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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sein.«
    Simon wies unauffällig über die Schulter. »Er kann nicht mehr weiter.«
    Losian blieb stehen und wandte sich um. Oswald klammerte sich an King Edmunds Hand, hielt den Kopf gesenkt und keuchte.
    »Du hast recht«, befand Losian. Es klang verdrossen.
    »Es ist nicht so, als hätten wir es eilig, oder?«, gab Simon zurück.
    »Das ist wahr. Aber ich hätte lieber an einem geschützteren Platz gerastet.«
    Seit dem vorherigen Nachmittag führte die Straße durch die Fens, jenes scheinbar endlose, von Seen und tückischen Sümpfen durchzogene Marschland, das weite Teile von Lincolnshire und East Anglia bedeckte, und außer Schilf und einem gelegentlichen Gebüsch gab es hier nichts, das Deckung bot.
    »Du glaubst nicht im Ernst, dass de Laigle immer noch hinter uns her ist, oder?«, fragte Simon leise.
    Losian hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung.« Dann überlegte er kurz. »Nein, wahrscheinlich nicht. Sonst hätte er uns längst geschnappt.«
    King Edmund, der zugehört hatte, wies nach Norden, wo sich gar nicht weit entfernt eine hölzerne Kirche erhob. »Da. Sieht aus wie ein Kloster. Klöster haben Gästehäuser und geben armen Wanderern zu essen.«
    »Auf keinen Fall«, sagten Simon und Losian wie aus einem Munde, sahen sich verblüfft an und tauschten ein kleines Lächeln.
    »Ihr könnt nicht für alle Zeit einen Bogen um jedes Gotteshaus machen, nur weil die Brüder von St. Pancras von Gottes rechtem Weg abgekommen waren«, wandte King Edmund ärgerlich ein. »Sie sind die Ausnahme, wisst ihr.«
    »Wir gehen in kein Kloster«, erklärte Losian, und man konnte hören, dass es sein letztes Wort war.
    Simon gab ihm recht. Selbst wenn nicht alle Äbte dazu neigten, Narren und Krüppel wegzusperren, war es gewiss unklug, in Begleitung eines Mannes an ihre Pforten zu klopfen, der sich für den Heiligen Edmund hielt.
    Wulfric wies mit dem ausgestreckten Arm auf eine Ansammlung von Häusern, die ein Stück weiter südlich lag. »Da. Ein Dorf.«
    »Sagen wir, ein Weiler«, brummte Regy.
    »Ich schätze, das sind die Hörigen des Klosters«, fuhr Wulfric fort. »Was sie hier wohl machen? Ich sehe keine Felder.«
    »Oh, es gibt Felder in den Fens«, gab King Edmund zurück. »Sehr fruchtbare, fette schwarze Erde haben wir hier. Und es gibt auch wundervolle Wälder.« Besitzerstolz schwang in seiner Stimme. »Aber nicht hier, wo es so sumpfig ist. Die Menschen stechen Torf und halten ein paar Ziegen und Schafe.«
    »Man fragt sich, wer eine Straße durch dieses Sumpfland gebaut hat«, bemerkte Simon. »Wieso versinkt sie nicht einfach?«
    »Es heißt, die Römer hätten sie angelegt. Auf einem Wall«, erklärte Edmund. »Die wussten anscheinend, was sie taten.«
    »Hast du den Penny noch, Losian?«, fragte Godric plötzlich.
    »Penny?«, wiederholte Losian verständnislos.
    Die Zwillinge nickten. »Oswald hat ihn auf dem Wehrgang gefunden«, erinnerte Godric ihn. »Am Tag, als Simon kam«, fügte Wulfric hinzu.
    Losian öffnete den Beutel an seinem Gürtel und schüttete den mageren Inhalt in seine Hand: ein paar Leinenstreifen, die er aus seinem alten Obergewand gerissen hatten, falls sie einmal Verbandszeug brauchen sollten. Ein kleines Stück Seil. Und der Penny. Er hielt ihn hoch.
    »Großartig.« Wulfric strahlte. »Dafür bekommen wir von den Leuten in dem Dorf bestimmt Grütze für acht.«
    »Hast du gehört, Oswald?«, Simon knuffte dem erschöpften jungen Mann aufmunternd die Schulter. »Wir kaufen von deinem Penny etwas zu essen. Es ist nicht weit, siehst du, da hinten sind die Häuser.«
    Oswald nickte.
    Doch Entfernungen trogen in den Fens. Der Weiler lag weiter von der Straße, als sie gedacht hatten. Sie brauchten fast eine halbe Stunde, und als vielleicht noch zweihundert Yards sie von den ersten Hütten trennten, blieben die Wanderer stehen.
    »Ich kann mir nicht helfen, aber ich sehe schwarz für unsere Grütze«, bemerkte Regy.
    Vielleicht ein Dutzend reetgedeckter Hütten hatte diese kleine, entlegene Siedlung einmal ausgemacht, aber sie waren nur noch verkohlte Gerippe. Kein Anzeichen von Leben war zu entdecken und nichts zu hören bis auf den unmelodischen Ruf einer Krähe.
    Grendel winselte kurz, dann lief er ein Stück weiter. Mit einem leisen Pfiff befahl Godric ihn zurück an seine Seite, strich ihm über den grauen Kopf und murmelte: »Lass uns lieber vorsichtig sein, Kumpel.«
    Simons Herz sank. »Kehren wir um«, riet er. »Außer ein paar Toten werden wir dort nichts

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