast schon recht. Plötzlich die Verantwortung für so ein winziges, schutzbedürftiges Würmchen zu haben … lässt die Dinge in einem ganz anderen Licht erscheinen.«
    »Ich weiß. Das geht mir genauso. Aber ich bin trotzdem froh, dass Gott sie uns gerade jetzt geschenkt hat.«
    »Ist das wahr? Warum?«
    »Weil du mich nun heiraten musst«, murmelte sie schläfrig.
    Simon lächelte in die Dunkelheit. Es stimmte, erkannte er. Maud war gerade einmal sechs Stunden alt, aber sie hatte schon ein Wunder gewirkt. Denn die Frage, ob er heiraten durfte oder nicht, stellte sich nicht mehr. Erstaunt, beinah irritiert erkannte er, dass es Umstände gab, die entscheidender waren als die verfluchte Fallsucht. Er wandte den Kopf, um Philippa zu küssen, erwischte in der Finsternis aber nur ihr Augenlid. »Das kommt mir durchaus entgegen«, gestand er.
    Die Armee, die König Stephen und sein Kronprinz in Eilmärschen nach Wallingford führten, war nicht so groß, wie manche befürchtet hatten, denn viele Lords, die der König mit ihren Rittern und Soldaten zu den Waffen gerufen hatte, waren nicht gekommen. So brachten es auch die Royalisten auf nicht mehr als dreitausend. Vielleicht ein-, zweihundert Berittene weniger als Henry, dafür mehr

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